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Attentatspläne: Polizei lässt Kölner Schüler frei

Überraschende Wendung im Fall des geplanten Amoklaufs in Köln: Der Schüler, der in Köln ein Attentat auf Schüler und Lehrer des Georg-Büchner-Gymnasiums mitgeplant haben soll, ist freigelassen worden. Bei seiner Vernehmung machte der 18-Jährige klar, dass die beiden das Vorhaben bereits vor Wochen aufgegeben hätten.

Wie der Kölner Staatsanwalt Alf Willwacher sagte, hatten die beiden Schüler offenbar von ihrer für Dienstag geplanten Tat bereits vor dem Eingreifen der Polizei Abstand genommen. Der 18-Jährige Schüler habe während seiner Vernehmung erklärt, dass er dem 17-jährigen Mitschüler mitgeteilt habe, dass er sich nicht an der Tat beteiligen wolle. Daraufhin habe dieser das Vorhaben ganz fallen gelassen, weil er die Tat nicht allein habe begehen wollen. Der Schüler wolle sich nun freiwillig in psychiatrische Behandlung begeben.

NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU) besuchte heute die Schule. Es gehe nun darum, den Schülern und Lehrern zur Seite zu stehen und ihnen Unterstützung zu bieten, sagte die Ministerin. Psychologen und Notfallseelsorger boten deshalb ihre Hilfe an. Sommer lobte zugleich das Verhalten von Schülern und Lehrern, die durch ihr rechtzeitiges Reagieren vermutlich Schlimmeres verhindert hätten. Der Unterricht an dem Gymnasium fiel heute aus. Das Ordnungsamt der Stadt sperrte das Gebäude für die Öffentlichkeit ab.

Mitschüler waren im Internet in einem Schülerforum auf fünf Fotos des Massakers an der Columbine-Highschool in den USA von 1999 gestoßen, die der 17-Jährige dort platziert hatte. Daraufhin kam es am Freitagmittag zu einem Gespräch zwischen dem Schüler, der Schulleitung und der Polizei. Nach der Vernehmung hatte sich der 17-Jährige vor eine Straßenbahn gestürzt und erlitt tödliche Verletzungen. Daraufhin konzentrierten sich die Ermittlungen auf einen 18-jährigen Mitschüler, der am Dienstag, dem ersten Jahrestag des Amoklaufs von Emsdetten, gemeinsam mit dem 17-Jährigen ein Massaker an dem Kölner Gymnasium geplant hatte.

Polizei weist Vorwürfe zurück

Die Kölner Polizei wies unterdessen Vorwürfe zurück, sie habe den 17-Jährigen nach dessen Vernehmung zu schnell laufen lassen. Bei dem Gespräch mit dem Jugendlichen seien zwei psychologisch geschulte Polizeibeamte anwesend gewesen, erklärte ein Sprecher am Montag. Es habe keine Hinweise darauf gegeben, dass der 17-Jährige eine Gefahr für sich oder andere dargestellt habe. Der Schüler sei "absolut unauffällig" gewesen. Der Schulleitung und den Beamten habe der Jugendliche erklärt, die von ihm ins Internet gestellten, Gewalt verherrlichenden Bilder und Einträge hätten lediglich auf die Problematik von Amokläufen aufmerksam machen wollen.

Der 18-jährige mutmaßliche Komplize hatte in einer Vernehmung die Tatpläne gestanden. Dafür wollten die beiden unter anderem Molotow-Cocktails und Rohrbomben herstellen. Zudem wurden bei Wohnungsdurchsuchungen zwei Armbrüste mit Pfeilen und Softair-Waffen sowie eine Liste mit 17 Namen von Lehrern und Schülern entdeckt. Die Landesschülervertretung (LSV) NRW forderte derweil härtere Auflagen für den Waffenbesitz und einen verstärkten Dialog über die Probleme der Jugendlichen im Unterricht. Die Beweggründe für solche Taten müssten genauer unter die Lupe genommen werden, erklärte LSV-Vorstand Johannes Struzek.

"Kein Anlass zur Entwarnung"

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen, plädierte unterdessen für eine bessere Ausbildung der Beamten zur Prävention solcher Gewalttaten. Zwar gebe es Internetpolizeiwachen, die auch genutzt würden, sagte Jansen. Es gingen dort aber auch unbegründete Verdachtsanzeigen ein: "Das muss die Polizei auseinandersortieren." Dazu seien eine entsprechende Qualifizierung des zuständigen Personals und damit Investitionen nötig.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) lobte die vor wenigen Wochen von der NRW-Landesregierung intensivierte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Polizeistellen, mit denen Amokläufe rechtzeitig entdeckt und verhindert werden können. Dennoch gebe es keinen "Anlass zur Entwarnung", da solche Taten "immer wieder Nachahmer" fänden, unterstrich DPolG-Vorsitzender Rainer Wendt. (mit dpa)

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