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Von TISCH zu TISCH: Saigon Green Lotusstängelsalat und Duftblätterröllchen

Es gibt Abende, da staunt man plötzlich, wie sehr sich Berlin kulinarisch herausgemacht hat in den letzten Jahren. Das kann im Sterne-Restaurant passieren, es kann einem aber auch in einem kleinen vietnamesischen Lokal so ergehen.

Es gibt Abende, da staunt man plötzlich, wie sehr sich Berlin kulinarisch herausgemacht hat in den letzten Jahren. Das kann im Sterne-Restaurant passieren, es kann einem aber auch in einem kleinen vietnamesischen Lokal so ergehen. Auf den ersten Blick ist das Saigon Green eher etwas puristisch eingerichtet. Im Hintergrund dominiert eine grüne Wand mit weißen vietnamesischen und deutschen Begriffen. Auf den weiß glänzenden Tischen strahlen rote Anthurien und weiße, fein durchbrochene Windlichter Lebensfreude aus. Die hölzernen Hocker sehen nur auf den ersten Blick etwas unbequem aus und laden auf den zweiten Blick zu asiatischem Sitzgefühl ein, die bronzefarbenen Wände sind strukturiert wie Blätter, und das Lampendesign ist auch ganz schön gelungen. Der erste eher nüchterne Eindruck verflüchtigt sich rasch, wenn man nur näher hinschaut und die vielen liebevollen Details entdeckt.

Zwei zarte Vietnamesinnen bespielen den Raum rasch und effizient, nur manchmal, wenn sich Fragen zu den exotischen Gerichten erheben, ist die Verständigung schwierig. Der vietnamesischen Küche eilt der Ruf voraus, besonders leicht und rein zu sein, also frische Zutaten mit kurzen Garzeiten so zu kombinieren, dass man davon vergnügt, aber nicht dick wird. Im Laufe des Abends wurde uns wieder einmal klar, wie viel da wirklich dran ist.

Die „Duftblätterröllchen“ stecken an zwei kleinen Holzspießen, es handelt sich um jeweils drei saftige Rindfleischröllchen mit Zwiebeln, Zitronengras und Knoblauch und einer entfernten Anmutung von Fisch, dazu eine Sauce aus frischen Kräutern. „Bo La Lot“ heißt die kleine Köstlichkeit mit knackigem Salat und vielen Sprossen (4,80 Euro). Ganz lecker sind auch die Autumn Rolls, die für uns eher nach Frühling schmecken mit ihren fröhlichen Noten von Minze und Koriander, weiße Röllchen gefüllt mit mariniertem Rindfleisch, Reisnudeln, Gurken und Salat und vor allem wieder einer sehr besonderen Kräutermischung (3,50 Euro).

Der Umgang, den der Koch mit Aromen pflegt, ist nahezu meisterhaft. Die Symphonie der Konsistenzen zwischen knusprig und Zungen streichelnd erinnert von fern fast an die erwähnte Sterne-Küche, wobei sich deren Protagonisten sowieso ihre Anregungen gern in asiatischen Küchen holen, wo Essen nicht nur als Sättigungsakt betrachtet wird, sondern als Ausdruck hoher Lebenskunst.

Sehr schön sind die sanft geschwungenen weißen Schüsseln, in denen die Hauptgerichte serviert werden. Am liebsten möchte man sie alle probieren, wie sie am Tisch vorbeigetragen werden, denn zu den vielen Details, die hier stimmen, gehören auch Düfte und Farbkompositionen. So erweist sich der Lotusstängelsalat als malerischer Aromendschungel, unter dem sich Hühnchen, Reisknusper und süßsaure Sauce verbergen (3,50 Euro).

Eine Schüssel enthält zart gegarte Entenbrust mit angenehm saftigen Kürbisstücken in einer köstlichen Curry-Kokos-Chili-Sauce. Ein Muss für Korianderfans (7,80 Euro). Vegetarier lassen sich hier alle Gerichte auf ihre Bedürfnisse umschneidern.

Zum Nachtisch probieren wir schwarzen Klebereis mit süßer Mangosauce, frischem Joghurt, fleischiger rosa Grapefruit und geröstetem Sesam (4,20 Euro). Auch gut. Noch besser ist der flüssige Nachtisch, ein Shake aus frischem Ingwer, Rotkohl, Passionsfrucht, Limetten und Grasjelly. Die satt rosa Farbe erinnert an einen Bellini, der vielfältig fruchtige Inhalt überzeugt aber als gute Alternative zum Alkohol. Das gilt auch für die üppig mit Früchten verzierte, sprudelig saure hausgemachte Limonade mit Rohrzucker (3,80 Euro) und den Ingwer-Tee mit Honig (2,30 Euro).

Es gibt eine kleine Auswahl an Bieren, darunter auch vietnamesisches. Gut zum Essen passen die südafrikanischen Weine, zum Beispiel ein frischer Sauvignon Blanc für 17,50 Euro.

War dies wirklich mal die Hauptstadt der Schmalzstulle? Dank der vielen Zuwanderer haben wir es weit gebracht.

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