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Panorama: Auch das Brusthaar ist ein Toupet

In „ Goldständer“, dem neuen Austin-Powers-Film, bekommt Mike Myers eine starke Partnerin: Beyoncé Knowles

Den US-Kinosommer zierte ein omnipräsenter Mike Myers: „Austin Powers in Goldständer“, die dritte Episode seiner James-Bond-Parodien um den zeitreisenden Agenten Austin Powers, spielte bereits am Startwochenende 73 Millionen Dollar ein – Rekord für einen „Komödien“-Genrefilm. Slapstikfans freuen sich auf „Goldständer“, der am Donnerstag auch in den deutschen Kinos anläuft. Kritiker dagegen bemäkeln: plumper Fäkal-Humor in schicker „Swinging-Sixties“-Kulisse. Sie sehen in „Austin Powers“ eine One-Man-Show, mit der der verwandlungsgeile Myers in einer maskierten Vierfachrolle, angefangen vom Brusthaartoupet-Helden Austin Powers bis zur „Blofeld“-Karikatur, dem Bösewicht Dr. Evil gehörig auf die Nerven geht.

So mussten seine Co-Darstellerinnen aus Teil eins und zwei auch zwangsläufig neben ihm verblassen. Elizabeth Hurley, vorab eher als Model denn als Komödiantin überzeugend, agierte steif, ebenso die barbiehafte Heather Graham – als würde sie der zotige Fäkalhumor Austin Powers’ überfordern. Die vielleicht schlagkräftigere Lösung für Teil drei heisst Beyoncé Knowles. Die 20-jährige Sängerin, Kopf des R’n’B-Trios Destiny’s Child, einer der erfolgreichsten Mädchenbands, gibt mit ihrer Darstellung der Agentin Foxxy Cleopatra ihr Kinodebüt und singt den Titelsong „Work it out“.

Im Zeitalter der Seventies

Zuletzt galt Knowles mit Destiny’s Child in der von Soul dominierten US-Musikindustrie als ein mit Awards hofierter Superstar, muss jetzt aber als Solokünstlerin ihre Karriere neu ankurbeln. Für sie käme es also genau zur rechten Zeit, wenn die Rolle ihr einen weiteren Erfolg bescheren würde. Tatsächlich erscheint Knowles als Idealbesetzung, spielt der Film doch im Disco-Look-Zeitalter der Siebziger.

Für ihre Zielstrebigkeit berüchtigt, beschäftigte sich Knowles schon früh mit Karrieregedanken, bereits mit 13 begab sie sich auf eine Amerika-Tingeltour durch Schulwettbewerbe. Vater Michael hatte nur ihren Erfolg im Sinn: „Wenn Beyoncé gerne Ärztin geworden wäre, hätte ich über Wege und Mittel nachgedacht, ihr ein Krankenhaus zu kaufen“. Ihr Durchbruch kam mit 17, schon zwei Jahre später äußerte sie die Befürchtung: „Ich hoffe, die Leute haben von Destiny’s Child nicht bald die Nase voll.“

Wenn Myers in Interviews kokettiert, dass er vor Drehbeginn mit Knowles nicht nur „excited“ sei, sondern auch ein wenig Bammel habe, klingt das zwar wie verdeckte Promo für den aufstrebenden Co-Star. Aber womöglich meint er es ernst. Tatsächlich gilt der 39-jährige Kanadier nur auf der Leinwand als extrovertiert, der Privatmensch Myers, heißt es, ist kontaktscheu, meidet körperliche Berührungen, lebt zurückgezogen. Zur Entspannung widmet er sich dort dem Bemalen von Zinnfiguren. Die Idylle eines Spießbürgers – ein Albtraum für die partysüchtige Knowles. Mehr noch, liest sich Myers Biographie doch wie die des traurigen Clowns: Sein Vater, ein aus England eingewanderter Verkäufer, starb 1991 an der Alzheimer-Krankheit, woraufhin Sohn Mike Trauerarbeit leistete und bis zum ersten „Austin Powers“ 1997 nur zwei weitere Filme drehte. Die Beziehung war innig, der Vater hatte den Sohn und seine Comedian-Träume unterstützt, gab sogar seinen Job für ihn auf. Der Senior gab ihm mit der Erziehung, wie Myers sagt, das „Right to stay silly“. So gelang Myers 1988 als jüngstem Komiker der Sprung in die TV-Comedy „Saturday Night Live“, und über die Verfilmung seines Fernsehcharakters, dem dumpfen Heavy-Metal-Fan „Wayne“, schaffte er mit „Waynes World“ drei Jahre später den Kinodurchbruch.

Bis heute kommt er ins Schlucken, wenn er über seinen Vater und den Tod spricht; erst vor kurzem, erzählte Myers in einem Interview, überwältigten ihn Trauergefühle, als er einen Brief von George Harrison erhielt. Es war seine letzte Mitteilung überhaupt, der Ex-Beatle hatte sie kurz vor seinem Krebstod aufgezeichnet. Harrison schrieb Fanpost, schrieb, wie viel ihm der Witz Austin Powers in dieser Zeit bedeute.

„Die Erinnerung an meinen Vater hat die Figur des Austin Powers erst geschaffen“, sagte Myers. „Er liebte Agentenfilme, Peter Sellers, James Bond – und er war Brite.“ Dass sich die Geschichte von „Goldständer“ vor allem um Austins Vater Nigel Powers (gespielt von Michael Caine) dreht, bezeichnet Myers offenherzig auch als „therapeutische“ Möglichkeit, Familiengeschichte zu bewältigen.

Mit Myers und Knowles prallen Welten aufeinander: hier der wehmütige Überlebenskünstler, dort die nervöse Jungdiva, die vor einer zweiten Karriere steht. Das Filmteam predigte geschlossen PR-Harmonie. Myers macht auf seiner Homepage Werbung für die Nachwuchsschauspielerin: „Mit ihren Erfahrungen als Sängerin und Tänzerin ist sie geradezu geschaffen für die Rolle.“ Knowles wiederum freut sich: „Mit Schauspielern wie Mike, Robert Wagner und Michael Caine zu arbeiten ist eine große Ehre für mich, ich lerne sehr viel von ihnen.“

Die Kino-Mission „Goldständer“ ist erfolgreich verlaufen, Myers denkt nach dem US-Einspielergebnis von Teil drei (über 220 Millionen Dollar) über ein weiteres Abenteuer nach.

Sassan Niasseri

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