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Panorama: Alles zieht vorbei

Umweltschützer beruhigen: Die gewaltige Rußwolke bei London hat keine nachhaltigen Auswirkungen

Von Andreas Oswald

Die Bilder waren schockierend. Ein riesiges schwarzes Wolkendach erstreckte sich über weite Teile Englands. Auch die Satellitenbilder zeigten einen deutlich sichtbaren schwarzen Fleck, der eine große Fläche nördlich von London bedeckte (kleines Bild unten).

Die Bewohner der Ortschaften unter dieser Rußwolke mussten in ihren Häusern bleiben. Der Ruß und die Dämpfe sind gesundheitsschädlich, wenn sie eingeatmet werden.

Die Explosion eines der größten Treibstofflager Europas, bei dessen Ausbrennen vermutlich mehr als 150 000 Tonnen Treibstoffe verbrannten, wirft die Frage auf, welche Folgen ein solches Unglück für die Umwelt hat. Und es stellt sich die Frage, ob der Ruß und das Kohlendioxid jetzt nach Deutschland geweht werden.

Ein Expertenteam des britischen Wetteramtes flog am Montagabend durch die Rauchwolke, um Messungen vorzunehmen. Dabei wurde nach Angaben von Leiterin Clare Lee nur Ruß registriert. Auch die Tests auf etwaige Asbestspuren im Rauch seien negativ ausgefallen. Dies bedeute, dass keine Gesundheitsgefahr durch Giftstoffe – außer durch Ruß – bestehe.

Sowohl Umweltschützer als auch die Meteorologen gaben am Dienstag Entwarnung. Der Wind aus nördlicher Richtung wehte die Rußwolke nach Süden über den Kanal zum Atlantik, wie Florian Hirschmann von meteoXpress sagte. Dabei wurden zwar Frankreich und Spanien möglicherweise gestreift, „aber diese Länder dürften nichts abbekommen haben“. Die Rußkonzentration wurde durch Verwirbelungen so stark vermindert, dass auf den Satellitenbildern nichts mehr zu sehen war. Zudem seien die Rußpartikel bei der Verbrennung flüssiger fossiler Stoffe ohnehin außerordentlich klein.

Da es keinen Regen gab, der den Ruß über England in die Erde spülte, scheinen die Engländer Glück im Unglück gehabt zu haben.

Auch die Naturschützer vom deutschen BUND schätzen die Gefahr für Umwelt und Gesundheit eher als gering ein. Vergleiche wie die brennenden Ölfelder im ersten Irak-Krieg seien fehl am Platz. Damals ging es um ganz andere Mengen, als ganze Ölfelder wochenlang brannten. BUND-Sprecher Rüdiger Rosenthal sagte, der Schaden für die Umwelt in England sei nur schwer zu bestimmen, weil sich die Wolke verflüchtige. Grundsätzlich ist sowohl der Ruß gesundheitsschädlich als auch das bei der Verbrennung frei werdende Kohlendioxid. Doch verteile sich beides sehr großflächig in der Atmosphäre. Bedenklich sei natürlich, dass jetzt eine große Menge Kohlendioxid zusätzlich in die Atmosphäre gelangt sei, wo es doch gerade derzeit – auch im Zusammenhang mit der Klimakonferenz in Montreal – Bemühungen gebe, den Ausstoß dieses klimaschädlichen Gifts einzuschränken.

Agenturmeldungen zufolge konnten am Dienstagabend die letzten Feuer des Treibstofflagers gelöscht werden. Dabei wurden 15 Millionen Liter Wasser und 250 000 Liter Löschschaum verbraucht.

Nach wie vor gehen die Ermittler von einem Unfall aus, es gibt weiterhin keine Hinweise auf einen Terroranschlag.

Die Frage nach der Sicherheit solcher Lager beschäftigt jetzt auch die Bundesregierung. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel bat die Kommission für Anlagensicherheit (KAS), kurzfristig zu prüfen, ob sich aus der Brandkatastrophe in England „Handlungsbedarf für deutsche Tanklager ergibt“, teilte das Ministerium am Dienstag mit.

Die Kommission solle anhand der ihr zur Verfügung stehenden Informationen abwägen, ob das gesetzliche und technische Regelwerk für den sicheren Betrieb der Tanklager ausreiche oder ergänzt werden sollte. Für die Überwachung selbst seien allein die Länder zuständig. Die Kommission für Anlagensicherheit ist die Nachfolgeorganisation der Störfall-Kommission und des Technischen Ausschusses für Anlagensicherheit. In ihr sitzen Vertreter von Bundes- und Landesbehörden, aber auch von Umweltverbänden, Gewerkschaften sowie Sachverständige.

Auch in London wird sich eine Kommission der britischen Regierung mit den Ursachen beschäftigen.

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