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Ungebetener Gast: Ein Wespennest möchte niemand in seinem Haus haben.

© Julian Stratenschulte/dpa

Wespennest im Haus: So nutzen Betrüger Ihre Not aus

Auf seriöse Schädlingsbekämpfer wartet man bis zu zwei Wochen. Im Internet versprechen Notdienste schnelle Hilfe.

Sie lieben die Marmelade auf unserem Frühstücksbrötchen mindestens genauso sehr wie wir: Wespen schwirren auch in diesem Sommer wieder reichlich herum. Das heiße und trockene Klima bietet optimale Bedingungen für die Nester der Insekten.

Gerne bauen sie diese auch auf Dachstühlen oder in Rollladenkästen – zum Leidwesen der Bewohner. Dabei ist die Angst vor den kleinen Tierchen oft größer als die tatsächliche Gefahr, es sei denn, man reagiert allergisch auf die Stiche. Doch was kann man tun, wenn man Garten, Terrasse oder Balkon plötzlich unfreiwillig teilen muss?

Wann man die Nester wegräumen darf

Grundsätzlich stehen Wespen in Deutschland unter Artenschutz. Das Zerstören ihrer Nester ist verboten. Tut man es doch, droht ein Bußgeld. Anders ist die Lage, wenn Gefahr droht – etwa in der Nähe von Kindergärten oder wenn in der Nähe von Wespen Menschen leben, die Allergiker sind. Bei diesen Ausnahmen dürfen Wespennester fachgerecht entfernt werden.

Wartezeiten von bis zu zwei Wochen

Fachgerecht, das heißt durch ausgebildete Schädlingsbekämpfer. Bei den Verbraucherzentralen melden sich jedoch immer mehr Menschen, die Opfer von Betrugsmaschen geworden sind. Denn weil sie viel zu tun haben, können Schädlingsbekämpfungsbetrieben durchaus Wartezeiten von bis zu zwei Wochen haben. Diese Situation nutzen unseriöse Unternehmen aus, warnt der Deutsche Schädlingsbekämpfer-Verband (DSV). Meist bieten solche vermeintlichen Notdienste eine Akut-Hilfe an und setzen „ungelernte Kräfte in betrügerischer Absicht ein“, kritisiert der Verband. Oftmals zu überhöhten Preisen.

261,80 Euro für so gut wie nichts

So passierte es auch Guido Schmidt (Name geändert). Der Brandenburger hatte ein Wespennest in seinem Haus. Im Internet stieß er auf eine Firma namens „Schädlingsbekämpfung 24h“, die schnelle Hilfe versprach. Nach einem kurzen Anruf erschien zwei Stunden später ein „Spezialist“ vor Ort, ausgerüstet mit Utensilien und in Schutzmontur. Nach einer kurzen Besichtigung erstellte der Mitarbeiter ein „Bekämpfungskonzept“, inklusive Kostenvoranschlag. Der Preis: 50 Euro Einsatzpauschale und Gefahrenzulage, 30 Euro Material (Köder und Falle), 120 Euro Entsorgung und 20 Euro für eine viertel Stunde Arbeitszeit. Plus 41,80 Euro Mehrwertsteuer. Zusammen sollten das 261,80 Euro sein. Akzeptieren wollte der Dienstleister nur Barzahlung. Schmidt sollte den Gesamtpreis sofort bezahlen, obwohl die Leistung vorerst nur aus einer ersten Betäubung des Nestes bestand.

