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Das Restaurant MontRaw in Prenzlauer Berg überzeugt mit israelisch inspirierter Mittelmeerküche.

© Markus Nass T&T/promo

Von Tisch zu Tisch - die Restaurantkritik: Das "MontRaw" in Prenzlauer Berg vereint israelische und arabische Küche

Sehr schmackhafte israelisch-orientalisch inspirierte Küche. Aber: Der Wein kostet, und der Service zeigt Schwächen.

Die Gentrifizierung der Restaurantszene schreitet voran. Im "MontRaw" etwa wird eine orientalisch und israelisch inspirierte Mittelmeerküche zelebriert, die der Sehnsucht der Köche nach den kulinarischen Freuden ihrer Kindheit Ausdruck verleihen soll. Glücklich, wer schon in jungen Jahren dermaßen zart knusperndes Gebäck mit Tahin, Aubergine und Zitrone vom elterlichen Küchentisch naschen durfte. Hier gibt's das als Amuse-Gueule. Dazu passt der geniale Sekt "Fräulein HU by K. Wechsler", ein rheinhessisches Gewächs aus Huxelrebe mit Pinot Blanc und Riesling. Ein wirklich empfehlenswerter Aperitif, der einem offenen Champagner in nichts nachsteht (8,50 Euro). Draußen wie drinnen sitzt man an blanken Holztischen. Die Grautöne des Innendesigns spiegeln das Umfeld draußen. Die grauen Stoffservietten passen gut zu den zwar rustikal wirkenden, aber in Wirklichkeit feinen Tellern, Messern und Gabeln. Im Gastraum kann man dem Koch beim leidenschaftlichen Werkeln durchs Fenster zur Küche zusehen.

Der Rosé kam zu warm an den Tisch

Die Weinkarte hat laut Auskunft der Betreiber ein Sommelier aus Tel Aviv erstellt und dabei offensichtlich nicht allzu sehr auf die Preise geachtet. Mit Feierlaune und einer belastbaren Kreditkarte ist man hier durchaus richtig, denn es gibt schon einige besondere Tropfen. Dass der französische Rosé-Wein aus der Provence praktisch zimmerwarm erst vor unseren Augen in den Eiskübel verfrachtet wurde, hat uns freilich nicht so sehr amüsiert. Vorkühlen sollte normalerweise im Preis inbegriffen sein, da gibt es keine Entschuldigung. Die Idee der Kellnerin, einige Eiswürfel im Glas könnten es eventuell richten, hat mich so erschüttert, dass sie gleich von sich aus wieder Abstand davon nahm. Leider häufen sich solche Mängel ausgerechnet in hippen Restaurants (22 Euro).

"Fisch Crudo" erwies sich als fragile und köstliche Komposition aus Hamachi-Fisch auf einer eingemachten Zitronenvinaigrette, dekoriert mit Radieschen, Schalottenkringeln, Chili, Minze, Feigenpüree und Hummus, klein, aber fein (10 Euro). Der Salat „Nicoise“ war mehr eine moderne Interpretation des unverwüstlichen Klassikers: grüne Bohnen, Oliventapenade, Kartöffelchen von der Größe eines Champignon-Kopfes, Cherrytomaten mit erfreulich vielen Kapern, ein geschmortes Salatherz, Wachteleier, sehr gute Sardellen, Gelbschwanz-Medaillons und eine kräftige Sherry-Vinaigrette. Mal abgesehen davon, dass der Fisch bei kürzerer Garzeit vermutlich saftiger hätte sein können, war das eine durchaus einleuchtende Salatvariante, feiner und delikater als die meisten Originale (11 Euro).

Das Warten aufs Hauptgericht überbrückt eine Auberginen-Bruschetta

Dass Brot extra berechnet wird mit 2,50 Euro, scheint ein guter Marketing-Trick zu sein. Meine Neugier war geweckt und wurde nicht enttäuscht. Zwei sehr schmackhafte hausgebackene Sorten Brot mit zimmerweicher Estragon-Butter kamen im Körbchen. Probieren lohnt sich.

Irgendwas war dann mit den Bestellungen durcheinandergeraten. Weil wir deshalb auf das zweite Hauptgericht länger warten mussten, gab's zum Trost zwischendurch Auberginen-Bruschetta, ein mit Schafskäsebröseln bestreutes geröstetes Brot mit Püree aus geräucherter Aubergine, Tomaten, Limetten, Chili und Koriander (7,50 Euro). Der geschmorte Oktopus mit reichlich grauem Linsenpüree und einer Salsa Verde war gut, auch zart. Die Topinambur-Stückchen dazu hatten leider ihre ganze gesunde Kraft verloren, weil sie verkohlt waren (18 Euro).

Besser war das Lamm mit einer frischen Joghurt-Kräutersauce, sehr dunklen Blumenkohlröschen, Kürbis und einem durchaus scharfen Gewürzpüree. Den Hang zu schwarzen Oberflächen, auch wenn er unverständlicherweise gerade modern ist, sollte die Küche etwas zurückfahren (22 Euro). Tat sie dann glücklicherweise auch beim Dessert. Kadaif ist ein sehr schön knuspernder Gebäckboden aus gebackenen Teigfäden mit schneeweißer Mascarponecremehaube und einem bunten Belag aus Himbeeren, Heidelbeeren, Minze und Dattelsirup (6,50 Euro). Man könnte es auch glorifizierte Kindheit nennen.

MontRaw, Straßburger Str. 33, Prenzlauer Berg, Tel. 25782707, geöffnet Di–So 18–23 Uhr, montraw.com

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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