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Update

Belgien: Mann erschießt Richterin und Justizangestellte

Ein blutiger Rachefeldzug im Friedensgericht von Brüssel erschüttert Belgien. Mit einer Pistole und einem Beil hat ein Mann am Donnerstag eine Richterin und einen Justizbeamten umgebracht.

Belgischen Medienberichten zufolge wollte der aus Albanien stammende Mann Rache dafür nehmen, dass die Richterin im Streit um das Sorgerecht für seine Kinder zugunsten der Ehefrau entschieden hatte. Der Täter konnte zunächst flüchten. Es geschah um 11.20 Uhr. Der Mann war als Zuschauer in den Gerichtssaal des Friedensgerichts gekommen. Wortlos hatte er plötzlich die Pistole gezogen und auf die Gerichtspräsidentin Isabelle Brandon (61) und den Justizbeamten geschossen. Die Staatsanwaltschaft sagte, die Schüsse seien tödlich gewesen.

Brüsseler Zeitungen berichteten unter Berufung auf Zeugen, der Mann habe auch ein Beil gehabt und mit diesem auf beide Opfer eingeschlagen. Im Gerichtssaal herrschten Panik und Entsetzen. Einer von drei Rechtsanwälten im Saal stürzte hinter dem Täter her, als dieser flüchtete, verlor den Mann aber aus den Augen. Ein anderer Advokat telefonierte nach der Polizei. Der Pförtner des Friedensgerichtes rief, als er die Schüsse hörte, die Polizeiwache im nur wenige Meter entfernten Justizpalast an. Von dort, wo schweren Verbrechern der Prozess gemacht wird und wo selbstverständlich strenge Eingangskontrollen herrschen, kamen die ersten Polizisten gelaufen. Als sie in den Gerichtssaal stürmten, waren die 61 Jahre alte Richterin und der Justizbeamte schon tot.

Wenige Stunden später wollte ein Staatsanwalt die Angaben über den Täter noch nicht offiziell bestätigen. Medienberichten zufolge wollte sich der Albaner jedoch dafür rächen, dass er im Sorgerechtsstreit um die Kinder unterlegen war. Unter Schock versammelten sich Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte in schwarzen Roben vor dem Justizpalast zu einer Schweigeminute für die toten Kollegen. Im ganzen Land werden am Freitagmorgen Gerichtsverhandlungen für eine Gedenkminute unterbrochen. „Das ist eine Tragödie. So etwas hat es in unserem Land bisher noch nicht gegeben“, sagte Justizminister Stefan De Clerck.

Politiker aller Parteien zeigten sich fassungslos. „Der Beruf des Richters ist sicherlich mit Gefahren verbunden. Wir wollen zeigen, dass uns nicht gleichgültig lässt, was heute passiert ist“, sagt Staatsanwalt Jean-François Godbille.  „Die Friedensgerichte sind Orte, in denen menschliche Leidenschaften entfesselt werden, wo es Streit gibt. Hier geht es um Sachen, die das tägliche Leben betreffen. Hier gibt es immer die Gefahr von Vergeltung“, meinte Richter Patrick Mandoux vor Journalisten. Hierarchisch stehen die 187 Friedensgerichte in Belgien an der untersten Stelle der Rechtsordnung.

Sie befassen sich nicht mit Kriminalität. Es geht um Ehe- und Mietstreitigkeiten, um Sorgerecht für Kinder und um Adoptionen, es geht auch um die zwangsweise Anordnung von psychiatrischer Unterbringung oder um Entmündigungen. Niemand könne doch die Gebäude und Sitzungssäle sämtlicher Friedensgerichte in Belgien kontrollieren und absichern, sagte Justizminister De Clerck - während in der Öffentlichkeit bereits gefragt wird, was der Staat eigentlich für den Schutz seiner Richter tue. „Das widerspräche dem Charakter der Friedensgerichte, die eine Nachbarschaftsjustiz sein wollen.“ (dpa)

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