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Tausende Menschen harren nach dem schweren Erdbeben in Chile auf den Straßen aus.

© AFP PHOTO /ESTEBAN ZUNIGA

Update

Chile: Mindestens acht Tote bei schwerem Erdbeben

Bei einem Erdbeben der Stärke 8,3 sind mindestens acht Menschen getötet worden. Etwa eine Million Menschen wurden evakuiert, mehrere Pazifikstaaten gaben Tsunamiwarnungen heraus.

Nach dem schweren Erdbeben in Chile ist der Tsunami-Alarm im ganzen Land aufgehoben worden. Das teilte der Katastrophenschutz am Donnerstag in Santiago mit. „Es gibt derzeit keine Tsunami-Gefahr. Wir müssen zum Alltag zurückkehren, aber wachsam sein“, zitierten örtliche Medien Innenminister Jorge Burgos. Präsidentin Michele Bachelet wollte im Laufe des Tages mit der Gesundheitsministerin und dem Verkehrsminister in die am stärksten getroffene Region Coquimbo reisen.

Durch das Beben der Stärke 8,3 starben am Mittwoch nach Behördenangaben vom Donnerstag mindestens acht Menschen, ein weiterer wurde vermisst. Etwa eine Million Menschen an der Küste des südamerikanischen Landes mussten wegen Tsunami-Gefahr ihre Häuser verlassen. Ein Mensch werde noch vermisst, meldete der Sender Bio Bio.

Das Beben im Zentrum des südamerikanischen Landes hatte nach Angaben der US-Erdbebenwarte (USGS) eine Stärke von 8,3. Es ereignete sich demnach 230 Kilometer nördlich von Santiago de Chile. Das Nationale Erdbebenzentrum CSN korrigierte seine Angaben zur Stärke des Erdbebens mehrfach nach oben. Das Beben ereignete sich demnach um 19.45 Uhr (Ortszeit; Donnerstag 00.54 Uhr MESZ) in einer Tiefe von elf Kilometern. Es löste eine Tsunami-Warnung für Chiles Pazifikküste aus. Nur ein paar Regionen an der Südküste wurden ausgenommen.

In Illapel in der Nähe des Epizentrums stürzten mehrere Häuser ein, wie Innenminister Jorge Burgos mitteilte. Auch in der Hauptstadt Santiago de Chile waren die Erschütterungen deutlich, tausende Menschen rannten in Panik auf die Straße. "Die Erschütterungen waren erst leicht und dann immer stärker", sagte Haupstadtbewohnerin Jeannette Matte. In Santiago de Chile leben 6,6 Millionen Menschen. In der nahe gelegenen Hafenstadt Valparaíso verbrachten viele Menschen die Nacht sicherheitshalber unter freiem Himmel.

Diesmal war die Regierung besser vorbereitet

Kenner sprechen von einem extrem schweren Beben, vor dem sich nach ersten Informationen die meisten Menschen in Sicherheit bringen konnten, das aber vermutlich große Schäden angerichtet hat. In Chile sind Erdbeben nicht ungewöhnlich und das Land hat sich in vielen Teilen auch bei der Bauweise darauf eingestellt. "Das Problem der Provinz Choapa, die das Epizentrum bildet, ist der hohe Anteil von aus Lehmziegeln gebauten Häusern, die erfahrungsgemäß wenig widerstandsfähig sind", berichtete Jürgen Schübelin von der Kindernothilfe dem Tagesspiegel. Er kennt das Land seit langen Jahren und steht bereits seit der Nacht mit Menschen in Santiago in Kontakt.  In der Bebenregion liegen einige der ärmsten Kommunen des Landes. Dort wohnen nach Angaben von Schübelin viele Kleinbauernfamilien "teilweise weit entfernt voneinander in Bergtälern." Dass zunächst nur von fünf Toten die Rede war, führt Schübelin auch darauf zurück, dass die Regierung - anders als bei dem Beben im Frühjahr vor fünf Jahren - sofort großräumig Evakuierungen der Orte an der Pazifikküste anordnete.

