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Panorama: Concorde-Absturz: Millionen für die Opfer

Die Hinterbliebenen der 96 beim Concorde-Absturz im letzten Jahr getöteten deutschen Touristen werden mehr Entschädigung erhalten als jemals nach einem Flugzeugunglück in Europa gezahlt wurde. Das bestätigte die Vereinigung der französischen Luftfahrtversicherer, die Reunion Aerienne, in Paris.

Die Hinterbliebenen der 96 beim Concorde-Absturz im letzten Jahr getöteten deutschen Touristen werden mehr Entschädigung erhalten als jemals nach einem Flugzeugunglück in Europa gezahlt wurde. Das bestätigte die Vereinigung der französischen Luftfahrtversicherer, die Reunion Aerienne, in Paris. Dennoch werden es nicht 300 Millionen Mark sein, wie die "Welt" am Wochenende berichtet hatte. Der Betrag von 300 Millionen Mark sei "nicht richtig", sagte der Rechtsanwalt Ulrich von Jeinsen dem Tagesspiegel. Das tatsächliche Angebot liege unter dieser Summe, hieß es bei den Air-France-Versicherern. Es handle sich aber dennoch um den Höchstbetrag, der jemals ausgezahlt wurde. "Wir haben unseren Mandanten geraten, das Angebot anzunehmen", so von Jeinsen.

Bei der Concorde-Katastrophe kurz nach dem Start in Paris waren am 25. Juli vergangenen Jahres 113 Menschen ums Leben gekommen. Darunter befanden sich als Passagiere 96 deutsche Touristen, die in New York an Bord eines Kreuzfahrtschiffes gehen wollten. Ein Großteil der Hinterbliebenen wird von einem Konsortium deutscher Luftrechtsexperten vertreten, zu denen der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum, der Berliner Jurist Elmar Giemulla und der Frankfurter Fachanwalt Ronald Schmid gehören.

Nach Angaben eines Sprechers der Reunion Aerienne entsprechen die 300 Millionen Mark der Gesamtsumme von 150 Millionen US Dollar, die zur Regulierung der aus dem Concorde-Absturz entstandenen Schäden zur Verfügung stehen. Die tatsächliche Gesamthöhe der den Hinterbliebenen offerierten Summe sei aber vertraulich.

Anwälte: Angebot annehmen

Für die Entscheidung über die Annahme des Angebotes habe man keine Frist gesetzt. "Wir haben unsere Mandanten lediglich gebeten, bis zum 20. April mitzuteilen, ob sie mit dem Vorschlag einverstanden sind", sagte Ulrich von Jeinsen. Es handle sich nicht um eine Gesamtsumme, die unter den Angehörigen der Opfer gleichmäßig aufgeteilt werde. Vielmehr gebe es individuelle Vorschläge für jeden Einzelfall. Insgesamt gehe es bei den Hinterbliebenen um einen Kreis von 600 bis 700 Personen. Nach dem bisherigen Rücklauf sei davon auszugehen, dass die überwiegende Zahl der Betroffenen auf das Angebot der Versicherer eingeht.

Nach Angaben des französischen Anwalts Fernand Garnault gilt das Angebot nicht für die Angehörigen von vier Opfern, die in den USA klagen. Man sei aber bemüht, mit ihnen über eine entsprechende Regelung zu verhandeln. Bisher hatte die Air France pro Opfer eine Soforthilfe von 42 000 Mark an die Verwandten der getöteten Passagiere gezahlt.

Der Fachanwalt Ronald Schmid bestätigte, dass die angebotenen Summen deutlich über den bisher in Deutschland üblichen Zahlungen von 53 500 Mark pro Todesopfer liegen. Da das Flugziel New York gewesen sei, handle es sich um kein Unglück, das allein nach europäischem Recht zu bemessen sei, hieß es beim französischen Versicherer. Man suche nach einer "mittelatlantischen Lösung", die europäische ebenso wie amerikanische Gesetze berücksichtige. In den USA ist die Zahlung drastischer Entschädigungssummen an der Tagesordnung, während die deutsche Gesetzgebung kein Schmerzensgeld für Hinterbliebene vorsieht.

Der Absturz der Concorde war nach dem vorläufigen Untersuchungsbericht durch eine Kettenreaktion verursacht worden. Eine zuvor gestartete Maschine hatte auf der Startbahn ein Metallstück verloren, das einen Reifen des Überschalljets zum Platzen brachte. Dessen Teile lösten beim Aufprall auf die Tragfläche eine Schockwelle im mit Kerosin gefüllten Tank aus, die Risse verursachte. Der austretende Kraftstoff entzündete sich. Die gesamte Concorde-Flotte von Air France und British Airways wurde daraufhin aus dem Verkehr gezogen.

Summen individuell festgelegt

Kevlar-Matten im Tank und neue Reifen sollen die Wiederholung einer derartigen Katastrophe ausschließen. Gestern flog eine Concorde mit einer Sondergenehmigung zum zweiten Mal von Paris für weitere Tests zum Militärstützpunkt Istres. Beide Fluggesellschaften hoffen, den Überschalljet spätestens im Herbst wieder in den Liniendienst nehmen zu können.

Rainer W. During

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