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Panorama: Ärztin ohne Grenzen

Von Film und Fernsehen in die eigene Praxis: Für Marianne Koch war die Schauspielerei nur ein Abstecher

Im deutschen Film der fünfziger Jahre herrschte kein Mangel an weiblichen Stars. Maria Schell, als „Seelchen“ gefeiert, war die Idealbesetzung fürs große Melodram. Sonja Ziemann, das „Schwarzwaldmädel“, gab den etwas rustikaleren Typ. Ruth Leuwerik stand mit Kurzhaarfrisur und patentem Charme für einen gemäßigten Modernismus. Und Hildegard Knef, die sich als „Sünderin“ sekundenkurz nackt auf der Leinwand gezeigt hatte, war für das Vamphaft-Erotische zuständig. Dann aber tauchte wie aus dem Nichts eine junge Schauspielerin auf, von deren „Natürlichkeit und Anmut“ die Kritiker und das Publikum sofort begeistert waren: Marianne Koch.

Ihre ersten Nebenrollen spielte sie in harmlosen Komödien, Arzt- und Heimatfilmen mit Titeln wie „Dr. Holl“, „Wetterleuchten am Dachstein“, „Liebe und Trompetenblasen“ oder „Skandal im Mädchenpensionat“. Den Durchbruch schaffte sie 1955 in zwei Filmen des damaligen Starregisseurs Helmut Käutner, die heute noch sehenswert sind. In „Ludwig II.“, einer technicolorbunten Ausstattungsorgie über „Glanz und Elend eines Königs“, verlor Marianne Koch als Prinzessin Sophie den von O. W. Fischer dargestellten Märchenherrscher an den Wahnsinn. Und in „Des Teufels General“, einem zwischen Anklage und Entlastung schwankenden Lehrstück über deutsche NS-Schuld, hatte sie sich als naives „Mädel“ in den deutlich älteren Luftwaffengeneral Harras, gespielt von Curd Jürgens, zu verlieben, ohne etwas von dessen Verbindung zum Widerstand zu ahnen. Die Zuckmayer-Verfilmung wurde beim Filmfestival in Venedig gefeiert, Koch bekam einen Bundesfilmpreis.

„Die Schauspielkarriere war ein ungeplanter Abstecher“, sagt Marianne Koch heute. „Ich wusste die ganze Zeit, Schauspielerin zu sein, ist nicht mein Beruf, ich bin da nicht wirklich gut. Ich bin ganz gut zu fotografieren, habe mit anständigen Regisseuren auch ganz anständige Sachen gemacht.“ Die Tochter eines Kaufmanns und einer Pianistin, 1931 in München geboren, hatte nach dem Abitur im Kopierwerk Geiselgasteig gejobbt und war eher per Zufall als Komparsin vor der Kamera gelandet. Bis Anfang der siebziger Jahre drehte sie rund 70 Kinofilme, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Hollywood, England, Frankreich und in Roms Cinecittà. Ihr größter Erfolg: die weibliche Hauptrolle in Sergio Leones Spaghettiwestern „Für eine Handvoll Dollar“, in dem Clint Eastwood als einsamer Rächer mit mexikanischen Gangstern abrechnet.

Als Marianne Koch 1973 abrupt ihre Karriere beendete, war eine private Krise vorausgegangen. Ihr Ehemann, der Arzt Gerhard Freund, mit dem sie zwei Söhne hat, hatte sie nach zwanzig Jahren für ihre beste Freundin Petra Schürmann verlassen. Koch nahm ihr 1955 nach dem Physikum abgebrochenes Medizinstudium wieder auf und eröffnete am Münchner Ostbahnhof eine eigene Praxis als Internistin.

Im Fernsehen blieb sie trotzdem präsent: als Mitglied des Rateteams in Robert Lembkes Quiz „Was bin ich?“, als Werbeträgerin für die Spots eines Gardinenherstellers („die mit der Goldkante“) und als Moderatorin der Talkshow „III nach 9“.

Auf ihr Leben blickt Marianne Koch mit einer Mischung aus Stolz und Skepsis zurück. „Ich war das, was man ein ,liebes Mädchen‘ nannte“, bilanziert sie. „Heute bin ich viel kritischer, kämpferischer.“

Die „Ärztin aus Leidenschaft“ schreibt jetzt populärwissenschaftliche Gesundheitsbücher und engagiert sich in der Deutschen Schmerzliga. Heute feiert sie in Tutzing ihren 75. Geburtstag.

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