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Conchita Wurst und Madonna: Haare sind in aller Munde - Bärte, Achselhaare, Schamhaare

Conchita Wurst ist der vorläufige Höhepunkt eines Trends, bei dem Frauen, Männer und Travestiekünstler immer mehr Haare zeigen: Achselhaare, Schamhaare, Bärte. Was aber sagen Mediziner zu diesem Trend?

Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest (ESC) ist der Höhepunkt eines Trends, bei dem Frauen, Männer und Travestiekünstler immer mehr Haare zeigen. Achselhaare, Schamhaare, Bärte. Was vor einigen Jahren noch unmöglich war, setzt sich jetzt immer weiter durch. Der Bart von Conchita Wurst spielt mit Geschlechterrollen und vermochte viele in Russland zu schockieren.

Zeigt her eure Haare. Conchita Wurst ist der Höhepunkt eines Trends.
Zeigt her eure Haare. Conchita Wurst ist der Höhepunkt eines Trends.

© Reuters

Zuvor war das Foto von Madonna ein Schock gewesen. Madonna präsentierte über Instagram demonstrativ ein Foto von sich, auf dem sie ihre Achselhaare zeigte. Ein Tabubruch? In den USA, aber auch in Europa ist es seit Jahrzehnten verpönt, die Achselhaare zu zeigen. Sängerin Lily Allen verteidigte Madonnas Entscheidung und ging noch einen Schritt weiter. Während des „Vogue Festivals“ in London fragt sie Journalisten: „Können wir über Schamhaare reden?“ Anschließend plauderte sie ausführlich über ihr Verhältnis zu ihren Schamhaaren. Wie Christine Kaufmann. Gegenüber „Bild“ forderte die Schauspielerin: „Tragt wieder mehr Schamhaar“. Die 69-Jährige hat ein Buch geschrieben, „Lebenslust“ heißt der Titel. Darin wendet sie sich gegen den seit Jahren vorherrschenden Trend, dass Frauen Schamhaare rasieren.

Was Mediziner zum Trend zu Schamhaaren und Achselhaaren sagen

„Rasieren unter den Achseln oder im Genitalbereich wurde schon immer von Modeströmungen beeinflusst“, sagt der Berliner Hautarzt und Haarspezialist Johann Sperl. Tatsächlich legten bereits die ersten Nachahmer den Rasierer genau wie Madonna zur Seite. Dieses Zurück zur Natur hat durchaus seine Vorteile. „Schließlich hat die Natur sich schon etwas dabei gedacht, uns Menschen mit Haaren auszustatten“, sagt Johann Sperl.

Und das gar nicht so knapp: Neben den bis zu 150 000 Haaren auf dem Kopf verteilen sich noch unzählige, fast unsichtbare Flaumhaare über den gesamten Körper. Nur die Zähne, Augäpfel und Nagelbetten sowie die Innenfläche von Händen und Fußsohlen bleiben normalerweise kahl. Bei kleinen Kindern sieht man diesen dünnen Pelz mit seinen weniger als einen Zehntel Millimeter dünnen, meist farblosen oder blonden und recht kurzen Härchen kaum. Erst wenn im Laufe der Pubertät Sexualhormone den Körper noch einmal umbauen, verwandeln sich bei Männern neunzig Prozent und bei Frauen ein Viertel dieser Wollhaare des Körpers in festere, bis zu 0,12 Millimeter dicke Haare, die ähnlich auch auf dem Kopf wachsen. Besonders dicht sprießen diese kräftigen Haare unter der Achsel und im Schambereich.

Haare auf dem Kopf, an der Backe, unter den Achseln und im Schambereich sind biologisch sehr wichtig

Genau dort verteilen winzige Drüsen verschiedene Lockstoffe, die das andere Geschlecht ansprechen. Um diese Botschaft beim Empfänger möglichst sicher ankommen zu lassen, halten kräftige Haare diese Duftstoffe gut fest und verstärken so ihre Wirkung. „Wer einige Zeit im Rauch eines Lagerfeuers gesessen hat, weiß genau, wie lange sich der Rauchgeruch in den Haaren hält“, erklärt Johann Sperl das mit einem ganz anderen Duft.

Unter der Achsel aber stört dieser Duft manche Menschen. Vielleicht rasieren sie genau deshalb dort die Haare ab. Und hoffen, dass so ihre Attraktivität steigt. Eventuell aber erreichen sie damit auch genau das Gegenteil, weil dann die Sexuallockstoffe schlechter festgehalten werden. Diese Überlegung ist reine Spekulation, für die aber einige Hinweise sprechen. „So reagieren Frauen besonders sensibel auf den Körpergeruch von Männern, wenn sie gerade empfängnisbereit sind“, sagt Johann Sperl unter Berufung auf mehrere Studien. Also erschnuppern sie besonders gut den Geruch des Partners, wenn es darauf ankommt. Unterbindet eine Frau zum Beispiel mit der Anti-Baby-Pille ihre Empfängnisbereitschaft, wird auch der männliche Duft weniger wichtig.

