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Amoklauf: Scheindebatte um "Killerspiele"?

Edmund Stoiber will eine Bundesratsinitiative zum Verbot von "Killerspielen" einbringen. Der Bund Deutscher Kriminalisten (BDK) warnt indes nach dem Amoklauf eines Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen vor einer "politischen Scheindebatte".

Berlin - Wie nach dem blutigen Schulmassaker vor mehr als vier Jahren in Erfurt werde erneut von allen Seiten der Ruf nach einem Verbot von so genannten Killer- und Gewaltspielen laut, kritisierte der BDK-Bundesvorsitzende Klaus Jansen. "Eine solche Forderung klingt zwar schön, ist jedoch kaum durchsetzbar", betonte er.

Notwendig sei vielmehr eine Ursachensuche und Bestandsaufnahme. "Die Gesellschaft sollte sich die Frage stellen, warum die Zahl der Gewaltdelikte junger Leute in vielen Bundesländern in den vergangenen Jahren teils zweistellig gestiegen ist", sagte der BDK-Chef. Nach Erfurt sei die Gesellschaft nicht sensibler geworden, und es habe sich nichts geändert.

Mehr Prävention gefordert

Immer öfter agierten Jugendliche "mit einer erschreckenden Gefühlskälte und völlig emotionslos". Als Beispiele nannte Jansen die Tötung eines 20-jährigen Häftlings in der Justizvollzugsanstalt Siegburg und die Ermordung einer 13-jährigen Schülerin durch einen 15-Jährigen wegen eines MP3-Players.

Die Kinder und Jugendlichen müssen nach Ansicht des BDK-Vorsitzenden mit ihren Problemen ernst genommen werden. Dies beginne in den Elternhäusern und setze sich in der Schule fort. Die Lehrer müssten während des Unterrichts "mehr Hinsehen und mehr Hinhören". Es gehe nicht "um Denunziantentum, sondern um rechtzeitige Hinweise auf ein Abgleiten von Außenseitern". Zugleich sollten Angebote wie Anti-Gewalttraining erweitert werden. "Wer jetzt über die Kosten hierfür klagt, ist sich nicht bewusst, dass später die Folgekosten viel höher liegen", sagte Jansen.

Stoiber fordert Verbot

Nach dem Amoklauf in einer Schule in Nordrhein-Westfalen will Bayern erneut eine Bundesratsinitiative zum Verbot von so genannten Killerspielen einbringen. "Sie animieren Jugendliche, andere Menschen zu töten", sagte Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) nach einer Kabinettssitzung in München.

Es dürfe deshalb "keine Ausreden und Ausflüchte mehr geben", verlangte Stoiber, dessen entsprechende Initiativen in den vergangenen sieben Jahren bereits mehrfach auf Bundesebene abgeschmettert worden waren. Bereits 1999 habe der Freistaat nach dem Amoklauf von Bad Reichenhall erstmals ein Verbot von "Killerspielen" angestoßen.

Lehrerverband betont Vorbildrolle der Eltern

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, warnte ebenfalls vor wachsender Gewalt in Filmen und Videospielen. "Brutale Computerspiele und Videofilme gaukeln Jugendlichen den schnellen Sieg des Stärkeren vor", schreibt Kraus in der "Bild"-Zeitung. Er betonte: "Auswege für den Verlierer bieten sie nicht." Kraus kritisiert zudem den Werteverfall in der Gesellschaft: "Drogen, Konsum, Spaß sind die einzigen Werte, die Pop- und TV-Stars noch vermitteln." Von Eltern und Lehrern verlangte er, ihren Kindern durch eigenes Handeln ein positives Zukunftsbild zu vermitteln. (tso/ddp)

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