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Unter falschem Namen: Wie Sie bei Lebensmitteln sparen können

Waren von Markenherstellern gibt es auch beim Discounter – gut getarnt.

Außen sind sie dunkel schokoladig, innen schaumig weiß und süß. Die „Scholetta Mini Schokoküsse“ bei Aldi sehen aus wie die berühmten „Super Dickmann’s“ – im mundgerechten Miniaturformat. Das ist kein Wunder. Denn die großen Schokoküsse haben wie die kleine Discount-Version denselben Hersteller, die Süßwarenfirma Storck. Zu erkennen ist dies allerdings nicht. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Immerhin heißt die Süßigkeit „Scholetta“, und der Nachweis auf der kleinen, rechteckigen Schachtel nennt die Wiha GmbH als Hersteller. Dass sich dahinter ein Tochterunternehmen der Storck-Gruppe verbirgt, weiß der Käufer nicht.

Ein Produkt wie die Minischokoküsse wird von einem bekannten Markenhersteller eigens für billigere Discounter und Supermarktketten produziert – allerdings unter anderem Namen. Den Produktnamen, etwa „Scholetta“, vergibt der Discounter selbst. Die Süßigkeit wird so zu einer „Eigenmarke des Handels“ oder, kürzer, einer Handelsmarke.

Die „Scholetta“-Schokoküsse sind kein Einzelfall. Viele deutsche Markenhersteller verstecken sich hinter den Handelsmarken von Discountern und sichern sich so zusätzliche Absatzmärkte. Nur wenige Unternehmen sprechen offen über diese Geschäftstaktik – viele möchten einzig mit ihren Markenartikeln identifiziert werden, Handelsmarken sind tabu. Zumal sie beim Discounter oft bei weitem billiger sind als die entsprechenden Markenartikel in „normalen“ Supermärkten.

Wer glaubt, zwischen billiger Discountware und teurerem Markenartikel sei – abgesehen vom Namen – gar kein Unterschied, liegt falsch. Oft unterscheiden sich etwa die Produktrezepturen, manchmal verbergen sich hinter den Handelsmarken sogar völlig andere Produkte, die man außerhalb der Discounter nicht kaufen kann. So erklärt es auch Godja Sönnichsen, Sprecherin der Firma Nordmilch, die unter den Markennamen „Milram“ und „Oldenburger“ Milchprodukte im Einzelhandel und unter dem Namen „Milbona“ Sahne und Jogurt bei Lidl vertreibt. „Die unterschiedlichen Produkte haben zum Teil spezielle und verschiedene Rezepturen“, sagt Sönnichsen. Allerdings: Eine Qualitätsminderung sei dies nicht, räumt sie ein.

Auch die Firma Storck alias Wiha alias „Scholetta“ versichert: „Die Storck- Gruppe stellt generell nur qualitativ hochwertige Süßwaren her. Dies gilt selbstverständlich auch für die ,Scholetta Mini Schokoküsse‘ der Wiha GmbH.“ Warum die Handelsmarken oft viel billiger sind, wenn doch die Qualität den Vergleich mit dem Originalmarkenartikel nicht scheuen müsste? Über Preise möchte kein Unternehmen sprechen. Stets wird darauf verwiesen, dass der endgültige Verkaufspreis vom Handelsunternehmen selbst festgelegt wird. Verhandlungen der Unternehmen untereinander sind Teil der Unternehmenspolitik. Und die ist geheim.

So geheim wie die Herkunft der günstigen Handelsmarken. Die Firma Bahlsen zum Beispiel will zu ihren Handelsmarken gar nichts sagen. Für den normalen Verbraucher ist es fast unmöglich, herauszufinden, dass hinter den „Van Botta Keksen“ von Aldi dieselbe Firma steckt wie hinter dem berühmten 52-zahnigen „Leibniz“-Keks.

Nicht jeder besitzt detektivischen Spürsinn und so viel Ausdauer wie Hans-Jürgen Bertram, der im Jahr 2006 den „Discounter Marken-Guide“ veröffentlicht hat. Darin versucht er, die engen Verbindungen zwischen preiswerten Handelsmarken und teuren Markenartiklern aufzudecken. Oft sei auf den Produkten keine richtige Herstellerangabe zu finden. Stattdessen stünden dort Hinweise wie „Ausgewählt und kontrolliert: Lidl Stiftung & Co“ oder der Name einer völlig unbekannten Vertriebsgesellschaft – oft ein eigens gegründetes Tochterunternehmen des Markenherstellers.

Manche der Hersteller haben ihre Handelsmarkenproduktion inzwischen verkauft. Die Haarkosmetik-Firma Wella zum Beispiel steckte bis zum Jahr 2006 noch hinter dem Aldi-Sonnenschutzmittel „Ombra“. Anstelle von Wella war eine Tochterfirma, die Emil Kissling GmbH, als Hersteller der Sonnenmilch genannt. Auch der Eisfabrikant Nestlé Schöller hat seine Handelsmarken-Eisproduktion 2006 an den großen deutschen Eiskremhersteller Rosen verkauft. „Wir haben uns einfach auf unsere Marken fokussiert“, erklärt Sprecher Alexander Antonoff die Entwicklung.

Andere Markenartikler verkaufen dagegen ihre Produkte nur unter ihrem eigenen Namen, egal ob im günstigen Discounter oder im Vollsortiment-Supermarkt. Die Bonner Firma Haribo gehört dazu. „Wir haben keine Handelsmarkenproduktion, das ist unsere Firmenphilosophie“, sagt Firmensprecher Marco Alfter. Wo Haribo draufsteht, sei auch ganz sicher Haribo drin. Das soll für den Kunden deutlich erkennbar sein.

Einzig die Packungsgröße und der Preis sind unterschiedlich. Ein Lakritzbeutel beim Discounter wiegt 300 Gramm, im übrigen Handel sind es 200 Gramm. Pro Beutel kosten die Süßigkeiten beim Discounter durchschnittlich 89 Cent, in allen anderen Supermärkten sind es 85 Cent. Für den Discountmarkt Plus hat Haribo einen Exklusivartikel produziert: die „kleinen Preise“, mit denen die Handelskette Plus wirbt – als Gummizahlen. Die Rezeptur ist auch hier anders als bei den berühmten Goldbären, aber Haribo steht trotzdem drauf.

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