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In Gefahr. Weil Tiger fast ausgestorben sind, werden jetzt verstärkt Löwen gejagt, deren Knochen von asiatischen Betrügern als Tigerknochen verkauft werden.

© REUTERS

Artenschutz: Kampf ums Tier

Die Lage vieler bedrohter Arten hat sich weiter verschlechtert – aber es gibt einige positive Ausnahmen.

Das dramatische Massensterben von Tier- und Pflanzenarten wird auch im neuen Jahr ungehindert weitergehen. Eberhard Brandes, Geschäftsführer des WWF-Deutschland, sagt: „Die Menschheit lebt über ihre Verhältnisse. Eine Folge davon ist der dramatische Verlust der Artenvielfalt.“ In Deutschland sind 28 Prozent aller Wirbeltiere gefährdet, sieben Prozent sind bereits ausgestorben und 72,5 Prozent aller Ökosysteme in Deutschland sind geschädigt. Daran hat auch die bereits 2007 beschlossene Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt bisher wenig ändern können, wie dem aktuellen Rechenschaftsbericht der Bundesregierung zu entnehmen ist, der noch kurz vor der Bundestagswahl veröffentlicht worden war. Für einige der populärsten Tierarten der Welt war 2013 ein besonders schlechtes Jahr. Die Wildereikrise, die vor allem durch die noch immer steigende Nachfrage nach Nashorn in Vietnam angetrieben wird, hat die Tierart dem Aussterben noch einen Schritt näher gebracht.

Die asiatischen Nashornarten existieren nur noch in so kleiner Zahl, dass sie in freier Wildbahn kaum überleben werden. In Afrika gibt es dagegen nach WWF-Angaben noch etwa 25 000 Nashörner, allein 20 000 davon in Südafrika, das jahrzehntelang in den Schutz der Nashörner investiert hat. Doch allein in Südafrika sind 2013 mehr als 900 Nashörner getötet worden.

Den Elefanten geht es kaum besser. Noch rund 450 000 Elefanten leben in ganz Afrika. 2013 sind mehr als 22 000 wegen des Elfenbeins abgeschlachtet worden. Hier ist vor allem China der wichtigste Markt für die Stoßzähne. Seit 2010 liegt damit die Wildereirate bei Elefanten höher als die natürliche Fortpflanzungsrate der größten Landsäugetiere.

Auch die Großkatzen der Welt haben es schwer, zu überleben. Die Zahl der Löwen in Afrika ist in 20 Jahren um 30 Prozent gesunken. Rund 32 000 sollen auf dem ganzen Kontinent noch leben. Die Löwen leiden vor allem darunter, dass es immer wieder zu Konflikten mit Viehzüchtern kommt, denen auf dem ganzen Kontinent wegen der wachsenden Bevölkerung, einer immer intensiveren Nutzung von Land für den Ackerbau und wegen des Klimawandels immer weniger Weidegründe für ihr Vieh zur Verfügung steht. Für Löwen gehen solche Konflikte oft tödlich aus. Den Löwen setzt aber auch zu, dass ihr Skelett dem von Tigern sehr ähnlich ist. Tom Milliken, der für die vom WWF und der Weltnaturschutzunion IUCN gegründete Artenschutzorganisation Traffic in Simbabwe arbeitet, berichtet, dass immer öfter Löwenknochen als Tigerknochen auf dem chinesischen Markt verkauft werden.

Das Auerhuhn hat bei uns bessere Chancen, weil im Nordschwarzwald ein Nationalpark entstehen soll. Dort gibt es noch ein paar hundert Auerhühner.
Das Auerhuhn hat bei uns bessere Chancen, weil im Nordschwarzwald ein Nationalpark entstehen soll. Dort gibt es noch ein paar hundert Auerhühner.

© IMAGO

Weil es inzwischen bedrohlich wenige Tiger gibt, jubeln mehr und mehr Händler ihren Kunden Löwenknochen unter. Bei den Großkatzen gibt es nur wenige gute Nachrichten. So haben sich Luchse wieder in einigen deutschen Mittelgebirgen erholen und festsetzen können. Der WWF berichtet zudem, dass durch die Schaffung neuer Naturschutzgebiete in Russland der extrem gefährdete Amur-Leopard eine positive Entwicklung auf niedrigstem Niveau nimmt. 2008 seien noch 30 Amur-Leoparden gezählt worden, 2013 seien es immerhin 50 gewesen. Das sind allerdings noch immer viel zu wenige, um die Art dauerhaft zu erhalten.

Zu den Gewinnern des Jahres 2013 zählt der WWF das bestandsgefährdete Auerhuhn und das eigentlich ausgestorbene Wisent. Im Rothaargebirge sind in diesem Jahr erstmals Wisente ausgewildert worden. In Polen hat sich die große Rinderart in ausgedehnten Wäldern gehalten. In Deutschland bemühen sich mehrere Naturschutzorganisationen, auch die Sielmann-Stiftung beispielsweise, darum, Wisente wieder heimisch zu machen. Die großen Pflanzenfresser haben eine Leerstelle in den Ökosystemen in Deutschland hinterlassen. Nahezu jede Landschaft wuchert binnen kurzer Zeit mit Büschen und später Bäumen zu, wenn es keine großen Pflanzenfresser gibt, die Lichtungen frei halten. Ohne sie müssen Bauern für solche Ökosystemdienstleistungen dauerhaft bezahlt werden, um Heidelandschaften oder Graslandschaften zu erhalten.

Das Auerhuhn zählt der WWF deshalb zu den Gewinnern, weil Baden-Württemberg im November beschlossen hat, im Nordschwarzwald einen Nationalpark zu errichten. Dort gibt es noch ein paar hundert Auerhühner. Eine weitere Gewinnerart verdankt ihre immer weitere Ausbreitung allerdings nicht den Naturschutzbemühungen in Deutschland: die asiatische Tigermücke. Das unerwünschte Insekt, das unter anderem das Dengue-Fieber, das Chikungunya-Fieber und das WestNil-Fieber übertragen kann, breitet sich von Süddeutschland aus immer weiter nach Norden aus – eine Folge des Klimawandels. Die bisher in Deutschland entdeckten und untersuchten Tigermücken haben das Dengue-Virus zwar nicht getragen. Doch das Risiko, dass sich solche unheilbaren oder schwer heilbaren Tropenkrankheiten nicht mehr nur als eingeschleppte Mitbringsel von Urlaubsreisen aus entfernten Ländern ausbreiten, wächst.

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