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Tutanchamun

© dpa

Archäologie: Tutanchamuns Eltern waren wohl Geschwister

Genetische Fingerabdrücke der Königsfamilie führen zu aufsehenerregenden Ergebnissen - und markieren die Geburtsstunde einer "molekularen" Ägyptologie, die neues Licht ins Dunkel der Geschichte bringen dürfte.

Schon zu Lebzeiten wurde der ägyptische Pharao Tutanchamun als Gott verehrt. Aber den jungen Herrscher, der nach neun Jahren Regentschaft mit erst 19 Jahren etwa 1324 v. Chr. starb, plagten genauso wie seine Verwandten zahlreiche höchst irdische Leiden, darunter etliche Knochenprobleme und eine schwere Form der Malaria. Das ergab eine Untersuchung der Mumien von Tutanchamun und der königlichen Familie, bei der neben Röntgenaufnahmen Erbgut-Tests zum Zuge kamen. Mit dem genetischen Fingerabdruck war es möglich, die elf Mumien einem Stammbaum Tutanchamuns zuzuordnen und den Körper seines Vaters Echnaton zu identifizieren. Dabei stellte sich heraus, dass Tutanchamuns Eltern vermutlich Geschwister waren.

Das berichtet ein internationales Forscherteam unter Leitung von Zahi Hawass, dem Chef der ägyptischen Altertümer, und dem deutschen Humangenetiker Carsten Pusch von der Universität Tübingen im Mediziner-Fachblatt „Jama“.

Seit Howard Carter das Grab Tutanchamuns im Jahr 1922 praktisch unversehrt entdeckte, wird immer wieder über die Krankheiten und den Tod des jungen Pharao spekuliert. Die Darstellungen Tutanchamuns suggerieren überlange Gliedmaßen, feminines Aussehen und eine Entwicklung der männlichen Brustdrüse. Sein Tod wurde auf eineVerletzung, Blutvergiftung, eine Fettembolie nach einem Oberschenkelknochenbruch und auf Mord durch Schlag auf den Hinterkopf oder Gift zurückgeführt.

Die Studie zeichnet ein anderes Bild. Der Fund von Genen des Malaria-Parasiten Plasmodium falciparum auf Tutanchamuns Mumie legt den Verdacht nahe, dass er an Malaria tropica litt, ebenso wie drei weitere Mitglieder der königlichen Familie. Außerdem hatte er links einen leichten Klumpfuß, wobei der zweite und dritte Mittelfußknochen teilweise abgestorben waren. Medizinisch spricht man von einem Freiberg-Köhler-Syndrom. Der Pharao war gehbehindert, wofür auch die 130 Stäbe und Krücken sprechen, die Carter in seinem Grab fand. Zusätzlich zu den Fußproblemen könnte ein sturzbedingter Bruch des Oberschenkelknochens gemeinsam mit der Malaria den Tod herbeigeführt haben, vermuten die Forscher.

Mit Hilfe des Erbgut-Profils konnten die Wissenschaftler die zum Teil bisher nicht identifizierten Mumien nun plausibel historischen Personen zuordnen. Wie die Untersuchung der Erbsubstanz ergab, waren Tutanchamuns Eltern offenbar Geschwister, Echnaton und eine jüngere Frau, möglicherweise Nofretete. Weitere Mumien wurden den Großeltern Amenhotep III. und seiner Frau Tiye sowie den Urgroßeltern Yuya und Thuya zugeordnet, den Eltern Tiyes.

Die Ergebnisse markieren die Geburtsstunde einer „molekularen“ Ägyptologie, die neues Licht ins Dunkel der Geschichte bringen dürfte. Man muss jedenfalls kein Gottkönig sein, um weitere spektakuläre Resultate vorherzusagen.

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