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Panorama: Außer Rand und Bond

Pleiten, Pech und Pannen überschatten die Dreharbeiten zum neuen Streifen „A Quantum of Solace“ mit Daniel Craig

Drei Autounfälle in einer Woche, ein schwer verletzter Stuntman und ein edler Aston-Martin im Gardasee – man kann nicht gerade behaupten, dass die derzeitigen Dreharbeiten für den neuen James-Bond-Film „A Quantum of Solace“ glatt verlaufen. Am Samstag vor einer Woche hatte ein Mitglied der Bond-Crew aufgrund überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über einen Aston Martin verloren und war mit diesem im norditalienischen See gelandet. Der Mitarbeiter kam mit einer Gehirnerschütterung davon, das 275 000 Euro teure Auto ist nicht mehr zu gebrauchen. Immerhin ist man bei dem Großdreh für alles gewappnet: Insgesamt acht Aston Martin stehen dem Team zur Verfügung.

Am Dienstag war es dann gleich wieder zu einem leichten Unfall gekommen, diesmal glücklicherweise ohne Verletzte. Der Zwischenfall am Mittwoch war noch weitaus schwerer: Zwei Stuntmen prallten mit einem Auto erst gegen einen Laster und dann gegen eine Mauer. Beide wurden verletzt, einer von ihnen erlitt schwere Kopfverletzungen, musste nach dem Unfall wiederbelebt und dann im Krankenhaus operiert werden. Die Dreharbeiten wurden vorläufig abgesagt.

In allen drei Fällen handelt es sich um den Dreh der jeweils gleichen Szene: Vor dem Hintergrund der malerischen Kulisse der berühmten Steinbrüche des weißen Marmors von Carrara kommt es zu einer furiosen Verfolgungsfahrt. Dabei jagt 007 mit seinem legendären silbernen Aston Martin DBS auf der Uferstraße am See mit halsbrecherischer Geschwindigkeit entlang, hinter sich drei schwarze, mit Maschinengewehren ausgerüstete und ständig schießende Alfa Romeo. Als einer der Reifen platzt, wird die Bond-Limousine mit 120 Stundenkilometern von einem Lastwagen mitgeschleift – am Ende hängt er seine Verfolger ab, kommt aber völlig demoliert in Siena an.

Schon zuvor waren die Dreharbeiten für den Film, dessen weltweiter Kinostart für Ende des Jahres geplant ist, vom Pech verfolgt: Statt der erwarteten sonnigen Bilder nur Düsternis durch ständige Regenfälle. So hatte sich der Dreh bereits um Wochen verzögert. Zuvor hatte es bereits bei den Aufnahmen in Chile und Bolivien Ärger gegeben: In Chile hatte der Bürgermeister der Grenzstadt Antofagasta gegen die Dreharbeiten protestiert, weil die nordchilenische Stadt und die umgebende Wüste im Film einen Teil Boliviens darstellen sollen. Damit war Produzent Michael Winson politisch ins Fettnäpfchen getreten, weil das Gebiet einst bolivianisches Territorium war und vor 130 Jahren von Chile in einem blutigen Krieg erobert worden war. Die bolivianische Regierung wiederum fühlte sich zum Protest genötigt, weil der neue Bond-Film das Land als Dorado der Drogenmafia darstelle.

Bei der 270 Mann starken Crew, die jetzt in Italien dreht und zu der allein 40 Stuntleute gehören, handelt es sich im Übrigen nur um das B-Team. Der Regisseur von „A Quantum of Solace“, (zu Deutsch: „Ein Quentchen Trost“), der Deutschschweizer Marc Forster („Monster's Ball“, „Der Drachenläufer“) dreht derzeit parallel mit dem Hauptteam in den britischen Pinewood-Studios bei London. Dort ist auch sein Star Daniel Craig dabei, der am Gardasee von einem Dutzend Stuntleuten mit blond gefärbten Haaren gedoubelt wird.

Möglicherweise steckt hinter alldem nur der Trick einer cleveren PR-Abteilung, die kleinere Vorkommnissen, die bei solch einer Großproduktion völlig normal sind, unangemessen aufbauscht. Schließlich ist dies nicht der erste Bond-Dreh mit derartigen Meldungen. Und professionelles Marketing bedeutet in solchen Fällen vor allem, schon Monate im Voraus konstant für Gesprächsstoff zu sorgen. Durch die Unfallserie wurden weltweit viele Zuschauer auf den Film hingewiesen, Titel und Startdatum sind bekannt, und der Unfall bürgt zusätzlich für den Ernst und Wagemut des ganzen Unternehmens. Schließlich sollte die global agierende „Marke James Bond“ mit dem neuen Gesicht Daniel Craig ja auch „härter“ und „gefährlicher“ werden. Ob der Gesprächsstoff der Marke nutzt oder schadet, wird sich in einem guten halben Jahr zeigen.

Rüdiger Suchsland

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