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Tagesspiegel-Telefonaktion: ''Wie viel Unterhalt kann ich verlangen?''

Scheidung, Unterhalt, Versorgungsausgleich - die Telefone standen bei unserer jüngsten Aktion nicht still. Was die Experten des Berliner Anwaltsvereins den Lesern geraten haben, lesen Sie hier.

die Fragen der Tagesspiegel-Leser beantworteten die Anwältinnen und Anwälte Lars Ihlenfeld, Bettina Neugebauer, Martin Strieder und Jutta Wagner.

Ich zahle Unterhalt an meine Ex-Frau. Vor sieben Jahren habe ich das ursprüngliche Unterhaltsurteil ändern lassen, weil meine Ex einen neuen Partner hatte und damit die Hälfte ihres Unterhaltsanspruchs verwirkt hatte. Jetzt bin ich im Vorruhestand und verdiene weniger. Sollte ich den Unterhaltsanspruch erneut überprüfen lassen?

Ja, das sollten Sie tun. Zum einen, weil sich Ihr Einkommen verringert hat, zum anderen könnte das neue Unterhaltsrecht eine Veränderung bringen. Die Pflicht des Partners, der Unterhalt bekommt, wieder arbeiten zu gehen, wird durch das neue Recht verschärft. Denkbar ist daher, dass der Unterhaltsanspruch Ihrer Ex-Frau gemindert und/oder zeitlich befristet wird. Warten Sie aber nicht zu lange, Sie verschenken möglicherweise Geld.

Nach 30 Jahren Ehe haben wir uns vor sieben Jahren scheiden lassen. Ich zahle meiner Ex-Frau 383 Euro im Monat Unterhalt. Jetzt gehe ich in Altersteilzeit und heirate eine neue Partnerin. Kann ich den Unterhalt ändern lassen?

Wenn Sie mit der Altersteilzeit einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers zuvorgekommen sind, mindern die niedrigeren Einnahmen den Unterhaltsanspruch Ihrer Ex-Frau. Eine Bestätigung des Arbeitgebers wäre hierbei hilfreich. Wenn Sie dagegen freiwillig in Altersteilzeit gehen, gelten die alten Einkommensbeträge für die Unterhaltsberechnung weiter. Die neue Ehe spielt dagegen keine Rolle für den Unterhalt Ihrer ersten Frau, weil die neue Ehe kinderlos ist.

Ich bin seit drei Jahren geschieden, mein siebenjähriges Kind lebt bei meiner früheren Frau. Ich zahle 400 Euro an sie im Monat Unterhalt, meine Ex-Frau arbeitet halbtags. Jetzt habe ich eine neue Lebenspartnerin und mit ihr zusammen zwei kleine Kinder von einem und vier Jahren. Auch meine neue Partnerin arbeitet halbtags. Kann ich den Unterhalt für meine erste Frau kürzen lassen?

Ja. Nach dem neuen Unterhaltsrecht hat auch Ihre neue Lebenspartnerin wegen der Kinder gleichberechtigt neben Ihrer ersten Frau Anspruch auf Unterhalt. Hinzu kommt, dass Ihre geschiedene Frau nach dem neuen Recht grundsätzlich früher wieder Vollzeit arbeiten gehen müsste, wenn dies mit der Betreuungssituation ihrer Tochter vereinbar ist. Bereits ab dem dritten Lebensjahr des Kindes muss sich der geschiedene Ex-Partner, der das Kind betreut, um eine Erwerbstätigkeit bemühen. Dies war nach altem Recht noch anders. Danach traf eine solche Verpflichtung nur unverheiratete Elternteile. Da Sie nunmehr aber drei Kindern Unterhalt schulden und diese Verpflichtungen dem Unterhaltsanspruch ihrer geschiedenen Frau und der Lebenspartnerin vorgehen, kann dies schon allein dazu führen, dass Sie Ihrer Ex-Frau keinen Unterhalt mehr schulden.

Ich habe eine Rente von 1200 Euro im Monat, seit meiner Scheidung zahle ich 800 Euro Unterhalt an meine Frau. Jetzt möchte ich ins Seniorenheim umziehen und brauche Geld. Was kann ich tun?

Sie sollten dringend den Unterhaltstitel ändern lassen. Sie zahlen nämlich seit Jahren zu viel Unterhalt. Sie haben einen Selbstbehalt von 1000 Euro im Monat, so viel muss Ihnen mindestens von der Rente bleiben.

Ich möchte mich von meinem Mann scheiden lassen und würde gern weiter in unserer Eigentumswohnung wohnen. Muss ich mir das auf den Unterhalt anrechnen lassen?

Ja, die ersparte Miete gilt als Wohnwertvorteil und wird auf den Unterhaltsanspruch angerechnet.

Ich bin von meinem Mann geschieden. Unsere Kinder (17) und (26) sind bei mir groß geworden. Ich war damals selbstständig, habe einen Unterhaltsverzicht im Scheidungsvertrag erklärt. Jetzt musste ich Insolvenz anmelden. Habe ich nun Anspruch auf Unterhaltszahlungen oder ist die Sache gelaufen?