Bei Mäusen kennen Forscher die Zusammenhänge schon besser

Bei Mäusen wissen Naturwissenschaftler erheblich mehr über den Körpergeruch als bei Menschen. So suchen sich die Nagetiere am liebsten einen Partner, der möglichst andere Düfte als sie selbst verströmt. Der Körpergeruch spiegelt nämlich die Qualität und Ausrichtung des Immunsystems wider, das Krankheitserreger und Parasiten bekämpft. Sucht sich die Maus also einen Partner mit möglichst anderem Geruch und damit Immunsystem, bekommt der Nachwuchs ein besonders breites Spektrum dieser Abwehrkräfte mit und hat so auch gegen eine größere Vielfalt von Infektionen gute Chancen.

Die Geschlechtsreife lässt die Haare überall sprießen

Auch beim Menschen gibt es weitere Hinweise auf die Bedeutung dieser duftenden Botschaften bei der Partnerwahl. So verwandeln sich erst in der Pubertät die vorher kaum sichtbaren Flaumhaare unter den Achseln und im Schambereich in kräftige Haare, die meist dunkler als die Kopfhaare sind und deren Farbe eher den Augenbrauen ähnelt. Anscheinend ist der Pelz dort erst wichtig, wenn die Geschlechtsreife eintritt. Genau wie unter den Achseln intensivieren dann auch im Schambereich die Haare den Körpergeruch. Wie stark das bei uns Menschen die Partnerwahl beeinflusst, liegt aber noch ziemlich im Dunkeln. Sicher scheint, dass die Rasur im Intimbereich oder unter den Achseln die Gesundheit nur wenig beeinflusst. „Um die Genitalien können allerdings leicht Bakterien in die rasierten Stellen eindringen, dann entzünden sich die Follikel“, berichtet Sperl. Diese kleinen Pickel sind aber relativ harmlos und verschwinden nach einiger Zeit wieder. Milde Desinfektionsmittel ohne Alkohol verhindern solche Entzündungen meist, wenn man sie möglichst vor und nach der Rasur aufsprüht.

Natürlich kann man auch dem von Madonna begonnenen Modetrend zurück zur Natur folgen, Rasierer und Desinfektionsmittel weglegen und die Haare sprießen lassen. So verringert man auch das Risiko, dass der Partner einen nicht mehr riechen kann. An den meisten anderen Körperstellen können Menschen ohnehin gut auf ihre Haare verzichten. Säugetiere brauchen sie zum Beispiel, um sich gegen beißende Kälte zu isolieren. Als unsere Vorfahren aber vor ein paar Millionen Jahren begannen, im Dauerlauf über die Savannen Afrikas zu traben, könnte dieser Pelz gestört haben. In der brennenden Tropensonne muss der Körper dann nämlich viel Wärme abführen, weil sonst ein Hitzschlag droht. Das erledigen die zwei bis vier Millionen Schweißdrüsen in der Haut. Sie geben gezielt Wasser ab, das in eher trockener Luft oder schon bei einer leichten Luftbrise verdunstet. Beides aber gibt es in der Savanne häufig und die Menschen begannen eifrig zu schwitzen.

Die Haare haben eine wichtige evolutionsbiologische Funktion

Haare aber stören die Wirksamkeit dieses Schweiß-Kühlschranks erheblich, weil glatte Haut Wasser viel schneller verdunstet und so besser kühlt. Um den drohenden Hitzschlag zu vermeiden, waren diejenigen unter unseren Vorfahren also im Vorteil, deren Pelz dünner wurde, vermuten einige Evolutionsbiologen. Um allerdings einen Sonnenstich zu vermeiden, sollte man tunlichst an den Stellen, die am meisten Sonne abbekommen, den schattenspendenden Pelz dicht lassen. Und das ist bei einem Zweibeiner nun einmal der Kopf. Zumindest, wenn sich die Haarpracht dort nicht wie bei einigen Männern mit der Zeit lichtet. Aber auch die Glatze könnte einst eine wichtige Funktion gehabt haben, spekulieren Evolutionsforscher. Jedenfalls sind im zentralafrikanischen Regenwald auch einige ältere der mit uns Menschen sehr nahe verwandten Zwerg-Schimpansen oder Bonobos oben ohne unterwegs. Droht eine große Gefahr, folgen die jungen Affen diesen Glatzköpfen besonders gern. Die fehlende Haarpracht lässt nämlich höheres Alter und damit große Erfahrung vermuten, deuten Forscher dieses Verhalten.

Trägt Conchita Wurst unter der Perücke eine Glatze?

Es stellt sich die Frage, on Conchita Wurst unter ihrer mutmaßlichen Perücke eine Glatze trägt. So gesehen wäre es kein Wunder, dass ihr so viele in Europa gefolgt sind.

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