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Braunbär: Bruno hatte eine "Problemmutter"

Bayerns Bärenbeauftragter Manfred Wölfl hätte sich so sehr einen "normalen Bären" gewünscht. Doch Bruno hielt sich so gar nicht an die üblichen Verhaltensweisen wilder Bären, wie sie zu Dutzenden in Italien und Österreich leben.

München - "Dass ausgerechnet er, der erste Bär seit 170 Jahren in Bayern, ein Risikobär ist, ist frustrierend. Wie oft hab' ich geflucht: 'Du Depp, warum verhältst du dich so, dass du so ein Risiko bist?'" Bayerns Bärenbeauftragter Manfred Wölfl hätte sich so sehr einen "normalen Bären" gewünscht. Einen, der zurückgezogen in den Wäldern lebt und den Menschen scheut. Doch Bruno hielt sich so gar nicht an die üblichen Verhaltensweisen wilder Bären, wie sie zu Dutzenden in Italien und Österreich leben. Bruno suchte stets die Nähe der Menschen, um dort Schafe zu reißen und in Hühner- und Hasenställe einzubrechen.

Nach Einschätzung der Behörden wuchs dabei auch ständig die Gefahr, dass Bruno einen Menschen angreifen könnte. Deswegen wurde er am Montagmorgen unweit des oberbayerischen Spitzingsees von Jägern erschossen.

DNA-Vergleiche hatten gezeigt, woher Bruno sein auffälliges Verhalten hatte. Der Wildbiologe Andreas König von der Technischen Universität in Freising brachte es auf den Punkt: "Den ganzen Unsinn hat ihm die Mutter beigebracht." Bruno war ein Sohn der Bärin Jurka, die im Südtiroler Adamello-Brenta-Naturpark lebt. Nach Angaben des bayerischen Umweltministeriums gilt auch sie dort als Problembärin. Brunos Vater war Joze, ein ebenfalls aus dem EU-Wiederansiedelungsprojekt "LIFE" stammenden Tier. Aus den beiden Anfangsbuchstaben der Eltern ergab sich die Bezeichnung JJ1 für Bruno. Er war der Erstgeborene und hatte noch einen Zwillingsbruder, JJ2 genannt, der nach Zwischenfällen in der Schweiz auch als Problembär gilt und seit einigen Wochen verschollen ist.

Die Jungtiere lernten über die Mutterbindung, wo es etwas zu fressen gibt und wie man sich die Nahrung einfach und ohne großes Risiko beschafft. Die 15 Monate, die Jungtiere bei der Mutter verbringen, seien dabei "äußerst prägend", sagte König. Bruno war erst zwei Jahre alt und somit noch nicht lange von seiner Mutter weg. "Tiere denken ökonomisch", betonte König. Ein Reh zu jagen, sei wesentlich aufwändiger als in einen Stall einzudringen oder Schafe auf der Weide zu töten.

Unsteter Bär

Bei der wochenlangen Jagd auf Bruno machte den Behörden eine weitere Eigenschaft des Problembären zu schaffen, die er von seiner Mutter übernommen hat. Bruno kehrte nie an den Ort zurück, wo er Beute gemacht hatte. Was er nicht sofort fressen wollte oder konnte, ließ er einfach liegen und machte sich aus dem Staub. Daher war es für die Jäger äußerst schwierig zu erahnen, wohin sich Bruno bewegen würde. Seine Wanderungen führten ihn denn auch im Zickzack-Kurs durch das bayerisch-österreichische Grenzgebiet.

Umweltministeriumssprecher Roland Eichhorn erklärte: "Der Bär hat einmal eine Vergrämungsaktion bei der Mutter miterlebt, die aber schief gelaufen ist." Das Muttertier wollte damals mit den Jungbären zu seiner Beute zurückkehren, die es am Vortag gerissen hatte. "Als die Gummigeschosse, die das Muttertier vergrämen sollten, auf den Bären einprallten, lernte er: 'Komme ich ein Mal, gibt es Fressen, aber wenn ich ein zweites Mal zurückkehre, gibt es Ärger'", sagte Eichhorn.

Nachdem Bruno nun erlegt wurde, hofft der amtliche Bärenbeauftragte Wölfl auf "vernünftigere" Nachfolger in der Zukunft. Bayern habe keine prinzipiellen Probleme mit Bären, betonte er in den Wochen der Suche nach Bruno immer wieder, nur dieser spezielle Risikobär sei eben zu gefährlich. Die Umweltstiftung WWF Deutschland rechnet damit, dass schon kommendes Jahr weitere Bären nach Bayern einwandern werden. Nach Angaben des WWF-Artenschutzexperten Roland Melisch wachsen derzeit im Trentino in Italien fünf neue Jungbären auf. Drei davon sind allerdings Halbbrüder von Bruno - und wie sich die Erziehung durch Bärenmutter Jurka auswirkt, hat Bayern ja gerade erst erlebt. (Von Ulrich Meyer, ddp)

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