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Club-Esszimmer im Golfclub, Golfweg 22, Wannsee, Tel. 806 706 92, Mi–So ab 18 Uhr, So auch Mittagessen.

© Kai-Uwe Heinrich

Von TISCH zu TISCH: ClubEsszimmer

Sachen gibt es in Berlin, die gibt es gar nicht mehr.

Bzw.: Sie galten seit langem als ausgestorben. Gutes Essen am Stadtrand! Auf einem Golfplatz! Mit Blick ins Grüne! Da kommt alles zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört. Denn der Berliner fährt zum edlen Essen unweigerlich in die Innenstadt. Und der Golfer hat keine Zeit zum Essen, weil er in jeder freien Minute an seinem Handicap feilt. Und der Berliner Golfer…

Ja, schon gut. Wir verdanken den Umschwung einem guten alten Bekannten, Paul Urchs, der als Küchenchef bei Heinz Winkler in Aschau nach Berlin ins Ritz-Carlton Schlosshotel Grunewald gekommen war, wo er es 2001 zum Berliner Meisterkoch brachte. Dann entschwand er, als auch Ritz-Carlton ging, nach Bayrischzell, wo er einen Stern erkochte. Und so fort.

Will sagen: Urchs kann’s.

Er tut es aber in Wannsee eigentlich gar nicht regelmäßig. Denn das winzige „Club-Esszimmer“ mit vier Tischen, von dem hier die Rede ist, und das verwirrenderweise auch noch als „depu-Restaurant“ firmiert, hat er als Chef der gesamten Club-Gastronomie in die Hände von Björn Swanson gelegt. Der war zuletzt im Dresdener „Bean & Beluga“ und ist eine halbe Generation jünger, was rein küchentechnisch ungefähr drei Generationen entspricht. Mit anderen Worten: Uns erwartet eine moderne, aber glücklicherweise nicht überladene Küche auf der Höhe der Zeit.

„Sashimi“ vom Zander beispielsweise, erweist sich als aromatisch sehr europäische Kombination von rohem Fisch mit leicht süßlich geschmortem Römersalat, saurem Traubensaft (Verjus) und kleinen Traubenstückchen, das schmeckt frisch und köstlich. Ob Froschschenkel sein müssen, lasse ich mal offen. Aber wenn, dann sicher so wie hier, in herrlich knusprigem Tempurateig mit Kressepüree und Spuren einer Cassis-Sauce, die eine leichte, nicht dominierende Süße mitbrachte. Das Hirschkalbstatar liegt, sekundenknapp angebraten, in sanfter Walnussmilch, wiederum akzentuiert von herber Preiselbeersüße, der saftige Lachs kommt fast klassisch auf Spinat in einer leicht gratinierten sahnigen Sauce mit der separat gegarten Haut; hier steuert grüner Apfel die wichtige Frische bei.

Auch bei den Fleischgängen gelingt es Swanson ausgezeichnet, die klassische Anmutung mit der richtigen Dosis Modernität zu verbinden. Zur rosa gebratenen Tafelspitzscheibe, die mit herrlicher gebratener Gänseleber und braunem Fleischjus an das Rossini-Motiv erinnert, kombiniert er die diskreten, erdigen Aromen von Tafelspitz und Kerbelknolle, und auch der Lammrücken wird zwar klasisch rosa gebraten und final noch einmal kräftig übergrillt – aber die Begleitung mit Fenchel und Zwiebeln liefert unerwartete Frische; Sättigungsbeilagen sind nicht da und auch nicht nötig.

Die Desserts passten stilistisch und schmeckten, wirkten aber durchgehend ein wenig zu mild, reizten die möglichen geschmacklichen Kontraste nicht wirklich aus: Malzbiskuit mit Quittenkaramell und Tahiti-Vanille, weißes Schokomousse mit Sesam und Erdnuss. Das war an diesem Abend auch das gesamte Angebot – die Reduktion ist Programm, hat aber sicher auch mit Vorsicht beim Start zu tun. Drei Gänge 44, vier 56 Euro, das ist herausragend günstig für so viel gute Küche.

Zumal auch die Weine nicht furchtbar ins Geld gehen. Die Karte hat ihren Endzustand sicher bei Weitem nicht erreicht, aber der Schwerpunkt mit jungen deutschen Winzern und den eigenwilligen Stigler-Weinen aus Baden als Zentrum – perfekte Essensbegleiter – ist deutlich erkennbar. Die Flaschenpreise beginnen bei 19 Euro, also bitte, das liegt nun weit unter allem, was wir beim Stichwort „Golfplatz“ gemeinhin erwarten.

Um es also noch einmal deutlich zu sagen: Hier kann jeder hin, der Verein hat Gelände und Gastronomie geöffnet, das Bistro sogar jeden Tag; ohne diese Öffnung hätte Urchs finanziell keine Überlebenschance. Und deshalb empfehle ich sehr, diesen konkurrenzlos schön gelegenen, großzügigen Ort auch als Rahmen für Hochzeiten und alle anderen ähnlichen Feiern zu nutzen. Da sollte eigentlich nichts schiefgehen können.

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