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Busunglück Frankreich

© AFP

Busunglück: War Bremsversagen die Unglücksursache?

Bevor der Bus die vierzig Meter in die Tiefe stürzte, warnte der Busfahrer die Mitreisenden: "Festhalten, die Bremsen gehen nicht mehr", habe er den Pilgern zugerufen. Das berichtete nun eine Überlebende.

Nach dem tödlichen Unfall eines polnischen Pilgerbusses in den französischen Alpen hat Polens Staatschef Lech Kaczynski eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Nach dem Tod eines Schwerverletzten in der Nacht erhöhte sich die Zahl der Todesopfer nach Angaben der polnischen Regierung auf 27. Die französischen Behörden sprachen dagegen weiterhin von 26 Toten. Eine Überlebende bestätigte die Angaben, wonach die Bremsen des Reisebusses versagt hatten. "Festhalten! Die Bremsen gehen nicht mehr!", habe der Busfahrer geschrien, bevor sein Fahrzeug von der Straße abkam.    Der polnische Präsident Kaczynski war am Sonntagnachmittag an den Unglücksort im Südosten von Frankreich gereist, wo ihn Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy empfing. Zusammen besuchten die beiden Präsidenten den Unfallort und Überlebende in einem Krankenhaus in Grenoble. Nach Angaben einer Narkoseärztin waren dort über fünfzig Ärzte im Einsatz, um den Verletzten zu helfen.

Bangen um die Verletzten
  
Der stellvertretende polnische Gesundheitsminister, Boleslaw Piecha, verbrachte die Nacht in der Nähe seiner verletzten Landsleute und sagte am Morgen, neben 27 Toten seien 23 seiner Landsleute verletzt. Französischen Angaben zufolge waren dagegen 24 Menschen verletzt, 14 von ihnen schwer. "Zwei Menschen sind in einem sehr kritischen Zustand, aber wir hoffen, dass die Zahl der Toten nicht steigt", erklärten die zuständigen Ämter am Vormittag.
  
Eine Überlebende berichtete der polnischen Nachrichtenagentur PAP, die Bremsen des Busses hätten versagt. "Wir sind nicht sehr schnell gefahren", sagte die 22-Jährige. Der Bus sei die abschüssige Strecke "eher langsam" hinuntergefahren. "Mit einem Mal hat vorne am Bus etwas gekracht, und wir haben den Fahrer schreien gehört." Die Polin überlebte nach eigenen Angaben dank ihrer Freundin, die aus dem Bus geschleudert wurde und ihr aus dem brennenden Fahrzeug helfen konnte.

Fehlte dem Bus das richtige Bremssystem?
  
Frankreichs Premierminister François Fillon hatte beim Besuch des Unglücksorts am Sonntag gesagt, dass der Bus die Straße nicht hätte benutzen dürfen. Die Staatsanwaltschaft von Grenoble schränkte allerdings ein, dass es Sonderregelungen gebe und dass noch nicht klar sei, ob der Bus dort fahren durfte oder nicht.
  
Die Straße zwischen Grenoble und Gap ist seit Jahrzehnten als Todesstrecke bekannt; nach etlichen schweren Unfällen dürfen Busse und Lastwagen dort nur noch fahren, wenn sie ein Mehrfachbremssystem haben und mit einem so genannten Retarder ausgestattet sind. Dieses Motorbremssystem funktioniert unabhängig vom eigentlichen Bremssystem und wird bergab eingesetzt, damit das Fahrzeug langsamer wird.

Vierzig Meter in die Tiefe
  
An der Strecke sei mit Schildern deutlich angeschrieben, dass dort ein Mehrfachbremssystem mit Retarder vorgeschrieben sei, sagte ein leitender Mitarbeiter der französischen Straßenwacht. Es sei "mehr als wahrscheinlich", dass der polnische Bus keinen Retarder gehabt habe oder dass dieser ausgeschaltet gewesen sei - "sonst hätte so ein Unfall nicht passieren können".
  
Das polnische Reisebüro, das die Pilgerfahrt organisiert hatte, erklärte, dass der Bus der Marke Scania aus dem Baujahr 2000 sei und "vor drei Wochen" in Deutschland technisch überprüft worden sei. Der Bus hatte am Sonntagmorgen in der Ortschaft Laffrey auf einer sehr steilen Strecke die Leitplanke durchbrochen und war rund vierzig Meter in die Tiefe gestürzt.  

Die Pilger - überwiegend im Seniorenalter - stammten aus der Region Szczecin (Stettin) im Nordosten Polens. Die Gruppe war auf dem Rückweg vom katholischen Wallfahrtsort La Salette, wo aus dem Jahre 1846 eine Marienerscheinung überliefert ist. Die Pilger hatten mehrere Wallfahrtsorte besucht und waren zum Zeitpunkt des Unglücks auf dem Heimweg. (mit AFP)

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