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Verbeugung vor der arabischen Kultur. Jennifer Grout in der Castingshow.

© dpa

„Arabs Got Talent“: US-Sängerin Jennifer Grout begeistert die Araber

An diesem Sonnabend tritt die amerikanische Sängerin Jennifer Grout im Finale der Show „Arabs Got Talent“ auf. Sie hat in den ersten Runden die Araber mit traditionellen arabischen Liedern begeistert. Sehen Sie hier auch ein Video.

Sie spricht kaum Arabisch und singt doch die schwierigsten Klassiker des Nahen Ostens. Sie kommt aus den USA und könnte am heutigen Sonnabend Siegerin der Castingshow „Arabs Got Talent“ werden. Die 23-jährige Jennifer Grout aus Cambridge, Massachusetts, blond, schlank, hübsch, ein Vorzeigegesicht Amerikas, steht an diesem Abend im Finale der Castingshow, die im gesamten arabischen Raum ausgestrahlt wird.

So lange habe der Nahe Osten den Westen imitiert, sagt die libanesische Sängerin Najwa Karam in der Jury, als sie Jennifer das erste Mal singen hört. Nun trage zum ersten Mal ein amerikanisches Mädchen ohne Beziehungen zur arabischen Welt traditionelle arabische Lieder vor.

Sie kann gar kein arabisch. Oder tut nur so, als ob sie es nicht kann.

Die ersten Minuten waren nicht leicht: Als Jennifer vor einigen Monaten das erste Mal die Bühne der Castingshow betritt, erntet sie zunächst Gelächter. Ungeschminkt und schüchtern steht sie da. Auf die Frage nach ihrem Namen von Jurymitglied Achmed Helmy, einem ägyptischen Schauspieler, antwortet sie nur „Excuse me?“. Jennifer spricht kaum Arabisch. Nach einem kurzen Wortwechsel dann das Zeichen, dass sie loslegen kann. Jennifer stimmt auf der Ud an – der traditionellen arabischen Gitarre. Noch glaubt das Publikum an eine Blamage.

Verneigung vor der arabischen Tradition

Doch nach wenigen Sekunden die überraschende Wendung. Jennifer singt das Lied „Fern von Dir“ der ägyptischen Diva Umm Kalthum. Die 1975 verstorbene Sängerin ist ein Nationalsymbol und auch im restlichen arabischen Raum eine Legende. Ihre Lieder sind selbst für Muttersprachler schwer zu interpretieren. Viermal ein „Ja“ der Jury – für Jennifer geht es in den nächsten Monaten gewaltig aufwärts. Sie singt sich von Show zu Show und überzeugt Jury und Publikum. Auch den Viertelton, ein Charakteristikum der orientalischen Musik, beherrscht die Sängerin perfekt. Im Sprachenlernen, sagt sie laut Medienberichten, sei sie zwar nicht so gut, könne aber sehr leicht Akzente aufschnappen.

Ihr Talent für die Musik kommt nicht von ungefähr. Jennifer wächst im US-Bundesstaat Massachusetts in einer Musikerfamilie auf, lernt bereits im Alter von fünf Jahren Violine und Klavier zu spielen, nimmt Gesangsunterricht. Später studiert sie im kanadischen Montreal Musik. Vor drei Jahren stößt sie im Internet auf einen Artikel über die libanesische Sängerin Fairouz. Deren einzigartig bezaubernde Stimme ist noch heute täglich in Radiosendern vom Irak bis Marokko zu hören. „Das hat mich fasziniert und ich beschloss, die arabische Musik zu erkunden.“ Die Musikstudentin bestellt sich eine Ud aus Syrien und macht sich mit den Chansons von Umm Kalthum vertraut. Auch das Repertoire des syrischen Stars der 30er und 40er Jahre, Asmahan, oder des ägyptischen Sängers und Komponisten Mohammed Abdel Wahab eignet sich Grout an.

Die Sängerin aus Boston probt mit einem arabischen Lautenspieler.
Die Sängerin aus Boston probt mit einem arabischen Lautenspieler.

© dpa

Sie beginnt, in einem syrischen Café in Montreal zu spielen und zieht Medienberichten zufolge nach dem Ende ihres Studiums im vergangenen Jahr nach Marokko, wo sie nicht nur mit lokalen Größen Musik macht, sondern auch zwei CDs aufnimmt. Jennifer Grout fällt bei „Arabs Got Talent“ also gleich doppelt aus dem Rahmen: Weil sie Amerikanerin ist und weil sie in einer Talentshow, wo fast nur Popmusik interpretiert wird, traditionelle Lieder singt. Sie probt in den Studios des Senders MBC, der die Fernsehshow im nördlichen Beiruter Stadtviertel Zouk Mosbeh ausrichtet. Sie nutzt Musikvideos auf YouTube als Vorbild. Arabischsprachige Freunde geben ihr aber den letzten Schliff.

In den sozialen Netzwerken der arabischen Länder ist die Seiteneinsteigerin ein großes Thema. Die meisten Kommentare sind voll des Lobs. Doch Grout muss auch Kritik aushalten: Sie solle doch zurück nach Amerika und die Show denjenigen überlassen, für die sie gedacht sei. Auch Skeptiker melden sich zu Wort, die nicht glauben können, dass sie kein Arabisch spricht. „Das ist doch nur ein Werbegag des Senders“, lautet ein Kommentar auf YouTube. Aber Grout winkt ab und setzt ganz auf ihre Darbietung, um auch die Ungläubigen zu überzeugen.

Grout hat in den vergangenen Wochen eine Wandlung durchgemacht. In der Sendung, die sie ins Finale bringt, steht sie ohne Instrument auf der Bühne, ist geschminkt und trägt ein blaues Kleid. Künstlicher Wind bläst ihr durch das Haar, sie ist umgeben von Tänzern – eine Show, wie sie eigentlich nicht zu ihr passt.

Sollte sie im Televoting der Zuschauer das Finale der aktuellen Staffel von „Arabs Got Talent“ gegen noch elf verbliebene Mitbewerber gewinnen, hofft Jennifer Grout auf das Medienecho, um ihre Leidenschaft zum Beruf machen zu können. „Dann warte ich auf Angebote und mit etwas Glück kann ich Konzerte geben. Das ist wirklich das, was ich gerne mein ganzes Leben lang machen würde.“ mit AFP

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