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Wirtschaft: „Viele Leute werden von der Steuerreform enttäuscht sein“

Karl Heinz Däke, Chef des Steuerzahlerbundes, fordert eine stärkere Entlastung – durch größere Sparanstrengungen des Staates

Herr Däke, wem nützt die Steuerreform 2005?

Viele Leute werden enttäuscht sein, wenn sie im Januar ihren Lohnzettel sehen. Vor allem Geringverdiener werden kaum entlastet. Sie haben bereits von den Steuersenkungen der vergangenen Jahre profitiert. Einige könnten sogar stärker belastet werden, weil Gebühren und Abgaben an anderer Stelle steigen – das wird ein böses Erwachen geben. Profitieren werden vor allem Bezieher höherer Einkommen.

Wäre eine noch stärkere Senkung möglich gewesen?

Wichtig ist, dass sie überhaupt kommt und nicht wieder auf die lange Bank geschoben wird, weil es Haushaltslöcher gibt. Das hätte die Politik erneut Vertrauen gekostet. Für die Zukunft brauchen wir eine noch stärkere Entlastung. Denn im Juli werden die Krankenkassen-Beiträge erneut steigen, das wird einen Teil der Steuersenkungen aufzehren. Union und SPD lehnen derzeit weitere Entlastungen ab – dabei darf es aber nicht bleiben. Sonst wird auch nichts aus der Belebung der Binnennachfrage.

Was kann man tun, damit kommunale Abgaben und Gebühren nicht weiter steigen?

Der Staat müsste, wo er Einfluss hat, erst einmal Effizienzreserven heben. Bisher werden die Gebühren dann erhöht, wenn die Kosten steigen. Aber die Nebenkosten sind für viele Menschen zu einer erheblichen Belastung geworden. Und ihre Abrechnungen zu Strom oder Abwasser verstehen die meisten nicht und können deshalb schwerlich Protest dagegen einlegen.

Muss es mehr Privatisierungen geben, um die Kosten zu senken?

Ja, aber nicht um jeden Preis. Wenn der öffentliche Anbieter eine Leistung günstiger anbieten kann, warum dann privatisieren? Entscheidend ist, wie viel der Bürger zahlen muss – von wem die Leistung kommt, ist zweitrangig.

Was können die Krankenkassen tun, um die Bürger zu entlasten?

Der Verwaltungsapparat vieler Kassen ist noch zu groß, hier ließe sich eine Menge Geld sparen. Zum Beispiel durch Fusionen – es ist unverständlich, warum es mehr als 300 Kassen geben muss.

Der Finanzminister will das Gold der Bundesbank verkaufen lassen, um seinen Etat zu sanieren.

Wenn überhaupt Gold verkauft wird, muss es zur Schuldentilgung eingesetzt werden. Das gilt auch für alle Privatisierungserlöse. Damit würde langfristig die Zinsbelastung sinken. Außerdem glauben viele Bürger noch, dass Gold unser Geld sichert. Bei einem Verkauf würden viele an der Stabilität des Euro zweifeln. Ich kann die Bundesbank nur ermuntern, gegenüber dem Bundesfinanzminister hart zu bleiben.

Der Bund will die Länder zu mehr Sparsamkeit verpflichten, um den EU-Stabilitätspakt einzuhalten. Wird das zu solideren Staatsfinanzen führen?

Das hoffen wir. Die Länder müssen ebenso wie der Bund sparsamer wirtschaften. Bundesländer und Kommunen stehen für 40 Prozent der Gesamtverschuldung, auch sie müssen darauf achten, dass der Pakt eingehalten wird und der Euro stabil bleibt. Schaffen sie das nicht, müssen sie bestraft werden.

Wo kann der Staat noch sparen?

Da gibt es Spielraum genug – fast alle Länder geben relativ gesehen mehr Geld für Personal aus als der Bund. Die Verschuldung des Staates wird in ein paar Jahren ebenso gravierende Folgen haben wie die Alterung der Gesellschaft, das unterschätzen viele heute noch.

Das Gespräch führte Carsten Brönstrup.

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