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Braunbär in Bayern: Experten setzen nicht auf Betäubungsgewehr

Muss der Braunbär wirklich sterben? Könnte man das zum Abschuss freigegebene Tier nicht mit einem Betäubungsgewehr außer Gefecht setzen? Diese Frage bewegt die Gemüter vieler Tierfreunde Deutschlands.

Garmisch-Partenkirchen - «Der Einsatz eines Betäubungsgewehrs ist nicht so einfach. Darüber machen sich viele ganz falsche Vorstellungen», betont der österreichische Bären-Experte Georg Rauer. Sprecher Roland Eichhorn vom bayerischen Umweltministerium formuliert es drastischer: «Das ist nicht wie bei Karl May. Es kann sich niemand als Trapper Joe einfach auf die Fährte des Bären begeben.»

Natürlich bleibe der Einsatz eines Betäubungsgewehrs «weiter eine Option», sagt Rauer. Zunächst versuche man aber weiter, das Tier im Raum Garmisch-Partenkirchen mit einer Röhrenfalle zu fangen. Das sei jedoch sehr schwierig, weil dieser Bär eben anders als seine Artgenossen sei. Er lege bis zu 20 Kilometer am Tag zurück und kehre nicht an die Orte zurück, an denen er andere Tiere gerissen habe. An diesen Orten hätten sich die Bären-Experten deshalb bisher ohne Erfolg mit ihrer Röhrenfalle auf die Lauer gelegt.

Wegen der großen Mobilität des zotteligen Tieres seien auch die Chancen für den Einsatz eines Betäubungsgewehrs gering, erläutert Rauer, der bei der Umweltorganisation WWF Österreich arbeitet. Denn der Experte mit dem Betäubungsgewehr müsste genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. «Das ist wie ein Lotteriespiel.» Die Jäger dürften sowieso nicht mit einem Betäubungsgewehr arbeiten, das dürften nur Tierärzte mit einer speziellen Ausbildung. «Es gibt nicht viele, die das können.»

Auch beim Einsatz eines Betäubungsgewehrs stecke der Teufel im Detail. Für dessen Einsatz dürfe man nicht mehr als 30 Meter vom Bären entfernt sein. «Der Bär fällt auch nicht gleich um, sondern bleibt noch fünf Minuten auf den Beinen und kann sich zurückziehen», sagt Rauer. Wenn man das Tier dann im Dickicht suchen müsse und es noch nicht im Tiefschlaf sei, könne es böse Überraschungen geben. Beim Betäubungsmittel sei es auch extrem schwierig, dies «vernünftig zu dosieren», pflichtet Jörn Ehlers vom WWF Deutschland bei. «Nimmt man zu viel, dann stirbt das Tier, nimmt man zu wenig, wird es erst recht gefährlich», sagte Ehlers am Dienstag dem NDR.

Sicherheitsrisiko: Bär

Der bayerische Bär ist anders als seine Artgenossen nicht menschenscheu, sondern sucht seine Nahrung auch bei Siedlungen. Er gilt deshalb als Sicherheitsrisiko und wurde von Bayerns Behörden zum Abschuss freigegeben. Wie unterschiedlich die Meinung dazu auch bei Experten ausfällt, zeigt das Beispiel von Rauer. Er selbst findet die Freigabe zum Abschuss okay, seine Organisation WWF Österreich wünscht dagegen ein Einfangen des Tieres. «Man darf sich nicht immer nur auf den Bären fixieren, sondern muss auch die Sicherheit der Menschen sehen», sagt Rauer.

Auch in Slowenien mit rund 400 Bären in freier Natur oder in den USA würde ein Bär wie der in Bayern, der nicht mal vor Hühnerställen Halt mache, ohne Zögern zum Abschuss freigegeben, betont der Experte. «Wenn der Bär das Hendl unterm Vordach schnabuliert, dann ist es aus.» Rauer bezweifelt auch, ob die Unterbringung des von Tirol nach Bayern gezogenen Bären in einem Gehege wirklich eine positive Perspektive für ein so bewegungsfreudiges Tier sei: «Das ist doch kein glückliches Leben für einen Bären, aber daran denkt keiner.» (tso/dpa)

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