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Größtes Krankenhaus der Stadt. Das Klinikum Bremen-Mitte informierte am Mittwoch über die Vorgänge in der Neugeborenen-Station. Sie wurde geschlossen. Foto: Jörg Sarbach/dapd

© dapd

Bremen: Tod durch Keime

In Bremen sind drei Frühgeborene gestorben – die Behörden hatten zunächst nicht informiert.

Im größten Bremer Krankenhaus, dem städtischen Klinikum Mitte, sind drei frühgeborene Säuglinge durch Infektion mit einem resistenten Darmkeim gestorben. Das gaben Klinik- und Behördenvertreter am Mittwochabend bekannt. Woher die Keime kamen, sei trotz umfangreicher Maßnahmen noch nicht geklärt worden, hieß es auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Den Berichten zufolge handelt es sich um einen Keim mit der Eigenschaft ESBL, der gegen Antibiotika resistent ist (Kasten). Es geht dabei um Bakterien der Gattung Klebsiella. Wie der Erreger in die Station kam, ist unklar. „Die Ursache ist extrem schwierig zu finden“, sagte der Gesundheitsstaatsrat Joachim Schuster (SPD). Die Quelle könnten Menschen, aber auch Gegenstände sein. Die Keime kämen im Darm vor und würden in einer mutierten Form gefährlich.

Nach Angaben der Klinik ereigneten sich die Todesfälle bereits zwischen dem 8. August und dem 27. Oktober. Vier weitere Kinder erkrankten schwer, sind aber nach Angaben des Gesundheitsstaatsrats Joachim Schuster auf dem Weg der Besserung. Mittlerweile hat die Bremer Gesundheitsbehörde einen Aufnahmestopp für die betroffene Neugeborenenstation verhängt. Das von Bremen alarmierte Berliner Robert-Koch-Institut, das bundesweit für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten zuständig ist, hat am Mittwoch ein Krisenteam in die Hansestadt entsandt.

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen und kündigte die Vernehmung von Zeugen an, wollte aber am Mittwoch keine weitere Stellungnahme abgeben. Unterdessen hat die CDU-Bürgerschaftsfraktion eine Aufklärung gefordert. Die zuständige Senatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) müsse in der Gesundheitsdeputation umfassend über die Ursachen der Todesfälle berichten, verlangte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Rainer Bensch am Mittwoch. Falls sich zwei der drei bekannt gewordenen Todesfälle tatsächlich schon im August ereignet hätten, habe man es „mit einer groben Verletzung der Informationspflichten durch die Gesundheitssenatorin zu tun“, kritisierte Bensch. Die Grünen erklärten, wenn zwei der Todesfälle sich schon im August ereignet haben sollten, müsste das personelle Konsequenzen haben. Die Grünen regieren in einer Koalition mit der SPD.

In den vergangenen Monaten war es in Deutschland wiederholt zu Todesfällen bei Frühgeborenen gekommen.

Bereits im August 2010 waren im Mainzer Universitätsklinikum drei Frühgeborene gestorben, nachdem sie eine verkeimte Nährlösung bekommen hatten. Damals gelangten die Darmbakterien offenbar durch einen Haarriss in einer Infusionsflasche in die Lösung. Nach knapp einem Jahr stellte die Mainzer Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ein, weil keine Schuldigen zu finden waren. Vermutlich war die Flasche beim Transport oder im Lager beschädigt worden. Dem Klinikpersonal wurde kein schuldhaftes Fehlverhalten vorgeworfen. Im September 2011 starben drei Frühchen in einer Siegener Kinderklinik an einer Blutvergiftung.

Die Zahl von Frühgeburten hat in Deutschland zugenommen. Inzwischen ist fast jedes zehnte neugeborene Kind ein Frühchen.

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