Offenbar um zu verhindern, dass sich wieder Zehntausende Menschen auf den Weg machen, um nach Verwandten in der Bebenregion zu suchen, wie dies 2010 der Fall war, versuche die Regierung  offenbar, den gesamten Autoverkehr zwischen Santiago und dem Norden zu stoppen, berichtet Schübelin. Das Epizentrum liegt rund 270 Kilometer nördlich von Santiago in der Nähe der Städte Los Vilos, Illapel und Salamanca in der Provinz Choapa. Durch das Beben ausgelöste Tsunamiwellen von bis zu viereinhalb Metern wurden offenbar die Innenstädte mehrerer Küstenorte völlig überschwemmt. Bei Tagesanbruch soll nach Regierungsangaben mit der Kartierung der Schäden begonnen werden. 

Chiles Staatschefin Michelle Bachelet kündigte für Donnerstag einen Besuch in den am stärksten betroffenen Gebieten an. In einer Pressekonferenz warnte sie zugleich vor Nachbeben. Daher müsse die Lage "von Minute zu Minute" überprüft werden. Bachelet führte aus, es habe einen Tsunami gegeben, zuletzt seien die Wellen aber schwächer geworden.

Innenstaatssekretär Mahmoud Aleuy hatte Donnerstagfrüh mitgeteilt, es gebe mindestens fünf Todesopfer. Ein weiterer Mensch werde vermisst. Die Zahl der Menschen, die von der Evakuierungsaktion an Chiles Pazifikküste betroffen waren, gab Aleuy mit einer Million an. Auch die 3700 Kilometer vor dem Festland gelegenen Osterinseln sollten evakuiert werden.

Beben bis nach Buenos Aires spürbar

Zunächst hatten Behördenvertreter von mindestens zwei Todesopfern und etwa zehn Verletzten gesprochen. Einer Frau in Illapel am Epizentrum des Bebens sei ein Teil eines Daches auf den Kopf gefallen. Ein 86-Jähriger sei in dem Ort Maipú in der Hauptstadtregion an einem Infarkt infolge des Bebens gestorben, sagte Bürgermeister Christián Vittori.

Das Epizentrum des Bebens befand sich 25 Kilometer von der Küste Chiles entfernt im Pazifik.
Das Epizentrum des Bebens befand sich 25 Kilometer von der Küste Chiles entfernt im Pazifik.

© dpa

Selbst in der 1400 Kilometer entfernten argentinischen Hauptstadt Buenos Aires war das Erdbeben spürbar. "Wir sind in Panik geraten, das Gebäude hat nicht aufgehört zu wackeln", sagte die 65-jährige Einwohnerin Celina Atrave der Nachrichtenagentur AFP.

Peru hob die Tsunami-Warnung für seine Küste nach einer Weile auf. Auch für die US-Bundesstaaten Kalifornien und Hawaii, Französisch-Polynesien wurden Tsunami-Warnungen herausgegeben. Schwächere Flutwellen wurden in Japan und Neuseeland erwartet.

Das Auswärtige Amt in Berlin rief Reisende in Chile auf, wegen des Erdbebens den Anweisungen der örtlichen Behörden "unbedingt Folge zu leisten".

Laut chilenischem Innenministerium handelte es sich um das sechstschwerste Erdbeben in der Geschichte des Andenlandes. Chile liegt am sogenannten Pazifischen Feuerring. An dem hufeisenförmigen Vulkangürtel, der den Pazifischen Ozean umgibt, stoßen gleich mehrere Kontinentalplatten und ozeanische Platten aneinander. Weil sie ständig in Bewegung sind, wird Chile immer wieder von Erdstößen erschüttert. Im Februar 2010 waren durch ein Beben der Stärke 8,8 und einen anschließenden Tsunami in Chile mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen. Der damalige Schaden belief sich auf umgerechnet rund 27 Milliarden Euro. (AFP, mit mue)

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