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Panorama: Biotop der Kleingeister

Schrebergartenverein kippt Migrantenquote.

Für die vor den Toren Hamburgs wohnenden Norderstedter ist ein Schrebergarten ein Rückzugsort für familiären Frieden in grüner Umgebung. Doch seit das Ergebnis einer Mitgliederbefragung im Verlauf eines Grünkohlessens im Kleingartenverein Harksheide bekannt geworden ist, hat bundesweite Empörung die alltägliche Ruhe und Gemütlichkeit der Kleingärtner verdrängt. Mit deutlicher Mehrheit hatte man am 30. Oktober eine Ausländerquote, und eine selektive dazu, beschlossen. Die Stadt drohte mit der außerordentlichen Kündigung des Pachtvertrages gegenüber dem Kleingartenverein, und letzterer ist nun zurückgerudert.

Den Mitgliedern wurde im Oktober ein Abstimmungsbogen vorgelegt, bei der es um eine migrantische Aufnahmequote ging. Zu befinden war über drei Zahlen: 27 Prozent angelehnt an den migrantischen Bevölkerungsanteil Hamburgs, 19,6 Prozent als Migrantendurchschnitt Deutschlands sowie 12,6 Prozent als statistischer Migrantenanteil Schleswig-Holsteins, denn Norderstedt (Kreis Segeberg) gehört zum nördlichsten Bundesland.

73 Parzellen umfasst die Anlage am Kringelkrugweg, 70 Kleingärtner stimmten ab. Elf votierten gegen eine Quotierung, 59 dafür. 41 Anwesende stimmten für die schärfste Quotenvariante. Und als sei das nicht genug, beschloss man mehrheitlich dann auch noch, dass bei einer künftigen Quote, die dann neun Parzellen umfassen würde, davon maximal je 25 Prozent Kleingärtner mit osteuropäischer Herkunft und 25 Prozent türkischer oder arabischer Herkunft sein dürfen. Derzeit trifft man am Kringelkrugweg übrigens 13 migrantische Gärtner an.

Offen wird von einigen Norderstedter Schrebergärtnern kritisiert, dass „die“ über Jahre alle Integrationsbemühungen ignoriert hätten. Der 68-jährige Vereinschef Gerd Kühl berichtet, dass es ein „Nebeneinander, aber eben kein Miteinander“ gebe. Andere ärgern sich über die Bepflanzung mit Gemüse statt mit Ziersträuchern. Aber auch das öffentliche Auftreten der Ausländer, wenn Partys mit bis zu 20 Besuchern gefeiert würden, wird im Norderstedter Gartenbiotop offenbar als störend empfunden.

Die Quoten-Entscheidung löste einen Sturm der Entrüstung quer durch alle demokratischen Parteien aus. Beifall zollte nur die NPD, und Kleingartenvorsitzender Kühl wurde nicht nur beim Norderstedter Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) zum Rapport bestellt, sondern musste sich gegenüber dem Landesverband Gartenfreunde rechtfertigen. Auch die Kirche meldete sich zu Wort: „Wir brauchen Nachbarschaft statt Ausgrenzung“, sagt Pastor Michael Schirmer. Schleswig-Holsteins Integrationsminister Emil Schmalfuß (parteilos) sprach von einer nicht hinnehmbaren Diskriminierung.

Kühl war seitdem um Schadensbegrenzung bemüht. Die Abstimmung sei lediglich ein Meinungsbild gewesen. „Wir sind keine Rassisten“, betont Kühl. Am Donnerstagabend nahmen die Kleingärtner auf einer Mitgliederversammlung den umstrittenen Beschluss zurück. „Der Verein hat jetzt das wiedergutgemacht, was vorher schlecht gemacht worden ist“, sagte der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde, Norbert Franke. Die Entscheidung sei einstimmig gewesen, und der Vorstand habe sich bei den Migranten im Verein entschuldigt. „Es ist klar und deutlich geworden, dass das ein Fehler war.“

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