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Lahmgelegt: Zwischen Berlin und Hamburg geht teilweise nichts mehr auf der Schiene.

© dapd

Update

Anschläge bei der Bahn: Linksextremisten legen Verkehr lahm

Wegen des Brandanschlags auf einen Kabelschacht der Deutschen Bahn ist der Zugverkehr in der Region noch bis Mittwoch eingeschränkt. Die Polizeigewerkschaft zieht Vergleiche zum RAF-Terror.

Nach einem Brandanschlag auf einen Kabelschacht der Deutschen Bahn geht so gut wie nichts mehr auf der Strecke zwischen Berlin und Hamburg. Voraussichtlich können die Züge dort erst wieder ab Mittwoch nach Plan fahren.

Im linken Internetforum "Indymedia" haben sich heute früh Linksextremisten zu dem Anschlag in einer geposteten Presseerklärung bekannt. Weil die Bundeswehr seit zehn Jahren "Krieg in Afghanistan ohne Zustimmung der Bevölkerung" führt, sei dies Anlass, die Bahn und die Telekommunikation zu sabotieren und die "Hauptstadt Berlin" in den Pausenmodus zu zwingen. Unterschrieben ist die Erklärung mit "Das Hekla-Empfangskommitee - Initiative für mehr gesellschaftliche Eruptionen".

Der Name ist eine Anlehnung an die isländischen Vulkane. Ein ähnlicher Anschlag hatte Ende Mai den S-, Regional- und Fernbahnverkehr am Ostkreuz lahmgelegt. Damals hatte sich eine linke Gruppe unter dem Namen "Das Grollen des Eyjafjallajökull" ebenfalls nach einem isländischen Vulkan benannt. Die Bundespolizei hat die Ermittlungen mittlerweile an das Landeskriminalamt Brandenburg übergeben. Aufgrund des Bekennerschreibens im Internet sei eine politische Tatmotivation nicht ausgeschlossen. "Ein Zusammenhang mit dem Anschlag am Bahnhof Ostkreuz im Mai ist nicht auszuschließen. Wir prüfen das noch", sagte LKA-Sprecher Toralf Reinhardt. Die Spurensicherung am Tatort sei mittlerweile abgeschlossen. "Jetzt werden noch Umfeldermittlungen und Zeugenbefragungen gemacht", sagte Reinhardt.

Wegen des Anschlags wurden – und werden – die Fernzüge über Stendal geführt, wodurch sich die Fahrzeiten teils um mehr als eine Stunde verlängern. Im Regionalverkehr mussten Fahrgäste in Busse umsteigen, wobei sie häufig über eine unzureichende Information klagten. Außerdem kam es wegen der begrenzten Buskapazitäten für den Ersatzverkehr zu erheblichen Engpässen. „Wir können uns dafür nur entschuldigen, aber anders als bei geplanten Baumaßnahmen haben wir in einem solchen Fall nicht Busse zu Hauf bereitstehen“, sagte Bahnsprecher Burkhard Ahlert. Die Bahn verurteile den Anschlag.

Am Nachmittag brach auch noch das Auskunfts- und Buchungssystem der Bahn im Internet zusammen. Einen Zusammenhang mit den Anschlägen habe es nicht gegeben, sagte ein Sprecher am Abend.

Der stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Patrick Döring (FDP), forderte die Bundesregierung auf, in den Ausschüssen die Sicherheitslage bei der Bahn zu erläutern.

Die Brandstifter hatten ihre Anschläge gut geplant. Das erste Mal schlugen sie kurz vor vier Uhr in Brandenburg zwischen den Bahnhöfen Brieselang und Finkenkrug zu: Sie entfernten die Abdeckung der Kabelschächte links und rechts der Gleise und deponierten die Brandsätze mit einem Zeitzünder. Nur einer von beiden zündete und zerstörte die Signalkabel, so dass der Bahnverkehr auf der Strecke Berlin-Hamburg zum Erliegen kam. Die Züge des Fernverkehrs wurden über Stendal und Wittenberge umgeleitet. Züge Richtung Norden hatten zum Teil 90 Minuten Verspätung. Den Fahrgästen im Zug wurde die Umleitung lediglich mit „Vandalismus an der Strecke“ erklärt.

Einen dritten Anschlag mit nahezu identischer Vorgehensweise gab es im November 2010. Damals zündeten Castorgegner kurz vor einem Atommülltransport ins Wendland in Neukölln mehrere Kabelschächte der Ringbahn an. Das Feuer verursachte ein S-Bahn-Chaos in der ganzen Stadt. In einem Selbstbezichtigungsschreiben wurde die Deutsche Bahn als „Profiteur der Atommafia“ bezeichnet.

Die Gewerkschaft der Polizei verglich die Attacken am Montag mit dem Terror der Roten Armee Fraktion (RAF). „Auch der RAF-Terror hat mit der verharmlosenden so genannten Gewalt gegen Sachen begonnen. Später wurden Menschen ermordet“, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Bernhard Witthaut. Er fordert mehr Personal für Verfassungs- und Staatsschutz, um gegen „linksextremistische Gewalttaten“ vorzugehen.

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