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Wirtschaft: „Vieles lässt sich im Vorfeld ausräumen“

Frau Tischmann, worüber beschweren sich die Kunden bei Ihnen am häufigsten? Über Verspätungen – das gilt sowohl für die Bahn als auch für die Fluggesellschaften.

Frau Tischmann, worüber beschweren sich die Kunden bei Ihnen am häufigsten?

Über Verspätungen – das gilt sowohl für die Bahn als auch für die Fluggesellschaften. Bei den Airlines gibt es außerdem noch oft Streit über die Annullierung von Flügen und Schäden am Reisegepäck. Bei der Bahn geht es um andere Fragen. Hier ärgern sich die Kunden häufig darüber, wenn sie im Zug nachzahlen sollen, weil sie beispielsweise ihre Bahncard nicht dabei haben. Auch das automatische Abonnement bei der Bahncard stört viele Verbraucher.

Richten sich die meisten Beschwerden gegen die Bahn?

Das war am Anfang so. Inzwischen betrifft die eine Hälfte der Beschwerden die Bahn, die andere Hälfte den Flugverkehr. Zwar sind wir für den gesamten Fernverkehr zuständig, aber Bus und Schiff kommen bisher kaum vor.

Warum spielt der Flugverkehr inzwischen eine so große Rolle?

Anfangs dachten die Reisenden, die Schlichtungsstelle sei nur für den Bahnverkehr zuständig. Das hat sich geändert. Hinzu kam, dass im Februar vergangenen Jahres in den Medien sehr viel über die neuen EU-Fluggastrechte berichtet worden ist.

Gibt es mehr Beschwerden gegen Billigflieger als gegen die etablierteren Airlines?

Nein. Die meisten Beschwerden richten sich gegen die Deutsche Lufthansa und Air France. Das liegt aber daran, dass die Lufthansa in Deutschland mit Abstand die meisten Passagiere befördert. Leider erkennt die Lufthansa den Nutzen außergerichtlicher Schlichtung nicht an und lehnt die Zusammenarbeit mit der Schlichtungsstelle ab. Und auch mit der Air France sind die Verhandlungen schwierig.

Warum lassen sich die Fluggesellschaften nicht auf die Schlichtung ein?

Die Deutsche Bahn AG hat sich in ihrer Kundencharta vom Oktober 2004 zu der Zusammenarbeit mit der Schlichtungsstelle verpflichtet. Leider hat es das Verbraucherschutzministerium unter Frau Künast damals versäumt, auch die Fluggesellschaften mit einzubinden.

Brauchen wir ein Gesetz, in dem Fahrgastrechte verbindlich festgelegt sind, oder reichen Schiedsstellen, die im Konfliktfall vermitteln, aus?

Die außergerichtliche Schlichtung ist richtig und wichtig, aber sie reicht nicht aus. Wir hoffen, dass noch in diesem Jahr ein Entwurf für ein Fahrgastrechtegesetz vorgelegt wird. Es hätte schon im Herbst einen solchen Entwurf geben sollen, aber dann sind die Neuwahlen dazwischen gekommen. Das Gesetz sollte für alle Unternehmen gelten und zwar sowohl für den Fern- als auch für den Nahverkehr.

Wie kulant reagieren die Bahn und die Airlines auf die Kundenbeschwerden?

Viele Kundenbeschwerden lassen sich schon im Vorfeld aus dem Weg räumen. Oft haben die Verbraucher nur eine Frage, und es reicht, sie an die richtige Stelle weiterzuverweisen. Manchmal haben die Kunden auch Schwierigkeiten, einen Brief, den sie von der Bahn oder einer Fluggesellschaft bekommen und der aus einer Ansammlung von Textbausteinen besteht, richtig zu verstehen. Dann helfen wir ihnen, indem wir ihnen den Brief übersetzen. Nur rund ein Drittel aller Anfragen mündet in offizielle Schlichtungsvorschläge. Und von denen werden bei der Bahn 80 Prozent angenommen, bei den Fluggesellschaften ist das Geschäft mühseliger.

Was kostet es die Verbraucher, sich an Sie zu wenden?

Wir arbeiten für die Verbraucher kostenlos. Bisher werden wir ausschließlich vom Bundesministerium für Verbraucherschutz finanziert, aber diese Unterstützung läuft nur über drei Jahre, also noch bis Ende 2007. Ich meine, dann müssten die Verkehrsunternehmen die Kosten der Schlichtungsarbeit zahlen, denn sie profitieren davon. Bei den Versicherungen und Banken ist das schon länger der Fall.

Die Fragen stellte Heike Jahberg.

Heidi Tischmann

ist Leiterin der Schlichtungsstelle Mobilität. Verbraucher erreichen die Schiedsstelle unter www. schlichtungsstelle-mobilitaet.de oder telefonisch unter 030/4699700

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