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Berlin-Charlottenburg: Rätselraten nach der Tragödie

Die 24-jährige Mutter war drogenabhängig und HIV-positiv, auf die zuständigen Behörden machte sie dennoch einen "sehr gepflegten" Eindruck. Die tragischen Todesfälle seien einfach nicht zu verhindern gewesen, so der Jugendstadtrat.

Die am Donnerstag in einer Wohnung in Berlin-Charlottenburg tot aufgefundene Mutter ist vermutlich an einer Überdosis Drogen gestorben. Ihr sechs Wochen altes Baby sei ersten Obduktionserkenntnissen zufolge nach dem Tod der Mutter verdurstet, teilte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, mit. Hinweise auf ein Fremdverschulden gebe es nicht.

Die zuständigen Behörden wiesen unterdessen jede Mitschuld an der Tragödie von sich. Die 24-Jährige und ihre Tochter seien "engmaschig" betreut worden, sagte der Jugendstadtrat des Bezirkes Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann (SPD). Leider hätten trotz "einer intensiven fachlichen Begleitung und medizinischen Unterstützung" diese tragischen Todesfälle nicht verhindert werden können.

Die Mutter hat einen "sehr gepflegten" Eindruck gemacht

Nach Angaben des Bezirksamtes war die 24-Jährige lettische Staatsbürgerin und lebte seit 2004 in Berlin. Sie war als gelegentliche Kokainkonsumentin bekannt und mit dem HI-Virus infiziert. Zudem litt sie an Hepatitis C. Dennoch habe sie einen "sehr gepflegten" Eindruck gemacht und sich gut um das Kind gekümmert.

Naumann zufolge hatten unmittelbar vor der Entlassung des Säuglings aus der Charité Ende Oktober Sozialarbeiterinnen einen ersten Hausbesuch gemacht und eine saubere, auf ein Baby vorbereitete Wohnung vorgefunden. Die Entscheidung, den Säugling nicht von der Mutter zu trennen, sei in Übereinstimmung mit dem Sozialdienst der Charité getroffen worden.

Nachdem die Frau am Mittwoch nicht zu einem Termin erschienen war, suchte eine Jugendamtsmitarbeiterin am Donnerstag die Wohnung in der Rognitzstraße auf. Da nicht geöffnet worden sei, habe sie die Polizei informiert. Die Beamten fanden

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Polizei und Feuerwehr mussten die Wohnungstür aufbrechen. -

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dann die beiden Leichen.

Das Kind hatte nicht genug Kraft um zu schreien

Der Jugendstadtrat betonte, die Behörden hätten innerhalb von 24 Stunden gehandelt. Lediglich bei konkreten Hinweisen hätte die Handhabe bestanden, die Wohnung früher zu öffnen. Das Schreien des Kindes hätte wohl nicht gehört werden können, da die Wohnung der Frau in unmittelbarer Nähe der Stadtautobahn und des S-Bahn-Ringes liegt. Auch sei das mit der Flasche aufgezogene Kind vermutlich viel zu schwach gewesen, um lange und laut zu schreien.

Laut Staatsanwaltschaft wurde beim Leichnam der Frau ein Spritzbesteck gefunden. Zudem deuteten frische Einstichspuren an den Armen auf einen kurz vor dem Tod erfolgten Drogenkonsum hin. Als wahrscheinlichste Todesursache komme daher eine Drogenvergiftung in Betracht. Die genaue Ursache soll noch durch eine chemisch-toxikologische Untersuchung geklärt werden.

Mirko Hertrich, Marion Schierz

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