zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Vorsicht, Einsturzgefahr!

Immobilienmärkte: Spekulationsblase in USA, Krise bei deutschen Fonds – was Experten Anlegern raten

Robert Shiller hat wieder ein Buch geschrieben. Der angesehene US-Ökonom, der 1999 den weltweiten Aktiencrash prophezeite und Recht behielt, warnt wieder. Diesmal geht es nicht um Aktien, denn die sind nach einhelliger Meinung von Experten immer noch vernünftig bis günstig bewertet. Es geht um die Spekulationsblase auf dem Immobilienmarkt, vor allem auf dem amerikanischen – aber auch auf dem britischen, dem spanischen oder dem französischen. Behält Shiller wieder Recht, droht auf dem Immobilienmarkt der nächste Crash.

Um 12,5 Prozent pro Jahr explodierten die Immobilienpreise in den USA zuletzt. Seit Mitte der neunziger Jahre haben sich die Preise für viele Objekte verdoppelt bis verdreifacht, Wohnungen und Bürokomplexe gelten als Spekulationsobjekte, mit denen sich schnelle Geschäfte machen lassen. Der Bauboom gilt vielen als eine der größten Spekulationsblasen der Geschichte. Selbst der scheidende US-Notenbankchef Alan Greenspan fand ungewöhnlich deutliche Worte. Ein Crash würde unzählige Existenzen ruinieren und – da die Spekulation vielfach kreditfinanziert abläuft – das Bankwesen erschüttern, den Konsum lähmen und damit die gesamte Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen.

Viele deutsche Anleger werden sich angesichts solcher Sorgen verwundert die Augen reiben: Auf dem deutschen Immobilienmarkt sinken oder stagnieren die Mieten seit Jahren, das Renditepotenzial ist bescheiden, die Baubürokratie exzessiv. Seit der Schließung des offenen Immobilienfonds „Grundbesitz-Invest“ der Deutsche-Bank-Tochter DB Real Estate ist das Image der Branche zusätzlich angekratzt. Dabei konnten sich sicherheitsbewusste Anleger in den vergangenen Jahren immerhin über eine positive Rendite freuen: So erwirtschaftete der größte deutsche Immobilienfonds, der Haus-Invest Europa aus dem Commerzbank-Konzern, seit 1995 gut 54 Prozent. Wobei die Erträge zuletzt deutlich schrumpften: Auf Jahressicht sind es nur noch 1,5 Prozent. Die erste deutlich negative Jahresperformance eines offenen Immobilienfonds ist so gut wie sicher.

Während die Konkurrenz der DB Real Estate um Schadensbegrenzung bemüht ist, aufgeschreckte Anleger beruhigt und zum Neueinstieg ermutigt, ist Fondsexperte Stefan Loipfinger sehr skeptisch. Der Immobilienanalyst sieht nach dem Fonds-Debakel aktuell ein „enormes Risiko eines Flächenbrandes“, der weitere Fonds zur zeitweiligen Schließung zwingen und Anlegern hohe Verluste bescheren könnte. Loipfinger empfiehlt daher momentan auch keinen einzigen offenen Immobilienfonds zum Kauf, weder einen Fonds mit internationalem noch einen mit deutschem Schwerpunkt.

Hinter der plötzlichen Schließung des Grundbesitz-Invest vermuten nicht nur Experten wie Loipfinger strategische Überlegungen: Die Deutsche Bank will sich offenbar mittelfristig von der Anlageklasse offene Immobilienfonds trennen und dem deutschen Anlegerpublikum so genannte Reits schmackhaft machen.

Reits (Real Estate Investment Trusts) sind eine Mischung aus Unternehmen und börsennotiertem Immobilienfonds und nur an der Börse zu erwerben oder zu verkaufen. Hierzulande sind bisher nur ausländische Produkte erhältlich, die allerdings erheblich schwankungsfreudiger und renditestärker sind als klassische Immobilienfonds. Die DB Real Estate hat jedenfalls vor einiger Zeit mehrere Objekte aus dem Grundbesitz-Invest an einen australischen Investor verkauft, der sie anschließend mit Hilfe der Deutschen Bank als Reit an die Börse brachte. Unter Mittelabflüssen leidet unterdessen auch der ausschließlich im Ausland investierende Fonds Grundbesitz-Global der Deutschen Bank. Angeblich zogen Anleger seit Anfang Dezember rund eine halbe Milliarde Euro ab.

Die deutsche Fondsbranche übt sich trotzdem in Optimismus. Die Fonds- Tochter der Volks- und Raiffeisenbanken Union Investment sieht aktuell einen guten, antizyklischen Einstiegszeitpunkt bei Immobilienfonds. „Der Immobilienmarkt in Deutschland hat die Talsohle durchschritten“, prophezeit Vorstandssprecher Rüdiger Ginsberg. Alle Difa-Fonds seien aktuell richtig bewertet. Die Sparkassen-Fondstochter Deka und die Commerzbank stimmen ein und erhalten dabei Unterstützung vom britischen Immobilien-Fachverband RICS und Maklern aus dem europäischen Ausland, die für den deutschen Immobilienmarkt steigende Preise und Renditen vorhersagen. Das Interesse ausländischer Anleger an deutschen Immobilien steige seit Monaten beharrlich.

Auch die Fonds-Rating-Agenturen Scope und Feri raten zur Differenzierung. Der Anleger müsse auf die Investitions- beziehungsweise die Liquiditätsquote achten. Erstere sollte nicht zu hoch, letztere nicht zu niedrig sein, um bei verstärkten Verkäufen nicht in Turbulenzen zu geraten. Und: Mehrere Anbieter haben nach der jüngsten Krise beim Grundbesitz-Invest bereits versichert, notfalls stützend einzugreifen.

Allerdings: Sollte es tatsächlich irgendwann zu einem Crash der Immobilienpreise in den USA, in Großbritannien und Frankreich kommen, könnten die Folgen auch in Deutschland zu spüren sein.

Veronika Csizi

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false