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Peloponnes

© dpa

Brände in Griechenland: "Die Umgebung von Olympia gibt es nicht mehr"

Die verheerenden Feuer auf der griechischen Halbinsel Peloponnes haben Olympia erreicht. Die antiken Stätten blieben bislang verschont, doch bei der schlimmsten Brandkatastrophe in Griechenland seit Menschengedenken starben mindestens 61 Menschen.

Am Sonntagabend stieg die Zahl der Toten infolge der Waldbrände in Griechenland auf 61; nachdem fünf weitere Leichen auf Peloponnes gefunden worden waren. Unter den Todesopfern sind auch mindestens sieben Kinder. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt, 3000 Menschen sollen allein im Westen des Peloponnes obdachlos geworden sein. Am Sonntag griffen die Flammen auf die Ausgrabungsstätten von Olympia über und richteten immensen Schaden an. Zwar rollte die Feuerwalze nach ersten Berichten am antiken Stadion, am Heiligen Hain und am Museum vorbei, doch die gesamte Umgebung der Weltkulturerbe-Stätte wurde zerstört.

Auf tragische Weise kamen am Abend fünf junge Leute auf der Insel Euböa ums Leben. Sie hatten auf eigene Faust versucht, ihr Dorf vor dem Flammeninferno zu retten. Zwei Menschen erlitten schwere Verbrennungen und schweben in Lebensgefahr. "Es ist eine nationale Tragödie", sagte der griechische Ministerpräsident Kostas Karamanlis. Die Regierung hatte bereits gestern den Notstand und eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Alle Fahnen wurden bis Montag auf Halbmast gesetzt. Auch aus Bulgarien werden Todesopfer von Waldbränden gemeldet. Nahe der Grenze zur Türkei sollen dort zwei Menschen ums Leben gekommen sein.

"Olympia brennt! Helft uns!"

Am schlimmsten wüteten die Feuer im Westen der Halbinsel Peloponnes, auf der Insel Euböa und in der Region um Korinth. "Olympia brennt! Helft uns! Die Front kommt auf die antike Stätte zu. Wir müssen weg", schrie der Direktor der Museumsanlage, Christos Giannaras, ins Telefon, als stürmischer Wind das Flammenmeer am Nachmittag unaufhörlich in Richtung Olympia trieb und die ersten Häuser sowie Pinienbäume in Brand setzte. Nach Medienberichten rollte die Feuerwalze jedoch an den Anlagen des Heiligen Hains, des antiken Stadions und des Museums vorbei. "Ich glaube, das Museum hat kein Feuer gefangen", sagte der Generalsekretär des Kulturministeriums, Christos Zachopoulos. Die Schäden sind dennoch immens. "Die einmalige Umgebung von Olympia, der Wiege der Olympischen Spiele, gibt es nicht mehr", erklärte der Präfekt der Region.

Lokalpolitiker werfen der Regierung in Athen vor, dass sie nicht in der Lage sei, das Weltkulturerbe zu schützen. Das automatische Löschsystem der Anlage hat ersten Berichten zufolge wegen niedrigen Wasserdrucks nicht richtig funktioniert. Hubschrauber versuchen immer wieder, durch das Abwerfen von Meerwasser die Flammen einzudämmen. Dutzende Feuerwehrleute und freiwillige Helfer kämpfen immer noch gegen die Feuersbrunst. Die Gefahr ist noch lange nicht gebannt, warnte ein Sprecher der Feuerwehr.

Wichtigste Eisenbahnverbindung geschlossen

Auch in Mittelgriechenland flammen immer wieder Brände auf. Die wichtigste Eisenbahnverbindung des Landes von Athen in die Hafenstadt Thessaloniki im Norden musste am Nachmittag wegen eines Waldbrandes bei Lamia geschlossen werden.

Unterdessen kündigte die Regierung in Athen Hilfsmaßnahmen für Betroffene an. Danach soll jeder Obdachlose 3000 Euro Soforthilfe erhalten. Jede Familie, die ihren Haushalt verloren hat, bekomme 10.000 Euro, teilte der griechische Finanzminister Giorgos Alogoskoufis mit und rief zu Spenden auf. Kinder und Ehepartner von Todesopfern bekommen den Status eines Verwandten von im Kriegsdienst Gefallenen zuerkannt. Jeweils ein Mitglied der Familie soll die volle Rente des Gestorbenen erhalten.

Schwierige Identifizierung der Toten 

Viele Todesopfer sind nach Auskunft von Ärzten bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. "Verwandte haben Schwierigkeiten, die Opfer zu identifizieren", sagte der Direktor des Krankenhauses in Tripolis, Giannis Koumboúros. "Wir haben hier acht Leichen. Keine konnte erkannt werden. Wir brauchen DNA-Tests zur Identifizierung". Nach drei Tagen im Dauereinsatz bringt die Wettervorhersage den erschöpften Feuerwehrleuten wenig Hoffnung. Wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte, werden die Temperaturen in Griechenland auch in den nächsten Tagen kaum unter 30 Grad sinken. Eine wochenlange Hitzewelle mit Temperaturen um die 40 Grad hatte das Land austrocknen lassen, seit Monaten hat es nicht mehr geregnet. Nach inoffiziellen Schätzungen verbrannten allein in den vergangenen drei Tagen 70.000 Hektar Land.

Bundeswehr entsendet drei Löschhubschrauber

Im Kampf gegen das Flammeninferno kamen den Feuerwehrleuten heute auch Löschhubschrauber und -flugzeuge sowie Feuerwehrleute aus anderen europäischen Ländern zu Hilfe. Die Bundeswehr entsendet drei Transporthubschrauber CH-53 mit großen Löschwasserbehältern aus Bayern nach Griechenland.

Viele griechische Politiker machen Bodenspekulanten verantwortlich für die Katastrophe. Ministerpräsident Karamanlis sagte: "Es kann kein Zufall sein, dass wir so viele Waldbrände innerhalb kürzester Zeit haben." Seine Regierung hat Belohnungen zwischen 100.000 und einer Million Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Festnahme von Brandstiftern führen. Das griechische Ministerium für öffentliche Ordnung bestätigte später den Betrag. Die Höhe der Belohnung richte sich nach der Anzahl der Brandopfer, hieß es dort. Die Behörden nahmen unterdessen von den sieben mutmaßlichen Brandstiftern, die am Samstag verhört wurden, drei fest. In allen drei Fällen soll es sich um fahrlässige, nicht um vorsätzliche Brandstiftung handeln.

Reisebranche: Kaum Stornierungen

Der Reiseveranstalter TUI fliegt trotz der Waldbrände weiter Touristen nach Griechenland. Bislang gebe es keine Absagen, sagte Sprecher Robin Zimmermann in Hannover. "Die Brände sind derzeit noch weit von unseren Vertragshotels entfernt, daher gibt es keinen Anlass, Reisen zu stornieren." (mit dpa, AFP)

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