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Betrug: Höflichkeit als Falle

Betrüger lassen sich immer neue Tricks einfallen – vielen Menschen fällt es schwer, freundliche Anfragen zurückzuweisen.

Es ist ihm einfach alles über den Kopf gewachsen, die vielen Gewinnversprechungen, Abbuchungen und unbezahlten Rechnungen. Der ältere Herr sei am Ende so überschuldet gewesen, dass er seine Miete nicht mehr habe zahlen können, erzählt Juristin Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Ältere schämen sich oft, wenn sie betrogen worden sind und wollen sich nicht anvertrauen.“ Die Gefahr, gegen den eigenen Willen einen Vertrag abzuschließen, lauert im Internet, im Briefkasten, auf der Straße oder am Telefon. Doch jeder kann sich wehren. „Immer widerrufen“, rät Rehberg.

Internet

Zwei Arten sind häufig.

1. Rechnung für einen Vertrag, der gar nicht abgeschlossen wurde: Wer sich auf einer Internetseite nicht angemeldet hat, um eine Dienstleistung zu beziehen, der steht auch in keinem Vertragsverhältnis. Kommt trotzdem eine Rechnung, sollte der Betroffene die Anmeldung schriftlich bestreiten. Die Verbraucherzentralen bieten im Internet Musterbriefe an.

2. Rechnung für eine scheinbar kostenlose Anmeldung: Auf Internetseiten lauern Angebote, die auf den ersten Blick kostenlos erscheinen. Ein Hinweis auf den Preis steht meist nur in den Teilnahmebedingungen oder unauffällig am unteren Seitenrand. Nicht ausreichend, urteilen Verbraucherzentralen. Beim Anmeldeprozess muss der Seitenbetreiber deutlich sichtbar darüber informieren. Ist das nicht geschehen, kann der Betroffene die Zahlungsforderung abwehren – am besten mit einem Brief an den Seitenbetreiber. In diesem sollte stehen, dass man wegen der unzureichenden Preisinformation von einem kostenlosen Angebot ausgegangen sei und den Vertrag nicht schließen wolle.

Auch über das Internet abgeschlossene Verträge können grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen widerrufen werden. Wer mit der Vertragsbestätigung keine ausführliche – und korrekte – Widerrufsbelehrung bekommen hat, muss sich nicht an die zwei Wochen halten – „dann ist die Frist ewig“, sagt Juristin Rehberg. Tipp: Immer stutzig werden, wenn persönliche Daten abgefragt werden. Bei einer Rechnung auf jeden Fall reagieren und den Vertrag schriftlich widerrufen.

Werbeanrufe

Telefonwerbung ist verboten, außer, der Verbraucher hat vorher ausdrücklich zugestimmt. Trotzdem passiert es. Und häufig bleibt es nicht bei Werbung. Viele Anbieter versuchen, den Verbrauchern Verträge unterzujubeln oder ihre Kontodaten abzufragen, um in großem Stil zu betrügen. Nicht selten werden hinterher hohe Summen abgebucht. Die Verbraucherzentralen raten, am Telefon niemals die eigenen Bankdaten preiszugeben. Wer es doch getan hat, sollte regelmäßig seine Kontoauszüge überprüfen. Abbuchungen können bis sechs Wochen nach Quartalsende zurückgebucht werden. Auch für telefonisch geschlossene Verträge gilt ein Widerrufsrecht. Gerade älteren Menschen fällt es oft schwer, Werbeanrufer abzuwimmeln. „Sie wollen höflich sein und nichts Falsches sagen“, erklärt Rechtsberater Rüdiger Strichau von der Verbraucherzentrale Berlin. „Diese Höflichkeit wird ausgenutzt.“ Er rät, einfach aufzulegen. Wer das nicht möchte, solle sagen: „Es ist unzulässig, was Sie machen“, und nach dem Namen und der Firma des Anrufers fragen. Tipp: Die gute Erziehung vergessen und einfach auflegen. Auf keinen Fall die Bankverbindung herausgeben.

Haustürgeschäfte

Wenn sie keinen schnellen Erfolg erzielen, fahren sie oft die Mitleidstour und erzählen von ihrem geringen Verdienst. Drückerkolonnen sprechen gezielt ältere Menschen an und schwatzen ihnen Verträge auf, die sie nicht möchten. Diese können allerdings innerhalb von zwei Wochen widerrufen werden. Auch wenn ein angeblicher Handwerker, Versicherungsvertreter oder Anlageberater unangekündigt vor der Tür steht, raten die Verbraucherzentralen zur Vorsicht. Betroffene sollten den ungebetenen Besuch nicht in die Wohnung lassen. Stattdessen lieber den Namen seiner Firma und die Telefonnummer erfragen und später die Daten prüfen. Tipp: nichts unüberlegt unterschreiben, immer um eine Bedenkzeit bitten. Ein seriöser Verkäufer wird das verstehen.

Mahnungen

Sie sollen einschüchtern. Auch wer einen Vertragsabschluss schriftlich bestritten oder widerrufen hat, wird von dubiosen Anbietern nicht unbedingt in Ruhe gelassen. Oft folgen trotzdem Mahnungen und Drohungen. „Dann wird das Ganze zum Psycho-Spiel“, sagt Strichau. Mürbe machen und letztlich doch zum Zahlen bewegen, lautet die Strategie. „Aber Mahnungen müssen einen wirklich nicht verunsichern“, beruhigt die Verbraucherzentrale. Die Drohungen seien „nichts als heiße Luft“. Trotzdem sollte auch einer Mahnung innerhalb von zwei Wochen widersprochen werden.

Geldversprechen

Es klingt verheißungsvoll. In einem Schreiben wird dem Empfänger eine hohe Geldsumme versprochen. Der vermeintliche Glückspilz soll sich telefonisch bei dem Absender melden und sagen, was er vorzieht: einen Barscheck oder eine Überweisung aufs Privatkonto. Doch wer die Sondernummer wählt, wird lange in der Leitung gehalten. Bei einem hohen Minutenpreis kommt schnell eine große Summe zusammen. „Hinter diesen Schreiben verbirgt sich immer der Versuch, arglosen Verbrauchern das Geld aus der Tasche zu ziehen“, so die Verbraucherzentrale Berlin. „Die besten Ratgeber sind hier Skepsis und gesunder Menschenverstand.“ Eine beliebte Betrügermasche ist auch, für einen Gewinn zunächst eine Gegenleistung zu verlangen. Der Verbraucher wird aufgefordert, eine bestimmte Summe auf ein Konto im Ausland zu überweisen. Dann bekomme er ein Auto, einen Millionengewinn oder sein Traumhaus. Hier gelte der Satz: „Niemand hat etwas zu verschenken“, warnt Strichau.

Enkeltrick

„Na, rate mal, wer dran ist“, säuselt eine Stimme ins Telefon. Der Anrufer gibt sich als Verwandter aus, gern als Enkel. Opfer sind meist ältere Damen mit schwachem Erinnerungsvermögen. Sie bekommen eine herzerweichende Geschichte vom armen Enkel zu hören, der dringend Geld braucht. Oft lassen sich Opfer überreden, hohe Summen zu verschenken.

Christine Cornelius

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