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Panorama: Bisher hat er noch nichts bewiesen

Experten äußern Zweifel an Goddios angeblicher Entdeckung des Palastes der Kleopatra VON CHRISTIAN BÖHMEFranck Goddio geriet rasch ins Schwärmen.Verschwenderisch, außerordentlich luxuriös und voller Farben seien die von ihm und seinen Mitarbeitern gefundenen Bauten auf dem Meeresgrund im Hafenbecken von Alexandria.

Experten äußern Zweifel an Goddios angeblicher Entdeckung des Palastes der Kleopatra VON CHRISTIAN BÖHME

Franck Goddio geriet rasch ins Schwärmen.Verschwenderisch, außerordentlich luxuriös und voller Farben seien die von ihm und seinen Mitarbeitern gefundenen Bauten auf dem Meeresgrund im Hafenbecken von Alexandria.Ein Jahrhunderträtsel habe er nun lösen können, verkündete der Berufstaucher den versammelten Journalisten vor einigen Tagen: "Der Palast der Pharaonin Kleopatra ist gefunden." Das allein schon hätte für eine archäologische Sensation ersten Ranges ausgereicht.Doch der Leiter eines "Europäischen Instituts für Meeresarchäologie" hatte noch mehr zu bieten und erregte damit weltweites Aufsehen. Bei seinen zahllosen Tauchgängen habe er weitere wichtige Bauten der 331 vor Christus von Alexander dem Großen gegründeten antiken Hafenstadt entdeckt - vom Poseidontempel über das Timoneum des römischen Feldherren Marcus Antonius bis zum Leuchtturm von Pharos, eines der sieben Weltwunder.Ein Jahrhundertfund also? Das bleibt abzuwarten.Denn bislang ist Amateur-Archäologe Goddio Beweise für seine Behauptungen schuldig geblieben.Bei der Pressekonferenz legte der 49jährige lediglich einige verschwommene Fotos seiner Entdeckungen und einen Plan vor.Funde konnte er nicht präsentieren.Und so mehren sich auch die Stimmen der Fachleute, die vor zu schnellen Schlüssen warnen.Schwierig wird es zum Beispiel für Goddio, die im Schlamm entdeckten Statuen, Granitsäulen, Sphingen und Steinquader mit Hieroglyphen einem Palast der Kleopatra zuzuweisen.Denn in der schriftlichen Überlieferung ist von einem speziellen Palast der letzten Herrscherin aus dem Geschlecht der Ptolemäer überhaupt nicht die Rede."Wir wissen gar nichts über den Palast der Kleopatra", warnt der Berliner Archäologe Wolfram Hoepfner.Bevor nicht eindeutige Beweise vorliegen, sei Vorsicht geboten.Allerdings will der Architekturfachmann nicht ausschließen, daß die Taucher vor der im Hafen gelegenen kleinen Insel Antirrhodos auf einige Überreste der einstmals riesigen Palastanlage der Ptolemäer gestoßen sind.Den Großteil der Herrscherresidenzen vermutet er unter den modernen Gebäuden des Hafenareals.Für denkbar hält es Hoepfner, daß Ruinen eines königlichen Hauses gefunden wurden, das laut des antiken Geographen Strabo auf Antirrhodos stand.Daß dort Kleopatra lebte, erwähnt Strabo aber mit keinem Wort. Ebenso wie Hoepfner rät auch der Leiter des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo, erst einmal abzuwarten."Bevor nicht bessere und aktuelle Fotos oder Fundstücke vorliegen, bleibt das alles unwissenschaftlich", sagte Rainer Stadelmann dem Tagesspiegel.Die Pläne zum Beispiel, die Goddio jetzt vorgelegt habe, seien in dieser Form nicht neu.Auch nicht neu ist die Entdeckung des Leuchturmes von Pharos, der bis zu seinem teilweisen Untergang durch ein Erdbeben im vierten Jahrhundert 50 Kilometer weit sein Licht auf das Meer warf.Schon vor fast zwei Jahren fanden französische Archäologen unter der Leitung von Jean-Yves Empereur Architekturüberreste des einstigen Weltwunders.Mit von der Partie war damals auch Franck Goddio.Danach stieg er jedoch aus dem Forscherteam aus und ging beruflich seinen eigenen Weg, und der führte ihn wieder in das Hafenbecken von Alexandria.Ob der Taucher dort wirklich auf eine archäologische Sensation namens "Palast der Kleopatra" gestoßen ist, wird sich zeigen müssen. Aufmerksamkeit ist Goddio gewiß.Denn 2000 Jahre nach ihrem Freitod regt die Herrscherin immer noch die Phantasie an: Verschwendungssüchtig, macht- und männerhungrig, von teuflischer Schönheit sei Kleopatra gewesen (Münzbilder zeigen sie mit einer wenig vorteilhaften Hakennase), so die antiken Gewährsmänner.Doch die Geliebte Caesars und Marc Antons war auch eine geschickte Königin, die es verstand, ihrem Reich zeitweise die Souveränität gegenüber Rom zu bewahren. Ob der Schleier ihres Mythos durch die Funde in Alexandrias Hafen gelüftet wird, bleibt abzuwarten.

CHRISTIAN BÖHME

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