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Panorama: Champagner für alle

Von Hendrik Bebber, London Als sich die Nacht nach einem prächtigen Sonnentag über London senkte, brandeten zwei Klangwogen über die Metropole: „Land der Hoffnung, Land des Ruhmes“ und „Gott schütze die Königin“ sang eine riesige Menschenmenge aus voller Brust und vollem Herzen – patriotische Hymnen zum Abschluss des klassischen Galakonzertes im Garten des Buckingham Palastes. „Ich bin höchst erfreut, dass Sie an diesem besonderen Ereignis teilnehmen, um mein Goldenes Jubiläum zu feiern“, begrüßte die Königin ihre Untertanen.

Von Hendrik Bebber, London

Als sich die Nacht nach einem prächtigen Sonnentag über London senkte, brandeten zwei Klangwogen über die Metropole: „Land der Hoffnung, Land des Ruhmes“ und „Gott schütze die Königin“ sang eine riesige Menschenmenge aus voller Brust und vollem Herzen – patriotische Hymnen zum Abschluss des klassischen Galakonzertes im Garten des Buckingham Palastes. „Ich bin höchst erfreut, dass Sie an diesem besonderen Ereignis teilnehmen, um mein Goldenes Jubiläum zu feiern“, begrüßte die Königin ihre Untertanen. An 12 000 von ihnen waren Freikarten für „Prom in the Palace“ verlost wurden.

Es war das erste Mal, dass der Garten des Buckingham Palastes für eine öffentliche Veranstaltung geöffnet wurde. Mit der Grußkarte der Queen bekamen alle Gäste eine Kühltasche mit Champagner, Lachsroulade und einem speziell kreierten Hühnersalat – ein Menü, das die Königin persönlich ausgewählt hatte.

Wer bei der Verlosung leer ausgegangen war, konnte sich immerhin noch an musikalischen Köstlichkeiten erfreuen. An die Hunderttausend Zaungäste verfolgten das Konzert auf riesigen Monitoren vor dem Palast und in den Londoner Parks.

Auch das Programm entsprach dem Geschmack der Monarchin und weckte viele Erinnerungen. Händels „Der Hohepriester Zadok“ war wie bei jeder Krönung eines britischen Monarchen auch bei ihrer Krönung im Jahre 1953 erklungen. Die neuseeländische Sopranistin Dame Kiri Te Kanawa, die schon zur Hochzeit von Prinz Charles und Prinzessin Diana 1981 gesungen hatte, bot Arien aus „Carmen“ und „Porgy and Bess" dar. Zenaida Yanowsky and Roberto Bolle vom „Royal Ballet“ tanzten einen Pas de deux aus Tschaikowskis Schwanensee.

Ebenso wie das Konzert des russischen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch fand das Ballett in den prachtvollen Sälen des Palastes statt. Der Bariton Sir Thomas Allen, Tenor Roberto Alagna und die Sopranistin Angela Gheorghiu schmetterten Arien aus italienischen Opern und englischen Operetten.

Während bei der Uraufführung von Händels „Feuerwerkmusik“ ein Pavillon abgebrannt war, klappte diesmal alles bestens. Präzise knatterten die Raketen zu den feurigen Klängen des großen BBC-Symphonieorchesters, verstärkt von einem Fanfarenzug der „Royal Marines“.

Wie beim Abschluss der berühmten „Proms“ sang die Menschenmenge dann mit Inbrunst Elgars „Land of Hope and Glory“ und war so begeistert und dankbar für den netten Abend bei der Königin, dass die Nationalhymne gleich zweimal als Zugabe gegeben wurde.

Besonders eifrig sang Camilla Parker Bowles mit. Es war das erste Mal, dass die Lebensgefährtin von Prinz Charles mit der Königin in der Öffentlichkeit zu sehen war. Freilich saß sie noch drei Reihen hinter ihrer – wie die meisten britischen Zeitungen nun prophezeien – baldigen Schwiegermutter. Aber immerhin schenkte ihr diese beim Hofknicks ein freundliches Lächeln.

