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Archäologie: Des Rätsels Lösung

Wie kamen die tonnenschweren Steinquader der großen ägyptischen Pyramiden überhaupt nach Giseh? Ein Archäologen-Team kann jetzt zumindest einen Teil der Reise nachvollziehen.

Assuan - Wie haben die Arbeiter im Alten Ägypten nur all diese schweren Steinblöcke dort hinaufgezogen? Das ist wohl eine der häufigsten Fragen, die sich Archäologen wie Laien beim Anblick der großen Pyramiden von Giseh gestellt haben. Doch wer weiß, dass ein Teil dieser Steinquader aus dem rund 900 Kilometer weiter südlich gelegenen Assuan stammt, der fragt sich außerdem, wie diese rosagraufarbenen, tonnenschweren Granitblöcke damals überhaupt bis zu den stolzen Bauwerken der Pharaonen nach Giseh transportiert wurden.

Der Archäologe Cornelius von Pilgrim und sein Team kann jetzt zumindest einen Teil der Reise dieser Steine nachvollziehen. Denn die Forscher des Schweizerischen Instituts für Ägyptische Bauforschung und Altertumskunde haben in Assuan erstmals eine Rampe gefunden, über die möglicherweise einst genau der Granit herunter zum Nil gezogen wurde, der in Giseh verwendet wurde. Denn sowohl die Pyramiden als auch die Rampe stammen aus der 4. Dynastie (etwa 2639 - 2504 v. Chr.).

Diese Rampe war mindestens drei Meter breit und musste wegen des Nil-Hochwassers jedes Jahr aufs Neue ausgebessert werden. Sie führte vom damaligen Ufer, das heute mitten in der modernen Stadt Assuan liegt, hinter bis zu einer hohen Sandbank, überquerte diese und endete dann vermutlich an einer Stelle, an der die Fähren oder Boote anlegten, mit denen der Granit dann gen Norden gebracht wurde. «Wie diese Boote genau aussahen oder wie viele Granitblöcke damit auf einmal transportiert werden konnten, wissen wir nicht», erklärt Pilgram. Die Sandbänke, die später durch den Bau des Assuan-Staudammes verschwanden, kennt man dagegen von alten Fotos.

Die Forscher gehen davon aus, dass die Steinblöcke zu Zeiten der 4. Dynastie Findlinge waren, also nicht aus einem Steinbruch stammten, so wie es später üblich wurde. Diese Granitstücke wurden dann hinunter zum Fluss gebracht, nur grob behauen und dann über die Rampen, von denen es in Assuan mehrere gegeben haben muss, gezogen. Dabei ist es nach Ansicht der Archäologen gut möglich, dass man die Rampe zuvor mit Nilschlamm glitschig machte, damit der Stein besser rutscht. Eine ungefähre Vorstellung von der Größe dieser Quader hat man, weil die Forscher bei ihrer Grabung in der gleichen Schicht auch einen dieser Granitblöcke mit einem Durchmesser von 2 mal 1,5 Metern gefunden.

Die Arbeiter, die diese schweren Blöcke damals mit Seilen schleppen mussten, wohnten wahrscheinlich in ärmlichsten Behausungen direkt neben der Rampe. Jedenfalls fanden die Archäologen Reste von Unterständen, die als einfache Unterkünfte gedient haben mögen.

Die Forscher in Assuan sind sehr glücklich über ihren Fund, doch wie immer bei so genannten Notgrabungen, die innerhalb weniger Wochen beendet werden müssen, bevor auf dem Gelände neu gebaut wird, ging es hektisch zu. Vor allem, wenn das Gelände, auf dem gegraben wird, mitten im Stadtzentrum liegt, in diesem Fall an der so genannten «Zitronenecke» im Marktviertel von Assuan. «Einer unserer ägyptischen Arbeiter hat uns auf den Platz aufmerksam gemacht», erinnert sich Von Pilgrim, der mit seinem Team Mitte November vergangenen Jahres die Erlaubnis bekam, hier zu graben.

Inzwischen bedeckt ein Betonfundament die Baugrube. Ein mindestens sechsstöckiges Gebäude soll hier entstehen, inmitten von Tomatenhändlern, Gewürzständen und alten Männern, die Zitronen verkaufen. «Zwei Kilo Zwiebeln für ein Pfund (14 Cent)», schreit ein Junge und Polizisten passen auf, dass niemand in die Nähe des schon zum Teil eingestürzten Gebäudes am Rande der Baugrube kommt. Denn das Zeug dafür, nach Jahrtausenden fast unversehrt wieder aufzutauchen, haben die meisten modernen ägyptischen Bauten nicht. (Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa)

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