Da Sie damals einen Unterhaltsverzicht vertraglich festgehalten haben, besteht kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Der Unterhaltsverzicht dürfte auch wirksam sein, da Sie damals sehr viel mehr als Ihr Ehemann verdient haben. Ob eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse erfolgen muss, ist eher unwahrscheinlich. Der mögliche Unterhaltsanspruch wegen Betreuung Ihrer 17-jährigen Tochter besteht allenfalls längstens bis zum 18. Lebensjahr. Auf dann nachfolgenden Aufstockungsunterhalt kann in der Regel immer verzichtet werden.

Nach 13 Jahren Ehe ist unsere kinderlose Ehe geschieden worden. Mein Mann verdient sehr gut. Welche Ansprüche stehen mir zu?

Das Unterhaltsrecht sieht ausdrückliche Begrenzungsregelungen für alle Unterhaltstatbestände vor. Die Ansprüche können sowohl der Höhe als auch der Dauer nach befristet werden. Hier fragt das neue Recht jetzt: Was würden Sie verdienen, wenn Sie, ohne verheiratet zu sein, normal weitergearbeitet hätten? Auf diesen Wert wird der Unterhalt nach einer Übergangszeit herabgesetzt. Bei einer Ehedauer von 13 Jahren wird zudem der Unterhalt nach einiger Zeit ganz wegfallen. Eine Lebensstandardgarantie besteht für solche Unterhaltsansprüche nicht mehr. Wenn Sie allerdings ein Urteil erstritten haben, in dem der Unterhalt berechnet worden ist, muss geprüft werden, ob dieses Urteil zugunsten Ihres geschiedenen Mannes tatsächlich abgeändert werden kann, da auch schon nach alter Rechtslage für den Aufstockungsunterhalt eine Herabsetzung und Befristung infrage kam.

Mein Ex-Mann ist Rentner und hat eine Betriebsrente. Werde ich beim Einstieg ins Rentenalter an der Betriebsrente beteiligt?

Wenn die Betriebsrente im Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt werden konnte, müssen Sie, wenn Sie selbst das Rentenalter erreicht haben, einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich beim Familiengericht beantragen, um an der Betriebsrente Ihres Mannes beteiligt zu werden. Sie müssen also noch einmal aktiv werden.

Meine Frau und ich lassen uns gerade scheiden. Sie hat vor der Ehe ein Haus geerbt und eine weitere Immobilie während unserer Ehe. Wie funktioniert der Zugewinnausgleich?

Diejenigen Werte, die ein Ehegatte erbt oder durch Schenkung erwirbt oder in die Ehe einbringt, unterliegen nicht dem Zugewinnausgleich. Lediglich Wertsteigerungen, also hier der Grundstücke, werden in den Zugewinn eingerechnet. Ein Beispiel: War die Immobilie anfangs 300 000 Euro wert, hat heute aber einen Marktwert von 500 000 Euro, wird der Wertzuwachs, sprich 200 000 Euro, in den Zugewinn eingestellt.

Ich habe einen Unterhaltsanspruch mit Hilfe eines notariellen Vertrags gegen meinen Mann durchgesetzt. Wir waren 30 Jahre verheiratet. Kann dieser Anspruch in der Zeit und in der Höhe begrenzt werden?

Der Höhe nach kann der Betrag begrenzt werden, zum Beispiel, wenn Ihr Mann in das Rentenalter eintritt und dadurch weniger Einkommen hat. Eine zeitliche Begrenzung ist eher unwahrscheinlich, da Sie bereits 30 Jahre verheiratet waren und es unbillig wäre, den Unterhalt insgesamt wegfallen zu lassen. Hierbei kommt es aber darauf an, welche Renteneinkünfte Sie selbst haben. Die Ansprüche aus dem Versorgungsausgleich sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Ich bin vor der letzten Reform des Unterhaltsrechts, 1976, geschieden worden und zahle seitdem für meine damalige Frau Unterhalt. Ist das neue Recht auch auf meinen Unterhalt anzuwenden und kann ich nach 31 Jahren endlich aufhören zu zahlen?

Nein. Das neue Unterhaltsrecht gilt nicht für den Unterhalt von Ehegatten, die nach dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden Recht geschieden worden sind.

Ich habe drei Kinder und frage mich, ob es besser für mich wäre, den Scheidungsantrag schon jetzt oder erst mit Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts zu stellen?

Das spielt bei Ihnen keine Rolle, denn der Trennungsunterhalt wird in dem neuen Recht nicht anders geregelt als zuvor. Der nacheheliche Unterhalt entsteht erst mit Rechtskraft der Scheidung, so dass dann das neue Recht ohne Weiteres Anwendung findet. Für den Kindesunterhalt ist der Zeitpunkt Ihres Scheidungsantrags auch nicht relevant.

Fragen und Antworten wurden zusammengestellt von Heike Jahberg und Thomas Reckermann

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