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Panorama: Auf die Katze gekommen

Stalinist unter Big Brothers Augen: der britische Politiker George Galloway im TV-Container

Fasziniert und ungläubig sahen Millionen Fernsehzuschauer, wie der Unterhausabgeordnete George Galloway sanft schnurrend auf dem Teppich lag. Angetan mit einem weißen Laborantenkittel, schob er der 57-jährigen polnischen Gräfin Rosa-Marie Leopoldnya Lubienska den Kopf in den Schoß.

Galloway musste im Big Brother House ein Kätzchen mimen – und „er scheint das sogar noch genossen zu haben“, schrieb die „Sun“ empört. Galloway knurrte. Er miaute. Er tat, als schlecke er Milch aus den Händen der als Rula Lenska bekannten Schauspielerin. Die putzte ihm den Bart und flüsterte: „Du magst es eben mit Mammichen allein zu Hause.“

Vor Monaten noch jagte der ehemalige Glasgower Sozialist, Saddam-Hussein- Freund und Parteigründer amerikanischen Senatoren Furcht und Schrecken ein. Nun hält sein Auftritt beim britischen „Celebrity Big Brother“ die britische Nation in Atem: Die einen halten sich vor Lachen die Seiten. Anderen treibt Galloway mit seinen Späßen Scham- und Zornesröte ins Gesicht.

Vor dem Parlament, wo über eine neue Bahnverbindung durch Galloways Londoner Wahlkreis Tower Hamlet debattiert wurde, protestierten Bürger: „Wo ist unser Abgeordneter?“ Die Website „Geh wieder an die Arbeit, George“ rechnet aus, wie viel Abgeordnetengehalt er während seiner Zeit bei Big Brother bezieht – am Samstag stand der Zähler bei 1461 Pfund.

Galloway macht seit Jahren Schlagzeilen. Wegen Äußerungen über den Irakkrieg wurde er aus der Labourpartei ausgeschlossen. Dann jagte er Labour mit seiner neuen Partei „Respect“ einen der wichtigsten Londoner Wahlkreise ab. Vor dem US-Senat in Washington wehrte er sich so effektvoll aufbrausend gegen Vorwürfe, Geld von Saddam Hussein erhalten zu haben, dass er über Nacht berühmt wurde.

„Eineinhalb Milliarden Muslims kennen mich“, brüstete sich der Stalinist im Big Brother House, als er mit seinen zehn Mitbewohnern wetteifern musste, wer am berühmtesten ist. Andere Mitspieler sind der amerikanische Ex-Basketballer Dennis Rodman, ein alternder Transvestit und Leadsänger der Punkband „Dead or Alive“, verschiedene britische Busenstars und Faria Alam, die berühmt ist, weil sie einmal mit Nationaltrainer Sven-Goran Eriksson geschlafen hat.

Doch als der untersetzte Zigarrenraucher mit der Glatze erklärte, „Sex und Sonnenbaden sind meine Lieblingsvergnügungen“, wurde es den Muslims in seinem Wahlkreis, die Big Brother sowieso für gotteslästerlich halten, zu viel.

Galloway betrachtet seine Teilnahme als politische Mission: „Es wird das größte Publikum, das ich je hatte“, freute er sich auf die Show. Gewinne will er den Palästinensern überweisen. Im Haus wollte er über Bush und den Irakkrieg diskutieren – aber eine Mitspielerin wusste nicht einmal, was das Parlament ist.

Britische Zeitungen freuen sich auf seine Rückkehr ins Parlament – unter „Miau“-Rufen der Gegner. Noch lästern sie. Aber im Internet heißt es schon: „Der Bursche wird richtig sympathisch“ – er nimmt die Briten mit Charme und väterlicher Autorität gegenüber dem kindischen Getue junger Celebrities ein. Nicht er, sondern das „Page 3 Girl“ Jodie March wurde aus dem Haus gewählt. Galloway nahm am Samstag mit unverwüstlicher Spielfreude an einer „Party der Untoten“ teil.

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