zum Hauptinhalt
Frankophile Fototapeten schaffen die passende Atmosphäre im Restaurant Belmondo in Charlottenburg.

© promo/Belmondo

Von Tisch zu Tisch - die Restaurantkritik: Frankophil genießen im alten Westen

Das "Belmondo" in Charlottenburg ist ein Restaurant mit ordentlicher Küche. Klassikern wie Froschschenkeln kann man hier gut entkommen.

Wo gibt’s denn so was? Dass ein Kellner (oder verkappter Sommelier) einen Wein von der eigenen Karte so vehement schlechtredet, habe ich noch nicht erlebt. Ob ich den gerade georderten Wein denn kenne, fragte er wiederholt. Der 2016er Entre Deux Mers, Chateau Tertre de Mont Saint-Pey sei keine gute Wahl, vermerkte er entschieden. Ein total flacher Wein, charakterlos, habe zwar wenig bis gar keine Säure, aber trinke sich weg wie Wasser. Die Frage, warum solch ein Gesöff dann überhaupt angeboten wird, überging er nonchalant – es war für 28 Euro der mit Abstand preisgünstigste Wein auf der Karte.

Seit unserem letzten Besuch vor vielen Jahren hat sich das Publikum internationalisiert und ist wohl auch zahlungskräftiger geworden. Neben uns saßen Chinesen, hinter uns Amerikaner, der „alte Westen“ ist deutlich bunter geworden. Am Wein selbst war nichts auszusetzen, er war letztlich ein leichter, frischer Begleiter zu einer doch eher gehaltvollen Mahlzeit.

Die Trüffelcreme kommt ohne sichtbare Trüffel

Im Restaurant sitzt man vor frankophilen Fototapeten in einem schlauchartigen Raum ganz stilvoll, bei schönem Wetter kann man aber auch auf dem Trottoir draußen vor der Tür urbanes Lebensgefühl mitnehmen. Sehr hübsch sind die filigranen Glasteller, die auf der schweren, weiß gestärkten Tischwäsche einen Akzent von Leichtigkeit setzen. Das Ambiente ist durchaus liebevoll gestaltet, eher cool als glamourös. Statt eines Amuse Gueule gibt es zum dick geschnittenen dunklen Baguette aus einer Spandauer Brotfabrik eine Trüffelcreme vorweg – die leider wohl nur aus Crème fraîche, mit Trüffelöl versetzt, ohne sichtbare Trüffel bestand. Die Mischung wird wohl kaum jedermanns Sache sein, aber hinterher kamen ja glücklicherweise schon die Vorspeisen.

Die weiß marmorierte Erbsenschaumsuppe ist mit Zuckerschote, Krebsschwänzen und Jakobsmuschel gehaltvoll aufgejazzt und schmeckt mit einer sämigen Süße zur grasgrünen Farbe auch sehr gut (12 Euro). Fischtöpfe gehören zu den Spezialitäten des Hauses, daran hat sich über die Jahre nicht so viel geändert. Nach wie vor gibt es auch Knoblauch-Klassiker mit Schnecken und Froschschenkeln oder überbackene Zwiebelsuppe wie in der Markthalle. Für das Restaurant spricht aber die Tatsache, dass man den traditionellen Klassikern auch gut entkommen kann. Der gratinierte Chavignol-Ziegenkäse war außen noch ziemlich fest, innen cremig weich mit einem starken, aber nicht strengen Eigengeschmack. Dazu gab es einen kleinen Wildkräutersalat. Karamellisierte Mangowürfel brachten eine aparte süß-fruchtige Geschmacksnote dazu (16 Euro).

Rinderfilet-Tournedos von bester Fleischqualität

Bis zu den Hauptgängen lohnten die paar Minuten Wartezeit. Die Rinderfilet-Tournedos waren zart und von bester Fleischqualität. In die knusprige Kruste war noch etwas fruchtige Sauce eingearbeitet, die dem Gericht moderne Raffinesse verlieh. Dazu gehörten eine tiefdunkle Sauce in bester französischer Tradition, Karottenstreifen und Kartoffelpüree (32 Euro).

Kartoffelpüree war anscheinend die allgemeine Beilage des Abends, die andere angekündigte ersetzte. Es passte aber auch hervorragend zu den superzarten, leicht durchwachsenen Kalbsbäckchen, klassisch in Burgunder geschmort, dazu in Rahm zubereitete Kohlrabi-Julienne – ein Rundum-Genuss (25 Euro).

Flach blieb am Ende allenfalls das Dessert. Die Grand-Marnier-Mousse von weißer Schokolade hatte bestimmt nicht zu tief ins Glas gesehen und war auch nicht wirklich locker, das Mangopüree geschmacklich eher zurückhaltend (9 Euro). Und der Crémant (8 Euro) ist zwar teurer geworden, wird aber dafür wieder, anders als damals, ohne Eiswürfel serviert. Vive la civilisation!

Belmondo. Knesebeckstr. 93, Charlottenburg, Tel. 36 28 72 61, Mo – Fr ab 16, Sa/So, Feiertag ab 12 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false