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Panorama: Aus dem Rhythmus

Während Englands Premier Blair am Herzen behandelt wird, wundert sich ganz London über sein neues, teures Haus

Das sei keine Herz-Operation, sondern eine „Prozedur“, betonten die Sprecher des britischen Premiers, als Tony Blair am Freitag das Krankenhaus betrat. Winkend, mit dem gewohnten Lächeln kam Blair morgens um halb acht in das Hammersmith Hospital in Westlondon. Die Krawatte hatte er sich erst gar nicht angezogen. Vor Mittag noch war die Sache vorbei, am Abend war Blair auch schon wieder zu Hause.

Im Vergleich zu Bill Clintons vierfachem Bypass ist so eine elektrophysiologische „Ablation“, wie die Ärzte versichern, eine „effektive und komplikationsarme Routinesache“. Durch die Beinarterie wird ein Katheter in die Herzkammer eingeführt. Dort werden elektrisch leitende Gewebepartien mit Hilfe von gezielt eingesetztem Hochfrequenzstrom abgetragen – und das durch „elektrische Kurzschlüsse“ ausgelöste Herzjagen, das den britischen Premier in den letzten zwei Monaten wieder plagte, ist geheilt. „Klingt, als seien wir Roboter“, scherzte Blairs Deputy John Prescott. Der Patient blieb die ganze Zeit über bei Bewusstein.

Herzjagen löste die Nachricht bei Politikern und Kommentatoren aus. Blair machte am Donnerstagabend um 22 Uhr, kurz nachdem bei der Nachwahl in Hartlepool die Wahlurnen schlossen, nicht nur den ärztlichen Eingriff publik. Er teilte auch mit, dass er nach der nächsten Wahl, sollte Labour gewinnen, noch eine ganze dritte Amtszeit Premier bleiben wolle. Blair wollte den Spekulationen um seine Zukunft ein Ende machen, die schon seit Monaten anhalten. Doch das Gegenteil geschah.

Denn es gab noch eine dritte Ankündigung. Die Blairs, seit sieben Jahren in einer Dienstwohnung in der Downing Street installiert, haben sich am Connaught Square am Hyde Park ein eigenes Häuschen gekauft – für umgerechnet 5,5 Millionen Euro, ohne Stellplatz für’s Auto. „Schockierend vulgär! So viel Geld in so einer Gegend“, zitiert der „Independent“ einen Downing-Street-Insider. „Er ist verrückt“, wunderte sich ein Nachbar im „Guardian“, „dass er nach dem Irakkrieg in eine Gegend mit so vielen Muslimen ziehen will.“ Gerätselt wird auch über die Höhe der Blair’schen Hypothek. Als Premier verdient er umgerechnet 266 000 Euro, seine Frau Cherie als Anwältin 300 000 Euro. Das reicht für die Zinsen. Aber zum Abzahlen muss sich Blair auf „zukünftiges Einkommen“ verlassen, sagen Insider. Niemand glaubt, dass Blair wirklich noch eine ganze zusätzliche Amtszeit absolvieren kann.

Während er sich von dem Herzkatheter erholte, begannen die Spekulationen über mögliche Nachfolger.

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