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Panorama: Computer in die Ecke

In den USA schaffen Schulen Laptops ab – weil sie das Lernen behindern

Kinder müssen den Umgang mit Computern wie selbstverständlich lernen, Hightech-Kommunikation ist Trumpf. Also müssen Schulklassen mit Laptops ausgestattet werden. So weit die Theorie.

In den USA schaffen erste Schuldistrikte die Computer wieder ab. Ihre praktische Erfahrung: Laptops im Unterricht fördern nicht das Lernen, sie behindern es.

An der Liverpool High School in Syracuse im Staat New York nahe dem Eriesee nutzen die Schüler ihre Schul-Laptops, um sich gegenseitig Nachrichten zuzuschicken, Pornografie aus dem Internet herunterzuladen, sich in die Systeme lokaler Geschäfte zu hacken und für Videospiele. Als die Schule die Sicherheit ihres internen Netzwerks verschärfte, hatten Zehntklässler die Barriere rasch überwunden und Anleitungen verbreitet, wie man vorgehen muss. In den Stunden für freies Lernen war das System hoffnungslos überlastet, weil die Schüler im Internet surften, statt ihre Aufgaben zu lösen. Nach sieben Jahren schafft der Schulbezirk die Laptops nun wieder ab. „Computer lenken vom Lernen ab“, sagt Präsident Mark Lawson. Und sie schadeten der Lehrer-Schüler-Beziehung.

Die „New York Times“ hat Beispiele aus dem ganzen Land zusammengetragen. In Richmond, Virginia, stoppt die Matoaca High School ihr fünf Jahre altes Laptop-Programm, weil den Kosten, 1,5 Millionen Dollar im Jahr, kein erkennbarer Nutzen gegenüberstehe. 20 Prozent der Schüler nutzen die Laptops nie oder selten für Unterrichtszwecke. Jene, die sie nutzen, schnitten bei Tests nicht besser ab als Schulen ohne Computerprogramm. In Broward County, Florida, sechstgrößter Schulbezirk der USA, wurde der Plan, jedem der 260 000 Schüler einen Laptop zu geben, abgebrochen, nachdem die Reparaturkosten für defekte Bildschirme und Tastaturen überhandnahmen. Ähnliche Erfahrungen machte die Mount Hermon High School in West-Massachusetts: Reparaturen verschlangen mehr Geld als die Ausbildung der Lehrer, wie sie Laptops im Unterricht einsetzen sollen. In Costa Mesa, Kalifornien, spendete eine Schule mit 95 Prozent Hispanics die Laptops einer anderen Schule, nachdem Lehrer und Schüler wenig mit den Computern im Unterricht anfangen konnten.

Das Muster ist überall ähnlich: Der Nutzen steht in Zweifel, weil die Schüler die Computer vor allem für schulfremde Zwecke einsetzen. Vergleichstests mit Klassen ohne Laptops zeigen keine Lernvorteile. Lehrer sind überfordert, wie sie die Computer einsetzen. Der Vandalismus ist insbesondere bei Schulen mit hohem Anteil sozial Schwacher, Schwarzer und Hispanics hoch.

Laptops raus aus den Schulen – das ist aber nicht der neue Großtrend in den USA, sondern eher der Anfang einer kritischen Gegenbewegung. Eine landesweite Studie 2006 räumte auch mit dem Klischee auf, das US-Schulsystem sei bereits Hightech. Nur ein Viertel der Schulen hatte Laptops für alle Schüler, für 50 Prozent ist es das Planziel 2011.

Die Initiatoren der Computerisierung verteidigen sich: Lernfaule Schüler seien durch die Laptops motiviert worden. Man müsse realistischer werden und die Probleme beim Computereinsatz lösen, nicht aber die Grundidee verwerfen.

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