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Malle

© dpa

Bombenanschlag: Eta-Terroristen machen Mallorca unsicher

Terror im Ferienparadies: Ein Anschlag mit zwei Toten im Badeort Palmanova, eine weitere Bombe, die nicht zündet, Flughafen und Häfen dicht - der Eta-Terror hat die Ferieninsel Mallorca erreicht.

Mitten in der Hochsaison haben mutmaßliche Eta-Terroristen auf der spanischen Insel Mallorca einen Bombenanschlag verübt, zwei Beamte der paramilitärischen Guardia Civil getötet und mehrere Passanten verletzt. Das Attentat ereignete sich am Donnerstag im beliebten Badeort Palmanova, in dem Tausende von Urlaubern ihre Ferien verbringen und auch die spanische Königsfamilie ihre Sommerresidenz hat. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass der Anschlagsort nicht zufällig ausgesucht wurde: Am Wochenende wurden König Juan Carlos und Königin Sofía in dem nur acht Kilometer entfernten Marivent-Palast erwartet.

Die Behörden haben keinen Zweifel daran, wer hinter dem Anschlag steckt. Ihrer Meinung nach wurde die Haftbombe am Boden des Polizeifahrzeugs von Mitgliedern der baskischen Terrororganisation Eta angebracht. Deren Gründung jährt sich am morgigen Freitag zum 50. Mal.

Pünktlich zu ihrem Jahrestag wollten die Terroristen offenbar auf perfide Art und Weiße ein Fanal setzen. Wie schon oft in ihrer Historie versteckten sie eine zweite Bombe in einem parkenden Auto, die die Sicherheitskräfte neben dem bereits explodierten Wagen der Guardia Civil entdeckten. Wäre dieser Sprengsatz detoniert, hätte es sicherlich noch weitere Todesopfer gegeben - Polizisten, Sanitäter und Ermittler waren sofort zum Anschlagsort geeilt. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur EFE wollten Sprengstoffexperten der Polizei die zweite Bombe noch am Abend mit einer "kontrollierten Sprengung" unschädlich machen.

Die Eta setzt in diesen Tagen offenbar gezielt auf die Mittel der Gewalt: Bereits am Vortag kam es zu einem ähnlichen Anschlag auf eine Polizeikaserne in der nordspanischen Stadt Burgos. Auch dahinter werden die baskischen Terroristen als Drahtzieher vermutet. Durch den Sprengsatz der 200-Kilo-Bombe wurden 65 Menschen verletzt, darunter auch Kinder.

Die mallorquinischen Behörden reagierten umgehend auf den Anschlag in Palmanova: Um ein Entkommen der Terroristen zu verhindern, leiteten sie die "Operation Käfig" ein und ordneten die vorübergehende Schließung des Flughafens und der Seehäfen an. Damit war der Flughafen Son Sant Joan - während der Feriensaison einer der Airports mit dem höchsten Passagieraufkommen in Europa - für fast zwei Stunden gesperrt, genauso wie die See- und Jachthäfen der Insel. Mallorca war von der Außenwelt praktisch abgeriegelt.

Für den europäischen Luftverkehr hatte dies trotz der nur relativ kurzen Zwangspause weitgehende Auswirkungen. Fast überall kam es zu massiven Verspätungen, viele Flugzeuge, die in Richtung Mallorca starten sollten, blieben in den Heimatländern zunächst am Boden, andere Maschinen, die bereits in der Luft waren, wurden umgeleitet. Besonders hart traf es die deutsche Fluggesellschaft Air Berlin, die in Palma ihr Drehkreuz mit zahlreichen Umsteigeverbindungen unterhält. Doch auch tausende Passagiere anderer Fluglinien waren betroffen, für Donnerstag war die Abfertigung von 660 Flugzeugen mit insgesamt 86.900 Fluggästen vorgesehen.

Nach der Öffnung des Flughafens am Abend hat sich die Lage aber deutlich entspannt. Der Deutsche ReiseVerband (DRV) teilte mit, dass die deutschen Reiseveranstalter ihre Gäste auf Mallorca betreuen und die Reiseleitungen sie über den aktuellen Sachstand informieren. Da es auf Mallorca kein Nachtflugverbot gibt, hoffen die Fluggesellschaften die Verspätungen im Laufe der Nacht wieder aufholen zu können.

Nicht nur für Flug-, auch für Hotelgäste dürfte sich die Situation zusehends wieder beruhigen. Unmittelbar nach dem Anschlag durften zahlreiche Urlauber in Palmanova in der Nähe des Tatorts ihre Hotels vorübergehend nicht verlassen. Die Polizei hatte um den Ort der Explosion eine Sicherheitszone eingerichtet und das Betreten und Verlassen des Gebiets zeitweise untersagt. Diese Regelung wurde inzwischen aufgehoben und nur wenig weiter entfernt gab es überhaupt keine Auswirkungen. "Bei uns geht der Betrieb ganz normal weiter", berichtete am Nachmittag eine Mitarbeiterin des Empfangs im Hotel Comodoro Playa. "Unser Haus liegt ungefähr zehn Minuten vom Ort der Explosion entfernt. Die meisten Gäste sind bei 30 Grad am Strand."

In der Vergangenheit hatte die Eta auf der Ferieninsel im Mittelmeer bereits mehrere Anschläge verübt, dabei aber bislang keinen Menschen getötet. Im Jahr 1995 war die Organisation auf der Insel mit dem Vorhaben gescheitert, König Juan Carlos mit einem Präzisionsgewehr zu erschießen.

Die Eta begann ihren gewaltsamen Kampf für ein unabhängiges Baskenland im Norden Spaniens Ende der sechziger Jahre. Seither sind bei Anschlägen mehr als 825 Menschen ums Leben gekommen. In den vergangenen Monaten hatte die Organisation schwere Rückschläge hinnehmen müssen. Ihre Anführer wurden festgenommen, der politische Arm Batasuna (Einheit) und die Nachfolgeparteien für illegal erklärt. Dennoch geben sich die Terroristen nicht geschlagen. Erst riefen ehemalige Eta-Chefs aus der Haft dazu auf, die Organisation aufzulösen. Dann leitete die neue Führung einen "Prozess des Nachdenkens" über die künftige Strategie ein und hielt schließlich am Terror fest. Damit findet sie in Teilen der baskischen Bevölkerung einen gewissen Rückhalt: Etwa 15 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren hält den Terror für gerechtfertigt.

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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