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Autonome Fahrzeuge sind frei nach Apple-Legende Steve Jobs „das nächste große Ding“.

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Autonomes Fahren: Die Probleme im Straßenverkehr 5.0

Autonom fahrenden Autos gehört die Zukunft – sagt die Industrie. Bei aller Technik bleibt ein Risikofaktor: der Mensch.

So soll er also aussehen, der Straßenverkehr der Zukunft: Audi hat den von Geisterhand gesteuerten „Icon“ in Frankfurt auf der Internationalen Autoausstellung vorgestellt. BMW hat 40 autonom fahrende „7er“ schon auf den Straßen – unter strenger Aufsicht von Experten.

Jetzt drückt Chipgigant Intel mit der Anfang des Jahres übernommenen Tech-Firma „Mobileye“ kräftig auf die Tube, um diese neue Generation von Fahrzeugen ohne Fahrern serientauglich zu machen. Helfen soll dabei eine neue Studie, die die Menschen überzeugen soll.

Autonome Fahrzeuge sind frei nach Apple-Legende Steve Jobs „das nächste große Ding“ in der globalen Neuordnung der Automobilwirtschaft: Elektrofahrzeugpionier Tesla stieß mit eingebauten Autopiloten die neue Technik an – und durch den Crash eines Wagens mit einem Toten an dessen Grenzen.

Luxuslimousinen vieler Hersteller parken selbstständig ein

Luxuslimousinen vieler Hersteller parken selbstständig ein und steuern „autonom“ durch den Stau unter Aufsicht des Fahrers. Das ist nur eine der ersten Entwicklungsstufen. Jetzt geht es um „Level 5“: Komplett selbständig steuernde Fahrzeuge – ohne Lenker und ohne Eingriffsmöglichkeit.

„Nein“, sagt Kathy Winter, Intels Sparten-Chefin, sie besitze selbst kein autonom steuerndes Auto: „Aber ich bin tausende Kilometer so gefahren, und es ist ein bisschen unspektakulär“. Keine überhöhte Geschwindigkeit, keine riskanten Überholmanöver, stets die Vorfahrt lassen – autonome Fahrzeuge halten sich streng an alle Regeln.

Ein Prototyp des Autos von Google beim Test im öffentlichen Straßenverkehr.
Ein Prototyp des Autos von Google beim Test im öffentlichen Straßenverkehr.

© DPA

Winter, der im April vor zwei Jahren mit ihrer damaligen Firma die Rekordfahrt eines autonomen Fahrzeuges durch freies Gelände gelang, antwortet spitz auf die Frage nach der Sicherheit der neuen Autogeneration: „In den Wagen meines erwachsenen Sohnes steige ich jedenfalls weniger gerne ein, und ich habe Eltern, die ihr Auto besser nicht mehr selbst durch die Straßen steuern sollten.“ Den einzigen Unfall mit einem autonomen Fahrzeug ihrer Testreihen habe ein Mensch verursacht, der ein Stop-Schild missachtete und auf das autonome Fahrzeug auffuhr.

Viele Menschen stehen der Technik skeptisch gegenüber

Trotzdem liegt darin das Problem der boomenden Branche: Ob in den Vereinigten Staaten oder in Deutschland, Umfragen zufolge ist die Angst der Menschen vor von autonomen Autos verursachten Unfällen groß. Der Chef-Forscher von Toyota, Gill Pratt, sagt deshalb voraus, dass auf Jahrzehnte hinaus „Level-5-Fahrzeuge“ keine Straßenzulassung bekommen.

Zu chaotisch sei der Verkehr, zu viele nicht vorhersehbare, von Computern nicht ausrechenbare Zufälle seien im Wege, so dass autonome Fahrzeuge im besten Fall ratlos an einer Gefahrenstelle den Dienst einstellen. Pratts Stimme hat Gewicht: Denn Toyota forscht selbst intensiv an der Technik.

Gegen diese Bedenken führen nun die zwei israelischen Forscher Amnon Shashua und Shai Shalev-Shwartz von Mobileye Mathematik ins Feld. Sie haben einen Algorithmus entwickelt, der autonomen Fahrzeugen erstens einen „sicheren Status“ aufzwingt: Unfälle zu vermeiden soll oberste Maxime bei der Steuerung sein.

Und zweitens legen sie die Grenze für das „aggressivste Manöver“ fest, das im Notfall eingesetzt wird, um zum sicheren Status zurückzukehren. So sei gewährleistet, dass ein autonomes Fahrzeug niemals ein Manöver ausführe, das einen Unfall verursacht.

Alle Unfall-Szenarien können nicht ausgeschlossen werden

Aber auch die beiden Professoren geben zu: „Ein vollständiger Ausschluss jedes Unfall-Szenarios ist unmöglich.“ Und im Zweifel sind wir das Problem: Menschen am Steuer anderer Autos. Zumal bisher kein Algorithmus das ethische Dilemma lösen kann, mit der die Branche immer wieder konfrontiert wird: Was soll ein autonomes Fahrzeug tun, wenn es die Wahl hat, eine Fußgängerin mit Kind zu überfahren oder die Insassen mit Todesfolge gegen eine Mauer zu steuern?

Ab dem Frühjahr sollen selbststeuernde Busse auf dem Campus Charité Mitte und dem Campus Virchow-Klinikum fahren.
Ab dem Frühjahr sollen selbststeuernde Busse auf dem Campus Charité Mitte und dem Campus Virchow-Klinikum fahren.

© dpa

Dieser Frage weicht auch die jüngst zu den 100 einflussreichsten Frauen in der Automobilbranche gewählte Managerin Winter aus: „Das Zusammentreffen von Maschinen- und Menschen gelenkten Autos im Verkehr bleibt das große Thema.“ Maschinen sind demnach bessere Fahrer als Menschen, sie sind nicht abgelenkt, haben einen 360-Grad-Panoramablick und mit ihren Kameras, Radars und Lidar-Sensoren ein Übermenschliches „Verständnis“ ihrer Umgebung.

Und das werde ihnen helfen, nicht in Situationen zu geraten, wo ein Crash-Szenario eintritt. Eine weitere Evolution folge mit der Einführung des neuen Digital-Funk-Standards „5G“. Dann werden „die Autos untereinander in Echtzeit Informationen über Hindernisse und Gefahrenstellen austauschen“, sagt Winter. Sie würden also eine Matrix erzeugen, die alle künftigen Ereignisse voraussagt.

Fragen wirft aber auch die Flut der übertragenen Daten auf

Das klingt nach Science-Fiction, zumal die Forscher die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls mit autonomen Fahrzeugen auf eins zu einer Milliarde berechnen – weitaus fehlbarer sind Menschen am Steuer (eins zu einer Million). Fragen wirft aber auch die Flut der übertragenen Daten auf, die dazu nötige Technik und wie deren Missbrauch vorgebeugt wird: vor „Ausspionieren“ von Menschen oder der Kaperung von Fahrzeugen.

Auf der anderen Seite stehen die Chancen der Technik: Weil autonome Autos von anderen gewarnt sind, umfahren sie Staus, wissen von freien Parkplätzen, steuern sie direkt an und sparen so tonnenweise Abgase. Und der „Mitfahrer“? Er verschwendet keine Zeit mehr hinterm Steuer, denn das gibt es ja gar nicht mehr.

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