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Vom Laufsteg in den Zeugenstand? Naomi Campbell muss möglicherweise vor dem Kriegsverbrechertribunal aussagen.

© dpa

Blutdiamanten: Naomi Campbell könnte Zeugin in Kriegsverbrecherprozess werden

Naomi Campbell könnte zur Schlüsselzeugin im Kriegsverbrecherprozess gegen den früheren liberianischen Machthaber Charles Taylor werden. Er soll dem Model einen Blutdiamanten geschenkt haben.

Naomi Campbell hat ihre Erfahrungen mit Gerichten. Oft genug musste sich die 39-Jährige dort für ihr Temperament und daraus folgende Tätlichkeiten gegen Dienstmädchen, Chauffeure oder Polizisten verantworten. Doch nun könnte ihr ein neues Erlebnis bevorstehen: Der Special Court for Sierra Leone, vor dem die Kriegsverbrechen im zehn Jahre (1991 bis 2001) dauernden Bürgerkrieg in dem westafrikanischen Land verhandelt werden, hat zugestimmt, dass Campbell mit ihrer früheren Agentin Carole White und der amerikanischen Schauspielerin Mia Farrow in den Zeugenstand vorgeladen werden darf. Die endgültige Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen, aber nach dem Beschluss der Richter am 30. Juni in Den Haag doch sehr wahrscheinlich.

Taylor wird für Massaker, Verstümmelungen und Massenvergewaltigungen verantwortlich gemacht

Campbell ist unversehens zur Schlüsselzeugin der Anklage gegen den früheren liberianischen Präsidenten Charles Taylor geworden. Seit Januar 2008 steht Taylor vor Gericht, weil er über die von ihm unterstützte Rebellentruppe RUF (Revolutionary United Front) im Nachbarland Sierra Leone für Kriegsverbrechen, Massaker, Verstümmelungen und Massenvergewaltigungen verantwortlich sein soll. Die Anklage wirft ihm vor, den Rebellen im Austausch für illegal geschürfte Diamanten – sogenannte Blut-Diamanten, mit denen afrikanische Bürgerkriege finanziert und damit verlängert wurden und werden – Waffen beschafft zu haben. Die Rebellen sollen ihn mit ungeschliffenen Diamanten bezahlt haben, vermutet die Chefanklägerin Brenda J. Hollis.

Für seine Terrormilizen ließ Charles Taylor in Sierra Leone und in Liberia Tausende Kinder rekrutieren.
Für seine Terrormilizen ließ Charles Taylor in Sierra Leone und in Liberia Tausende Kinder rekrutieren.

© Reuters

Naomi Campbell traf 2009 in Südafrika auf Taylor

Hollis hatte im Prozess die Anklage eigentlich schon im Februar 2009 abgeschlossen. Seit Juli 2009 hat die Verteidigung Taylors, und damit vor allem er selbst, das Wort. Doch im Sommer 2009 hat Hollis nach eigenen Worten erfahren, dass Naomi Campbell bei einem Besuch in Südafrika im Jahr 1997 einen großen ungeschliffenen Diamanten von Charles Taylor geschenkt bekommen haben soll. Campbell und Mia Farrow nahmen an einem Wohltätigkeitsessen im Haus des damaligen Präsidenten Nelson Mandela teil. Später stieß Charles Taylor zu ihnen, der sich nach eigener Aussage vor Gericht zu einer medizinischen Behandlung in Südafrika befunden habe. Farrow hat dem Sondergericht in Den Haag im Dezember 2009 schriftlich die Information gegeben, dass Campbell ihr am folgenden Morgen erzählt habe, das britische Supermodel sei nachts von einigen Männern geweckt worden, die ihr einen großen Diamanten überreicht hätten. Sie hätten gesagt, der Stein sei ein Geschenk von Taylor. Farrow sagte dem amerikanischen Fernsehsender ABC vor zwei Monaten: „Man vergisst es nicht, wenn eine Freundin einem erzählt, dass sie mitten in der Nacht einen riesigen Diamanten geschenkt bekam.“ Zudem hat Farrow nach ABC-Informationen in einem privaten Fotoalbum ein Foto gefunden, das Campbell mit Taylor zeigt. Campbells frühere Agentin White bestätigt die Geschichte. Sie gab dem Gericht zu Protokoll, sie habe von Taylors Helfern gehört, dass sie den oder die Diamanten bei Campbell abgeliefert hätten.

Als Hollis Taylor vor Gericht nach dem Diamanten für Campbell fragte, sagte dieser sehr ruhig: „Das ist totaler Quatsch.“ Campbell selbst hat sich bisher geweigert, der Chefanklägerin Rede und Antwort zu stehen. Doch eine Reporterin des Senders ABC fragte Campbell im April nach dem Blutdiamanten. Darauf sagte sie wütend: „Ich habe keinen Diamanten bekommen, und ich werde nicht darüber sprechen.“ Dann lief sie aus dem Studio und warf auf dem Weg eine Kamera um. Für Hollis wäre eine Bestätigung von Campbell der entscheidende Beweis, dass Taylor tatsächlich im Besitz von Blut-Diamanten war. Campbells Auftritt vor dem Sondergericht würde die Aufmerksamkeit für den Fall Taylor bestimmt erhöhen.

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