Kassiert und weg

Der vermeintliche Schädlingsbekämpfer begann, die Wespen mit Chemikalien zu besprühen und beendete seine Arbeit nach ungefähr 15 Minuten, erzählt Schmidt. Für die bereits bezahlte Entfernung des Nestes wurde ein neuer Termin vereinbart, doch niemand erschien. Am nächsten Tag wartete die Familie vergeblich und konnte auch telefonisch niemanden mehr erreichen. Im Impressum stieß Schmidt dann auf den Hinweis, dass die Firma lediglich ein Vermittler sei und „nicht für die Preise, nicht für die Ausführung, nicht für die Schnelligkeit und auch nicht für die Qualität unserer Partnerfirmen“ haftet. Schmidt erstattet Strafanzeige wegen Betrugs, doch sein Geld wird er wahrscheinlich nicht zurückbekommen. Im Nachhinein stellt der Hausbesitzer dann außerdem noch fest, dass die veranschlagten Kosten viel zu hoch waren, selbst wenn die Arbeiten erledigt worden wären. Die üblichen Beseitigungskosten betragen nur ungefähr ein Drittel der bezahlten Rechnung.

Das sei ein typischer Fall, sagt die Verbraucherzentrale Brandenburg. Oftmals ähneln die Betrugsmaschen der Schädlingsbekämpfer denen von Schlüsseldiensten oder unseriösen Reparaturdiensten. Aber wie kann man eine seriöse Firma von einer unseriösen unterscheiden?

Daran erkennen Sie die schwarzen Schafe

Ein Anzeichen für unprofessionelle Praktiken könne die ortsunabhängige Vorwahl 032 sein, sagt der DSV. Auch bei unspezifischen Kontakt-Mailadressen ist Vorsicht geboten. Die Mailadresse sollte den Namen des Unternehmens beinhalten. Ein seriöses Unternehmen würde zudem bereits am Telefon verschiedene Fragen zum Schädlingsproblem stellen: „Nur dann kann eine Befallssituation korrekt eingeschätzt werden und eine realistische Kostenschätzung erfolgen“, betont der Verband.

Mal abbeißen: Leider mögen Wespen und Menschen dieselben Sachen - etwa Marmeladenbrötchen. Das gibt Ärger.
Mal abbeißen: Leider mögen Wespen und Menschen dieselben Sachen - etwa Marmeladenbrötchen. Das gibt Ärger.

© Peer Grimm/DPA/DPAWEB

Die Verbraucherzentrale rät Betroffenen, sich bei öffentlichen Stellen nach seriösen Anbietern zu erkundigen. Der Verband deutscher Schädlingsbekämpfer (DSV), das Naturschutzamt oder der Deutsche Naturschutzbund können professionelle Hilfe vermitteln. Auf der Webseite des DSV gibt es sogar eine Postleitzahl-Suche, die qualifizierte Schädlingsbekämpfer in der Nähe aufzeigt. Zudem hat der Verband einige Anhaltspunkte zusammengestellt, auf die Verbraucher bei der Suche nach einer seriösen Wespenbekämpfung achten sollten.
Demnach sollte man bei Call-Centern oder Vermittlungsbörsen grundsätzlich vorsichtig sein und die telefonischen Absprachen dokumentieren. Mit wem sind Sie verbunden? Mit wem schließen Sie einen Vertrag? Außerdem sollten die voraussichtlichen Kosten erfragt und im besten Fall immer ein Festpreis vereinbart werden, den man sich schriftlich per Fax oder E-Mail bestätigen lassen kann. Vor Ort sollte man auf ein professionelles Auftreten achten: „Jeder seriöse Handwerker und Dienstleister ist bereit, sich auszuweisen“, betont der Verband. Wenn jemand das nicht tut, sollte man also skeptisch sein. Bei der Entfernung des Wespennestes ist es von Vorteil, einen Zeugen dazu zu holen. Und: Überprüfen Sie die Rechnung sorgfältig.

Lassen Sie die Wespen in Ruhe

Bei einem warmen Sommer oder Herbst können die Wespen durchaus noch bis zum November unterwegs sein. Naturschützer raten zur Gelassenheit. So lange man sich vom Nest fern hält, ist man nicht gefährdet. Und wer draußen isst, sollte die Wespen einfach mal gewähren lassen und ihnen ein kleines Stück Beute gönnen.

Sarah Birkhäuser

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