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Alkohol-Exzess: Vergiftete Realschüler aus Türkei ausgeflogen

Die zwei Schüler, die nach einem Trinkgelage auf einer Klassenreise in die Türkei ins Koma fielen, werden zurück nach Deutschland gebracht. Ein Mitschüler war an dem Alkohol verstorben. Auch die türkische Seite geht jetzt davon aus, das dieser Methanol enthielt.

Für Anfang April ist es bereits ungewöhnlich warm an der türkischen Sonneküste um Antalya. "Die Urlauber stürmen den Strand", meldete die türkische Presse am Donnerstag. Lufttemperaturen von 25 Grad ziehen viele Touristen an. Doch mit der Harmonie könnte es bald vorbei sein. Noch bevor die Saison richtig begonnen hat, gerät der Ruf der Türkei als sicheres Urlaubsland ins Wanken: Nach der Hamburger Staatsanwaltschaft geht jetzt auch die türkische Seite davon aus, dass das hochgiftige Methanol - und nicht ein extremes Trinkgelage - für den Tod eines deutschen Realschülers in einem Hotel im Ferienort Kemer verantwortlich war.

"Ich hege auch diesen Verdacht", sagte Irfan Erdogan, der Leiter des Privatkrankenhauses Anadolu Hastenesi, am Donnerstag unserer Zeitung. Nun lauten die alles entscheidenden Fragen: Kam das Methanol aus gepanschtem Alkohol? Und wenn ja, wo hatten die deutschen Schüler den schwarzen Schnaps her?

Zwei Mitschüler des Todesopfers Rafael N., deren Zustand nach wie vor kritisch ist, wurden am Donnerstag zur Weiterbehandlung von Antalya nach Deutschland ausgeflogen. Die restlichen vier an der folgenschweren Trinkerei beteiligten Schüler eines Lübecker Schulzentrums waren bereits in den vergangenen Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden. Ihr Zustand hatte sich so weit verbessert, dass sie eine Aussage bei der türkischen Staatsanwaltschaft machen konnten. Und dort widersprachen sie der bisherigen Darstellung, wonach sie den an dem Abend getrunkenen Schnaps außerhalb des Hotels gekauft hätten.

Spekulationen in türkischer Presse

Ob die Version der vier Schüler der Wahrheit entspricht, blieb zunächst unklar. Der Besitzer eines Ladens in der Nähe des Hotels in Kemer hatte laut "Bild"-Zeitung gesagt, er kenne die Deutschen, die bei ihm verschiedene Alkoholika gekauft hätten. Er verkaufe allerdings ausschließlich legale Ware und werde auch regelmäßig von den Behörden kontrolliert. Die Leitung des "Anatolia Beach Hotels", in dem die Schülergruppe aus Lübeck ihren Kurzurlaub verbracht hatte, war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Klinikleiter Erdogan sagte, er wolle nicht darüber spekulieren, ob das Methanol im Blut der Opfer auch aus einer anderen Quelle stammen könne als aus gepanschtem Alkohol. Die türkische Presse hatte in den vergangenen Tagen berichtet, möglicherweise hätten die Deutschen auch Parfüm getrunken.

Bislang keine Festnahmen

In der Türkei gibt es zwar immer wieder tödliche Zwischenfälle mit gepanschtem Alkohol - erst kürzlich starben vier Menschen im nordwesttürkischen Bursa, nachdem sie schwarzgebrannten Raki getrunken hatten. Doch im Fall Kemer stellt sich die Frage, warum sich nur bei den Lübecker Schülern so schwere Folgen zeigten - und nicht bei anderen Urlaubern in der Nähe. Die Staatsanwaltschaft in Kemer erklärte nach Presseberichten, sie wolle die offiziellen Ergebnisse der Autopsie von Rafael N. abwarten, bevor sie weitere Schritte unternimmt. Festnahmen gab es bisher keine.

Unterdessen dürften sich viele türkische Tourismusmanager jedoch bereits ihre Gedanken über die Außenwirkung des Zwischenfalls von Kemer machen. Viele Hotels in der Gegend leben vom All-Inclusive-System, das es Besuchern erlaubt, bei Speis und Trank nach Herzen zuzulangen, ohne sich Sorgen über den Preis zu machen. Gepanschter Alkohol könnte da im wahrsten Sinne des Wortes Gift sein.

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