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Wirtschaft: „Wir werden durch die Reform belastet“

Herr Dibbern, Ihr Verband warnt vor mehr als zehnprozentigen Beitragserhöhungen für privat Versicherte als Folge der Gesundheitsreform. Warum?

Herr Dibbern, Ihr Verband warnt vor mehr als zehnprozentigen Beitragserhöhungen für privat Versicherte als Folge der Gesundheitsreform. Warum?

Wir werden durch die Reform mehrfach belastet. Zum einen durch den neuen Basistarif. Zum anderen durch die teilweise Mitgabe der Alterungsrückstellungen beim Wechsel innerhalb der PKV. Beides wird unvermeidbar zu Beitragserhöhungen führen. Ich gehe von einer zweistelligen Summe aus, mit der unsere Versicherten belastet werden.

Das Gesundheitsministerium meint, Sie müssten beim Basistarif mit 500 Euro auskommen.

Das zeigt, dass das Ministerium keine Ahnung von unserem Geschäftsprinzip hat. Wir haben beim Basistarif überhaupt keinen Spielraum auf der Leistungsseite. Der Gesetzgeber schreibt uns vor, was der Tarif abdecken muss, deckelt den Beitrag nach dem Vorbild der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und verpflichtet uns zu weiteren Subventionen. Anders als die GKV müssen wir aber auch noch Alterungsrückstellungen aufbauen. Das heißt: In vielen Fällen werden die Beiträge der Kunden nicht reichen, um die Kosten zu decken. Dann müssen die anderen Privatversicherten einspringen. Für Normalversicherte wird der Versicherungsschutz zwangsläufig teurer.

Nach Berechnungen der Stiftung Warentest verdoppeln sich die Prämien schon jetzt alle zwölf Jahre – auch ohne Reform.

Diese Aussage basiert auf den Angaben von nur 130 Privatversicherten. Bei der DKV lagen die jährlichen Beitragserhöhungen der gängigen Tarife in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt unter vier Prozent. Dass die Prämien steigen, liegt an der Demografie und am medizinisch-technischen Fortschritt, der zu steigenden Kosten führt. Da wir – anders als die GKV – unsere Leistungen nicht kürzen, müssen wir die Beiträge erhöhen. Übrigens tut die GKV das auch, denken Sie doch an die steigenden Beitragssätze und zusätzlich die ständige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze.

Wollen Sie gegen die Reform klagen?

Das Gesetz muss erst einmal im Bundesgesetzblatt stehen, vorher können wir nichts tun. Wir halten aber sowohl den Basistarif mit seinem Kontrahierungszwang als auch die Mitgabe der Alterungsrückstellungen für verfassungsrechtlich kritische Eingriffe in unsere Unternehmerfreiheit. Verfassungsrechtliche Probleme sehe ich zudem im Hinblick auf die bereits privat Versicherten, in deren Verträge rückwirkend – und damit unzulässigerweise – eingegriffen wird. Wir müssen alles tun, um von unseren acht Millionen Versicherten Schaden abzuwenden. Aber noch habe ich nicht alle Hoffnung aufgegeben. Ich bin sicher, das Bundespräsidialamt wird sich auch dieses Gesetz sehr genau unter verfassungsrechtlichen Aspekten ansehen.

Günter Dibbern

ist seit 2004

Vorstandsvorsitzender der DKV. Die DKV ist die größte private Krankenversicherung in Europa. Das Interview führte Heike Jahberg.

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