Sichtlich amüsiert und gerührt verfolgte die Königin die Darbietungen und winkte beim Abschied von einem speziell konstruierten Laufsteg der Menge zu. „Ich kann mir unser Land einfach nicht ohne Monarchie vorstellen. Das ist nun mal England wie es leibt und lebt,“ sagte die 26-jährige Leanne Dix nach dem Konzert glücklich. Die Meinungsumfragen bestätigen das. Über Dreiviertel der Briten bekennen, dass ihnen die Queen „Hochachtung“ einflößt.

„Ich hätte es mir nie träumen lassen, dass ich dabei sein darf“, sagte Hausfrau Maureen Burman (57), die aus Hull (Nordengland) angereist war. Ihr war aus zwei Millionen Bewerbern ausgelost worden. Viele der Teilnehmer hatten es sich bei sommerlichen Temperaturen schon Stunden vor Konzertbeginn in dem prächtigen Privatgarten der Queen gemütlich gemacht. Jeans gehörten genauso zum Outfit wie Seide, Chiffon und Hüte in den Nationalfarben.

Wie Leanne Dix gingen viele Konzertbesucher danach gar nicht erst ins Bett sondern feierten bis zum Anpfiff des WM-Spieles zwischen Schweden und England am Sonntagmorgen durch. Das Echo der „Prom in the Palace“ hallte im fernen Saitama nach als die englischen Fans ihre Mannschaft mit „God Save the Queen“ im Spiel gegen den Angstgegner Schweden anfeuerten. Leider konnte dies die Engländer nicht vor dem schwedischen Anschlusstreffer retten, aber auch das Unentschieden trägt zu der allgemeinen Jubiläums-Begeisterung bei, die sich bis zum Dienstag fortsetzt.

Die Queen besuchte sehr zum Leidwesen ihrer fußballnärrischen Enkel William und Harry während des Spiels einen Gottesdienst, der leider nicht verlegt wurde, wie in vielen englischen Gemeinden. Hier bauten die Pfarrer sogar Monitoren vor der Kirche auf, damit die Gläubigen vor oder nach dem Gottesdienst das Spiel verfolgen konnten. Nach einem Toast auf das gute Abschneiden der Mannschaft tranken die Engländer dann gleich weiter auf das Wohl ihrer Monarchin.

Ärger über „Spiegel“-Bericht

Friede und Freude herrschte allerdings nicht überall. Denn die Titelgeschichte des Magazins „Der Spiegel“ von vor einer Woche über Königin Elizabeth II. hat in Großbritannien Kritik ausgelöst. Der „Sunday Telegraph“ nannte den Artikel eine „erstaunliche Attacke auf die Queen und Großbritannien“. Unter der Überschrift „Wie ein letztes welkes Blatt“ hatte das Magazin die Königin (76) unter anderem als ein „eher unscheinbares Muttchen“ bezeichnet. Großbritannien sei längst in „europäische Mittelmäßigkeit“ abgesunken. Der „Spiegel“-Sprecher Stoldt wollte am Sonntag die Kritik jedoch nicht kommentieren.Der britische Verfassungshistoriker Lord Blake nannte den Bericht eine „giftige Attacke, noch dazu gemein und unfair“. Der deutsche Botschafter, Hans-Friedrich von Ploetz, wollte den Artikel nicht kommentieren, sagte aber: „Die Monarchie tut dem Land im Ausland viel Gutes.“

1,6 Milliarden Euro werden nach Schätzungen bei Feiern zu Ehren der Königin ausgegeben für Speis und Trank. Für die jungen Briten war für heute der „coolste“ Abend der Jubelserie geplant. M mit einem Aufgebot von Superstars sollte die Rockparty „Buckhouse Boogie“ im Palastpark steigen – offenbar auch nach dem Feueralarm am Sonntagabend im Buckingham Palace.

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