zum Hauptinhalt

Von TISCH zu TISCH: Cinco

Cappuccino mit Schwein.

Wer einfach mal gerne entspannt essen geht, braucht bitte gar nicht erst weiter zu lesen. Ob wir das Menü essen wollten oder lieber à la Carte, wurde ich bereits bei der telefonischen Reservierung gefragt. Mehrere Rückrufe folgten, der letzte einen Tag vor der Reservierung zur Bestätigung des Termins. Dazu passte die Marotte der Oberkellnerin, sich jedes Mal einen einzelnen schwarzen Handschuh überzuziehen, wenn sie ein Besteckteil auflegte.

Dabei ist der Raum für ein Hotelrestaurant eigentlich sehr pittoresk gestaltet mit vielen lustig arrangierten Kupfertöpfen unter der Decke. Die hübschen Platz- und Brotteller hat Spaniens Küchenstar Paco Perez, der hier oberste Regie führt, offenbar selber entworfen. Das „Experience Menü“ hat eigentlich 25 Gänge, aber nach Rücksprache mit der Küche lässt sich die Kellnerin auf 15 Gänge runterhandeln. Die kosten am Ende auch nur 89 statt 140 Euro. Dafür sind die Gerichte so filigran, dass sie leicht zerbrechen, wenn man sie zwischen Daumen und Zeigefinger vorsichtig zum Munde führt. Sehr haltbar sind sie auch nicht, weshalb die Reihenfolge vorgegeben wird.

Das Tartlet von Champignons, Gänsestopfleber und Trüffel hat eine hohe Dringlichkeitsstufe, denn die eisigen Kügelchen in einem kleinen Knusperkörbchen mit Cremetupfern könnten sonst ihren Kälteschock wohl nicht voll entfalten. Nach sehr viel schmeckt das nicht, dazu sind die Einzelteile auch zu winzig. Coca vom Schweineschmalz ist ein aufwendig hergestelltes kleines Gebilde, das bei der ersten Berührung schon bröselt. „Kürbis“ darf man sich vorstellen wie ein süßes Baiser mit orangefarbener Kürbisfüllung. Der vietnamesische Cappuccino mit Würfeln vom Iberico-Schwein und Karotten war mir schlicht zu sauer. Das Thema „Huhn“ sah aus wie eine Marzipankartoffel, hatte allerdings eine dünne Haut, die eine cremige Flüssigkeit freigab. Leider geschmackliche Lichtjahre entfernt von echtem Grillhähnchen.

„Fisch & Chips“ war ein Teigtütchen, mit Spurenelementen von Fisch gefüllt, dazu gab es eine Traube, die im Mund zerplatzte und Riesling freigab, außerdem Tequila-Eis. Der Caesar Salad hatte die Größe und Form eines halben Schokoriegels und war außen komplett mit Parmesan zugepudert, der natürlich auf die Tischdecke rieselte, während man ihn zum Munde führte. Der letzte Gang war der beste: „Seehecht mediterran“, ein als solches immerhin noch erkennbares Stückchen Fisch, das auch gut gegart war.

Die „Gambas vom Grill“ von der Abendkarte konnte die Kellnerin nicht empfehlen. „Die stecken noch in der Schale, da müssen Sie richtig arbeiten“, warnte sie. Besser seien die „Kaisergranat vom Grill“. Die kosteten 42 statt 38 Euro und wurden bar jeder Beilage serviert. Glücklicherweise ist der Hype um die Molekularküche eh vorbei, denn die Versuchung ist schon groß, mal zu rufen: „Granat hin oder her, der Kaiser hat keine Kleider an.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false