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Panorama: Auch der Pop-Prinz Tarkan muss bei der Türkischen Armee dienen

Auf dem Istanbuler Flughafen ist es fast schon Routine: Vor einer gerade gelandeten Maschine fährt ein Polizeiwagen vor, Beamte holen einen Passagier heraus, um ihn sofort zur nächsten Militärbehörde zu verfrachten. Viele junge Türken sind nach der Abschiebung aus Westeuropa schon auf diese Weise an ihre Wehrpflicht erinnert worden.

Auf dem Istanbuler Flughafen ist es fast schon Routine: Vor einer gerade gelandeten Maschine fährt ein Polizeiwagen vor, Beamte holen einen Passagier heraus, um ihn sofort zur nächsten Militärbehörde zu verfrachten. Viele junge Türken sind nach der Abschiebung aus Westeuropa schon auf diese Weise an ihre Wehrpflicht erinnert worden. Doch kaum einer wirkte dabei so vergnügt wie der junge Mann, der am Montag abend aus einem Air-France-Flieger herausgebracht wurde: Tarkan Tevetoglu, der "Prinz vom Bosporus" und Eroberer der europäischen Pop-Charts, kehrte zum Dienst an der Waffe in seine Heimat zurück.

Weil der Flughafenpolizei ein Haftbefehl wegen Fahnenflucht vorlag, blieb auch Tarkan der Abstecher zu den Militärbehörden nicht erspart. Seine Fans warteten im Ankunftsbereich vergeblich auf ihren Star, den sie wegen seiner Scherereien mit dem Barras seit gut eineinhalb Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten. Den Entzug der Staatsbürgerschaft hatte die Türkei dem Popstar schon angedroht, wenn er nicht wie jeder andere auch seinem Einberufungsbefehl nachkomme. Weil Tarkan mit seinem Song "Simarik" als erster Türke einen Hit in Westeuropa landete, erwogen die türkischen Behörden zwar zeitweise, den Künstler zum Kulturbotschafter zu ernennen und vom Wehrdienst freizustellen; doch das Projekt wurde schnell wieder fallengelassen.

Doch nun eröffnete sich für Tarkan ein Ausweg - und zwar ausgerechnet durch das furchtbare Erdbeben im letzten Jahr. Um Geld für den Wiederaufbau zu bekommen, bot die Türkei ihren Wehrpflichtigen an, sich vom Dienst fast völlig freizukaufen: Für umgerechnet 15.000 Mark wird der Wehrdienst von 18 auf einen Monat Grundausbildung verkürzt. Ebenso wie Tarkan wollen zehntausende seiner Altersgenossen Gebrauch dies nützen. Doch anders als für Tarkan sind 15.000 Mark für die meisten türkischen jungen Männer eine Phantasiesumme, die nicht aufzubringen ist. Trotzdem haben rund 100.000 Wehrpflichtige die Freistellung erst einmal beantragt und sich dann auf die Suche nach dem Geld gemacht. Viele türkische Banken bieten inzwischen Wehrpflicht-Kredite an.

Tarkan hat diese Sorgen nicht. Über seinen Anwalt in New York ließ er den Antrag auf Wehrdienstverkürzung einreichen. Auf dem Kreiswehrersatzamt wurde dem Sänger höflich bestätigt, dass dem Antrag stattgegeben wird, bevor er wieder freigelassen wurde. Am Freitag gibt Tarkan in Istanbul ein Benefizkonzert für die Erdbebenopfer.

Susannne Güsten

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