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Von TISCH zu TISCH: Fischers Fritz

Dorade mit persischem Dattelreis

Sensible Naturen, die in der Hummerpresse ein Folterwerkzeug sehen und 135 Euro für einen Hauptgang als Zumutung betrachten, werden sich lieber mittags auf den Weg ins Fischers Fritz begeben. Statt großer Oper gibt es dann die sympathische Light-Variante von Christian Lohses Zwei-Sterne-Küche.

Der Name „Fischers Fritz“ für ein Restaurant mit Schwerpunkt auf Fischgerichten beinhaltet ja in sich schon eine gewisse sympathische Selbstironie. Tatsächlich ist der Service unter der Leitung von Andrea Güttes eine wahre Wohltat: Ihr Team servierte die erlesenen Köstlichkeiten mit Humor und Herzlichkeit. Dass sich in dem gut sortierten Brotkorb auch eine Spezialität befand, die von der Kellnerin als „Schwiegermutterzunge“ vorgestellt wurde, passt ins Bild. Als alkoholfreie Alternative zum Prosecco (9 Euro) wird ein Apfelsecco (7 Euro) serviert, der optisch mehr einem Champagner ähnelt und auch genauso serviert wird.

Die Küche grüßte vorweg mit einem winzigen Stück Kingfisch auf frischem, kühlen Karotten-Meerrettichsalat.

Das pochierte Onsen-Ei ist eine Spezialität des Hauses, wird normalerweise bei 61 Grad 35 Minuten lang gegart. Mittags sei es aber schon vorgegart, damit die Gäste nicht so lange warten müssten, sagte die nette Kellnerin. Abends überbrücken eben doch noch mehr Amuse Gueules die Wartezeit. Deren Zahl hält sich bei einem Preis von 47 Euro für drei Gänge mittags natürlich in Grenzen.

Das weiche pochierte Ei war umgeben von einem Kranz aus säuerlichen Bohnen. Dazu passte perfekt ein schaumiger Jus vom Hummer. Emincé von der Dorade kam als geschickt gestaltetes Türmchen. Laien dürfen sich den Zustand der Dorade ein bisschen wie Lachstatar vorstellen, wobei der wunderbar gewürzte Fisch mit hauchdünnen Selleriescheiben als Zwischengeschosse frisch knuspernd abgefedert wird. Die Avocadocreme hätte ich mir freilich etwas üppigger gewünscht. Ein feiner Streifen vom Umfang eines viertel Schnittlauchhalmes zog sich von einer Seite des Türmchens dezent bis zum Tellerrand, fast nicht zu schmecken.

Türmchen liebt Lohse offensichtlich, und ganz besonders gut gelungen waren sie als Beilage zur Bresse-Wachtel vom Holzkohlengrill. Es gab sogar zwei säuerliche rotgrün melierte Türmchen aus Himbeeren und knackig saftigen Bobby-Bohnen-Würfeln unter einem sanften weißen Champignonblatt. Die Wachtel selbst war zart und saftig mit einem pikanten grünen Kräutermantel.

Die auf den Punkt gegrillte Dorade war schon filetiert. Dazu gab es persischen Dattelreis vom Umfang eines halben Pingpong-Balls. Die andere Hälfte steckte als Nachschlag-Portion in einem feinen weißen Schälchen. Das Beste an diesem Gericht befand sich in einer silbernen Sauciere und war untertrieben als Ayran von Koriander und Kardamon angekündigt. Eine edlere Variante des anatolischen Joghurtgetränks ist freilich nur mit sehr viel Phantasie vorstellbar. In der geheimnisvoll orientalischen Würzung der maigrünen, gleichzeitig samtig und frischen Sauce hätten locker mehrere Märchen aus 1001 Nacht Platz gefunden.

Als Überraschung vor dem Dessert gab es ein Granny-Smith-grünes Apfelsorbet auf zartrosa Rhabarberschaum. Und dann trumpfte die Küche noch mal richtig auf: Mit einer Creme von Jivara-Schokolade und geräuchertem Tee, mit geeistem Quark und Pfeffer-Parfait auf Mirabellenessenz, das Ganze gekrönt mit Blattgold. Allein die Essenz hat den Mirabellengeschmack eingefangen und vertieft wie ein Gedicht über das innerste Wesen der Frucht. Das traf auch auf die Schokoladenmousseline zu den Varianten von eingemachter Birne zu, warm und eiskalt, mit Schokolade von verschiedenen Knuspergraden arrangiert und ebenfalls mit Blattgold gekrönt.

Zu den kenntnisreichen Erläuterungen der Gerichte passten die Empfehlungen offener Weine (0,1 l für 11 bis 14 Euro), die perfekt mit den Gängen harmonierten. Man läuft hier nicht Gefahr, mit schwerem Magen nach Hause zu gehen. Aber im Kopf ist man satt für eine sehr geraume Weile.

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