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Von TISCH zu TISCH: La Mano Verde

Roher Käsekuchen

Erkannt zu werden ist für Restaurantkritiker ein Albtraum. Schließlich möchte man einen möglichst authentischen Eindruck haben von dem Lokal, das es zu testen gilt, wie ein ganz normaler Gast eben, nur dass man genauer hinschaut und ungleich mehr Vergleichsmöglichkeiten hat. Man tut also alles, um solche Situationen zu vermeiden, und es passiert glücklicherweise viel seltener, als manche denken. Der Restaurantchef des La Mano Verde hatte offenbar geradezu auf ein Wiedersehen gewartet. Vor zwei Jahren war ich nur mäßig begeistert von meinem Besuch in Berlins erstem organisch veganen Gourmetrestaurant. Die Kritik hat ihn aber offenbar dazu veranlasst, sich von Fleischimitaten wegzubewegen, wie er erzählte.

Seit dem letzten Besuch ist das Restaurant umgezogen in eine etwas abgelegene Gegend in Mitte und hat mit Küchenchefin Josita Hartanto ein kreatives Genie gefunden für die Kunst, vegane Gourmets glücklich zu machen. Ausgerechnet jetzt, wo die Gerichte optisch so angerichtet sind, wie man es von Spitzenrestaurants kennt, verzichtet man auf den Zusatz „Gourmet“. Die Rede ist nur noch von „gesund essen mit Genuss“.

Bei den „Ravioli Blanc“ sieht das so aus: Zwischen den mit einem orangefarbenen Mus aus Tomaten und Cashewkernen gefüllten Kohlrabischeiben sind kleine Portionen von knackigem Rotkohl-Ingwer-Salat angerichtet, an beiden Seiten liegt ein Birnenfächer. Das sieht hübsch aus, schmeckt auch so und ist noch dazu glutenfrei (8,50). Der cremigen Limetten-Mandel-Gazpacho mit Kokos und Chili merkte man an, dass mit Gewürzen und Aromen viel mutiger umgegangen wird als früher. Auch hier fiel die anmutige Dekoration aus Zitronengras, Blutorange und Limettenscheibe auf (8,50 Euro).

Dumplingfreunde müssen ebenfalls nicht darben. Gut gewürzte Aubergine verbirgt sich in einem wohlgeformten Knusperbeutel auf Carpaccio von Roter Bete neben einem Salat aus Rucola und Belugalinsen (7,50 Euro). Die bissfesten Tortellini in einer fruchtig scharfen Sauce aus Tomaten und Blutorangen, die zwischendrin als Gruß aus der Küche kamen, schmeckten ebenfalls gut.

Wer Angst hat, von veganem Essen nicht satt zu werden, sollte sich vom gebratenen Kräutertempeh eines Besseren belehren lassen. Hier kommt Soja zum Einsatz, aber nicht als Fleisch-Imitat, sondern ganz wohlschmeckend, mit einer Tomaten-Mandel-Kruste und Fenchelgemüse auf Cranberryjus angerichtet. Dazu passte ein feines Kartoffel-Rucola-Püree (16,50 Euro). Cannelloni non Forno sind, wie es der Name schon nahelegt, ein kaltes Hauptgericht, aber auch sehr ansehnlich inszeniert: Zucchiniröllchen sind gefüllt mit Chashew-Basilikum-Creme, dazu gibt es Streifen von Paprika und getrockneten Tomaten und als Krönung Walnussbolognese (17,50 Euro).

Gut gefiel auch der rohe Käsekuchen, ein Special des Tages aus Kokosnuss und Öl mit Blutorange, schmeckte frisch und trotzdem erstaunlich echt (7,50 Euro).

Restaurantchef Jean-Christian Jury kommt ursprünglich aus Frankreich, und dieser Tatsache ist wohl auch die gute Weinauswahl zu danken. Die Bioweine kommen ohne Hilfe von Pestiziden zustande, die Weinberge, von denen sie stammen, werden nur mit organischen und mineralischen Substanzen gepflegt.

Sekt aus dem Elsass wird kalt und comme il faut in schönen Gläsern serviert (0,12 l für 7,50 Euro). Der 2010er Malbec Mendoza Vida Organica entfaltet trotz seiner Jugend schon eine erstaunliche Kraft (22 Euro). Wir staunten über die hochprofessionellen Weinkühlschränke. Genießer sind hier definitiv willkommen, auch die Tee-Auswahl ist gut.

Die Einrichtung des geräumigen Lokals ist geschmackvoll und nicht unaufwendig, nougatfarbene Tischläufer aus Stoff mit passenden Servietten, Laternen mit brennenden Kerzen auf Treppenstufen und Raumteilern, moderne Flachbildschirme unter der Decke, ein angenehmes Beleuchtungssystem. Gut auch, dass die Tische nicht zu eng beieinanderstehen, Wer nur mal kosten will, wie es ist, keine Tiere und nichts von Tieren zu essen, läuft jedenfalls keine Gefahr, den Abend zu verschwenden.

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