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Panorama: Aus dem Schneider

Die Smoking-Frauen und ein zerbrechlicher Mann - vor allem die letzten 15 Minuten der Abschieds-Modenschau des großen Modeschöpfers Yves Saint Laurent waren es, die die Gemüter bewegten. Als dann am Ende des wohl größten Défilées der Modegeschichte die Schauspielerin Catherine Deneuve und das Mannequin Laetitia Casta auf die Bühne traten und eines der berühmtesten Chansons von Barbara anstimmten, war selbst der schüchterne Modemeister Saint Laurent nicht mehr zu halten.

Die Smoking-Frauen und ein zerbrechlicher Mann - vor allem die letzten 15 Minuten der Abschieds-Modenschau des großen Modeschöpfers Yves Saint Laurent waren es, die die Gemüter bewegten. Als dann am Ende des wohl größten Défilées der Modegeschichte die Schauspielerin Catherine Deneuve und das Mannequin Laetitia Casta auf die Bühne traten und eines der berühmtesten Chansons von Barbara anstimmten, war selbst der schüchterne Modemeister Saint Laurent nicht mehr zu halten. Sichtlich bewegt, mit Tränen in den Augen trat er aus dem Bühnenschatten und nahm die beiden Schönen an der Hand.

"Meine schönste Liebesgeschichte, das sind Sie", sangen da bereits die beiden französischen Ladies und diese emotionale Abschiedsszene brachte den vor Rührung fast erstarrten Meister fast an den Rand seiner mühsam bewahrten Fassung. Dann, noch von den Klängen der Musik überdeckt, nahm der zierliche kleine Mann, der 40 Jahre lang die schönsten Frauen der ganzen Welt bekleidete, seinen ganzen Mut zusammen und sagte einen einzigen Satz: "Ich möchte jetzt erst einmal weggehen, lange verreisen und irgendwann wiederkommen, und dann sehen, ob ich immer noch Lust habe, Kleider zu entwerfen." Sein Abschied klang fast wie ein Versprechen und die Branche wird jetzt ausreichend Zeit haben darüber zu spekulieren, ob es eines Tages vielleicht ein Comeback des Modegenies geben könnte. Lange wird die schöpferische Pause von Saint Laurent auf jeden Fall sein, denn - in diesem Punkt waren sich die Medien am "Tag danach" einig: Der Größte der Haute-Couture-Mode wirkte äußerst erschöpft und noch zerbrechlicher als man ihn bereits kennt.

Draußen, vor dem Centre Pompidou, in dem vor den 2000 geladenen Gästen sämtliche berühmten Kleiderentwürfe der 40-jährigen Saint-Laurent-Karriere noch einmal gezeigt wurden, riefen zum Ende dieser beeindruckenden Schau hunderte von Fans: "Geh nicht weg, Yves, wir lieben Dich." Junge Modestudentinnen und Künstler rissen sich fast um die Mikrophone der zahlreich erschienenen Fernsehteams, um das zusammenzufassen, wofür auch die Prominenz vor dem 35 Meter langen Laufsteg immer wieder Beifall klatschte: "Es ist verrückt, der Mann war immer schon modern, schon Anfang der 60er Jahre, und er wird es immer bleiben." Die Parade der Klassiker war tatsächlich am beeindruckendsten - die Kollektion russisches Ballett von 1976, die Sahara-Kreationen, das weltbekannte Mondrian-Kleid und die vielen Roben, bei denen sich Saint Laurent von Werken anderer Maler wie Picasso, Braque, Van Gogh und Matisse inspirieren ließ. Schließlich die Kleider, die der Franzose großen Stars wie Marilyn Monroe, Rita Hayworth und vielen anderen Filmschauspielerinnen gewidmet hat.

"Das war Saint Laurent" titelte die Zeitung "Le Parisien" nach der rauschenden Modegala am nächsten Tag nüchtern. Das war aber auch eines der größten Pariser Glamour-Ereignisse, ein bisschen südfranzösisches Cannes mit wohlklingenden Namen wie Paloma Picasso, Vivienne Westwood, Lauren Bacall, Jeanne Moreau, Sonia Rykiel, natürlich Top-Models wie Claudia Schiffer, Nadia Auerman, Jerry Hall und Naomi Cambell, vielen Vertretern der Politik, ja sogar der Maler Anselm Kiefer und der Schriftsteller Salman Rushdie erwiesen dem großen Modeschöpfer sozusagen die "letzte Ehre". Was nicht zuletzt den Geschäftspartner von Saint Laurent, seinen früheren Lebensgefährten Pierre Bergé, dazu veranlasste, ironisch zu bemerken: "Man nicht alle Tage Gelegenheit, an einem nationalen Begräbnis teilzunehmen."

Ein bisschen bissig hatte sich auch Konkurrent Karl Lagerfeld geäußert, der davon sprach, Saint Laurent sei ganz simpel in Rente gegangen und ohne Rücksicht auf das riesige Abschiedsfest seine neueste Chanel-Kollektion am gleichen Tag präsentierte. Leicht hatten sie es diesmal alle nicht, die elf noch verbliebenen französischen Haute-Couture-Unternehmen, denn, egal wie fantastisch und prächtig die in dieser Woche vorgestellten Kollektionen auch sein mochten: Der große Meister Yves Saint Laurent hatte ihnen allen die Schau gestohlen.

Obwohl auch sie Bemerkenswertes gezeigt hatten. Chanel in seiner reinsten Form lieferte Karl Lagerfeld. Fast schon sakral wirkten die schmalen, taillierten schwarzen Mäntel mit kleinen Knöpfen. Dazu trägt die Frau rosa Faltenröcke und auf dem Kopf die Kamelie, eines der Markenzeichen des französischen Modehauses. Das Schwarz-Rosa-Thema bestimmt die ganze Kollektion. Dezente Schleifen, lange Perlenketten und ins Dekolletee gesteckte Plastrons, breite Krawatten, sind dominierende Details. Wippende Petticoats und doppellagige, schlanke Abendroben komplettieren das Bild.

Das gewohnt große Spektakel lieferte Christian Dior am Montag. Halbnackte Samurais trommelten die Show ein, in der Designer John Galliano wieder einmal bewies, dass seine Fantasie keine Grenzen kennt. Seine neueste Kreation: Yeti-Stiefel.

Sabine Heimgärtner

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