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Panorama: Alles zeugt von Schuld

Plädoyers in der Berufung des Raserprozesses: Der Oberstaatsanwalt sieht den Angeklagten überführt

Beobachter gaben dem Angeklagten am Montag, dem letzten Prozesstag vor der Urteilsverkündung, nicht mehr viele Chancen: Die Zeugenaussagen im Karlsruher Raserprozess deuten auf die Schuld von Rolf F. Trotzdem hat die Verteidigung am Montag Freispruch für den 35-jährigen Entwicklungsingenieur von Daimler-Chrysler beantragt. Die Staatsanwaltschaft forderte dagegen, die Freiheitsstrafe der ersten Instanz von achtzehn Monaten ohne Bewährung zu bestätigen.

Der Angeklagte Rolf F. war bereits im Februar dieses Jahres vom Amtsgericht Karlsruhe der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden worden. Er soll am 14. Juli 2003 mit hohem Tempo auf eine 21-jährigen Kia-Fahrerin zugefahren sein, die durch eine Schreckreaktion ins Schleudern kam und mit ihrem zweijährigen Kind gegen einen Baum prallte. Beide waren sofort tot. Der Angeklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Die Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe will am Donnerstag das Urteil verkünden.

Übereinstimmend lobten Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage die ausführliche Beweisaufnahme durch die Strafkammer des Landgerichts. Auch der Angeklagte bedankte sich in seinem Schlusswort. „Ich fühle mich fair behandelt“, sagte Rolf. F. wörtlich.

Sein Verteidiger, Georg Prasser, versuchte in seinem Plädoyer die Indizien zu erschüttern. Die Polizei habe sich zu früh auf den Angeklagten Rolf. F. festgelegt und sei anderen Spuren nicht ausreichend nachgegangen. Konkret brachte Prasser den Teamleiter von Daimler-Chrysler ins Spiel, der an diesem Morgen ebenfalls auf der A 5 von Karlsruhe nach Papenburg im Emsland unterwegs war. Aber auch Dienstwagen von Führungskräften seien nicht ausreichend überprüft worden.

Der Anwalt stellte das sichere Wiedererkennen der Scheinwerfer durch Zeugen in Frage, die allein auf den Wagen des Angeklagten passen. Außerdem stellte er Weg-Zeit-Berechnungen an, nach denen der Angeklagte ausscheidet. Rolf F. sei frühestens um 5 Uhr 25 in Sindelfingen losgefahren. Der Unfall habe sich aber einige Minuten vor sechs Uhr zugetragen. Der Angeklagte hätte folglich in 32 Minuten am Unfallort sein und dazu fahren müssen „wie eine gesenkte Sau“. Die Polizei habe bei einer Wiederholungsfahrt mit dem selben Fahrzeugtyp sogar 41 Minuten gebraucht. Auch das Nach-Tatverhalten des Angeklagten sei kein Beweis. Er sei als nervös und als „Sensibelchen“ bekannt. Wenn er sich oft nach den Ermittlungen erkundigt und einen Anwalt angerufen habe, beweise das nichts. Nach allem könne man „keine sicheren Feststellungen über die Täterschaft des Rolf F. treffen“. Der Angeklagte müsse freigesprochen werden.

Oberstaatsanwalt Matthias Marx zufolge rast am Unfalltag ein schwerer dunkler Mercedes mit Tempo 250 über die Autobahn bei Karlsruhe. Er fährt so dicht auf den vorausfahrenden Kleinwagen auf, dass Zeugen den Eindruck haben, der Fahrer wolle den Ford Kia von der linken Spur der Autobahn „schießen“. Die Zeugen beobachten weiter, wie der Kia beim abrupten Spurwechsel ins Schleudern gerät und an einen Baum rast. „Der Fahrer hat es darauf ankommen lassen, er nutzte die Kraft und Gewalt seines Autos aus, um sich Platz zu verschaffen“. Der Oberstaatsanwalt stützte sich entscheidend auf die Zeugen, die einen Böblinger Mercedes beschrieben, der allein auf den Angeklagten passe. Ein versierter Autofahrer habe von Anfang an die zwei getrennten Scheinwerfer auf jeder Seite beschrieben. Der Oberstaatsanwalt: „F. war es.“ Eine Bewährungsstrafe lehnte er auch „nach erneutem Nachdenken“ ab. Gegen Rolf F. spreche zudem, dass er unter einigen Kollegen als Raser gefürchtet gewesen sei und damit geprahlt habe, einmal bei Tempo 300 in einen Geschwindigkeitsrausch verfallen zu sein. Und: F. musste einräumen, zunächst Lügengeschichten über den Zeitpunkt seiner Abfahrt in Sindelfingen aufgetischt zu haben. Das letzte Wort hat am Donnerstag der Richter.

Rolf F. bestreitet bis zuletzt, der Unglücksfahrer zu sein. Verena Assmann, Mutter und Großmutter der bei dem Unfall Getöteten, verfolgt die Plädoyers.

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