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Panorama: Absturz im Dschungel rätselhaft

Kollidierte Maschinen waren nagelneu

Zwei Tage nach dem Absturz einer brasilianischen Verkehrsmaschine im Amazonasdschungel gab es gestern keine Hoffnung mehr auf Überlebende. An dem unzugänglichen Unfallort im Bundesstaat Mato Grosso landeten Fallschirmspringer der Luftwaffe, um sich ein Bild von dem Unglück zu machen, bevor umfangreiche Rettungsaktionen starten können. Die Fallschirmjäger berichteten von verbrannten und verstümmelten Toten.

Es ist das schwerste Flugzeugunglück in der Geschichte Brasiliens. 155 Menschen kamen ums Leben, darunter ein deutscher Anthropologe, der in Brasilia gelebt hatte. Staatschef Luiz Lula da Silva ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

Die erst zweieinhalb Wochen alte Boeing 737-800 der als sicher geltenden Billigfluglinie Gol muss nach der Kollision mit einem Privatjet senkrecht in den Dschungel gestürzt sein, sagte der Chef der brasilianischen Flughafenbehörde Intraero, Jose Pereira. Der Unfallort liegt in schwer zugänglichem Gelände rund 30 Kilometer östlich des Ortes Peixoto de Azevedo. Ortskundige Indios aus einem nahen Reservat spielen bei den Bergungsarbeiten eine entscheidende Rolle. Die Fallschirmjäger versuchten gestern, Landeplätze für Hubschrauber zu ebnen.

Völlig rätselhaft ist bisher, wie es zum Zusammenstoß der Maschinen kommen konnte, die beide mit einem Kollisionswarngerät ausgestattet waren. Die Boeing unter dem Kommando des mit 14 900 Flugstunden erfahrenen 44-jährigen Flugkapitäns Decio Chaves hatte sich auf einem Linienflug von Manaus nach Brasilia befunden.

Das nagelneue Geschäftsreiseflugzeug Legacy 600, eine Version des Regionaljets ERJ 135, war kurz zuvor am Werksflugplatz der brasilianischen Herstellerfirma Embraer bei Sao Paulo an die US-Charterfluggesellschaft Exelair übergeben worden. Gesteuert von zwei amerikanischen Piloten, befand sich die Maschine auf dem Überführungsflug nach Long Island, New York. Unter den fünf Passagieren an Bord des Legacy befanden sich zwei Vizepräsidenten der Gesellschaft sowie Joe Sharkey, ein Reporter der „New York Times“. Wie dieser seiner Redaktion berichtete, ereignete sich die Kollision völlig überraschend in einer Flughöhe von rund 11 300 Metern. Der Businessjet, der bei dem Zusammenstoß einen Teil der Tragfläche verlor, konnte auf einem nahen Militärflugplatz notlanden.

Die Insassen, die mit dem Schrecken davonkamen, wurden zur Befragung durch die Polizei in die Provinzhauptstadt Cuiba geflogen.

Rainer W. During

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